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Kategorie: Diagnostik | ICD-10
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depersonalisation

Das Syndrom der Derealisation respektive Depersonalisation wird von der ICD-10* als eine eher selten anzutreffende Störung repertoriert. Bei dieser psychischen Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit seiner selbst klagen betroffene Personen spontan darüber, dass sich die Qualität seines Körpergefühls, die Wahrnehmungsqualität seiner Umgebung, aber auch seiner mentalen Aktivitäten verändert haben. Die Patienten berichten dabei, dass ihre Wahrnehmung ihnen selber als “unwirklich” erscheint.

Ebenso gehört zur Patientenschilderung, dass sie alles wie in “weite Ferne gerückt” wahrnehmen, insbesondere die Qualität ihrer Körperwahrnehmung, zusätzlich zur Wahrnehmung der Umgebung und ebenso ihrer geistigen Aktivität.

Das ICD-10 beschreibt alternativ zur Wahrnehmungseigenschaft “Ferne” die Eigenschaft “automatisiert”. Das heisst, Patienten berichten, dass ihnen ihre Wahrnehmung wie “automatisiert” vorkommt, also ihrer Willenseinwirkung vollkommen entzogen. Betroffene können demnach das Gefühl haben, ein von ihnen nicht mehr steuerbares, automatisiertes Erleben zu besitzen.

Betroffene beklagen sich oft, dass sie einen entsprechenden Verlust an Emotionen erleben. Sie erleben auch eine Art Entfremdung und eine “Losgelöstheit” vom persönlichen Denken, das bisher immer als das eigene Denken wahrgenommen werden konnte.
Wichtig ist bei diesem dramatischen Störungssyndrom, dass sich die Personen durchaus der veränderten inneren Lage bewusst ist. Sie können deutlich sagen, dass sie es selber als unwirklich empfinden. Das heisst, sie haben die Fähigkeit, einen Vergleich zwischen “früher” und “jetzt” zu ziehen und weisen also ein Kontrasterleben zum Zustand auf, als die Unwirklichkeitsgefühle noch nicht vorhanden waren. Entsprechend ist die Möglichkeit des emotionalen Ausdrucks der Personen unverändert normal geblieben. Sie können über ihren Zustand Bescheid geben und ihn Drittpersonen in der Regel verbal vermitteln oder zu erklären versuchen.

Unterscheidungen

Die oben beschriebene Störung muss von verschiedenen Störungsbildern unterschieden werden. Bei der Persönlichkeitsänderung handelt sich oft um eine Zustands- und “Charakter-“veränderung der Person aufgrund einer Krankheit oder aufgrund einer Jahre andauernden belastenden Situation, die tiefe Spuren in der Person hinterlassen musste (F62.0, andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung wie Folter, Gefangenschaft etc.). Ebenso davon unterschieden werden müssen alle dissoziativen Störungen, Schizophrenie oder beginnende Demenz. Selbstredend sind alle Störungsformen, die dem geschilderten Depersonalisationssyndrom ähnlich sind, aber aufgrund von Einnahme von psychoaktiven Substanzen, entstehen, ausgenommen.

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf).