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Kategorie: Theorie | Wissenschaftliche Psychologie
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woman man sad shutterstock 130134731Im Kapitel der psychischen Störungen und Verhaltensstörungen der internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (zoom-link) findet man den Begriff "Depression" nicht als alleinstehendes Wort. Vielmehr wird entweder von "depressiver Episode" gesprochen oder von "depressiver Störung", was aber auf das Gleiche herausläuft.

Depression: Allgemeine Beschreibung der depressiven Episoden

Grundsätzlich unterscheidet die Psychodiagnostik zwischen "leichten" (F32.0), "mittelgradigen" (F32.1) und "schweren Episoden" (F32.2 und F32.3). Allgemein formuliert leiden betroffene Personen unter einer gedrückten Stimmung. Antrieb und Aktivität sind vermindert. Interesse an den Dingen, die Fähigkeit zur Freude sowie die Konzentration sind ebenso verringert. Anstrengungen, selbst geringe, führen schnell zu Müdigkeit. Oft ist der Schlaf gestört, ebenso der Appetit (meist vermindert), Ausnahmslos sind Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen deutlich verringert. Schuldgefühle und ein Grübeln über die eigene Wertlosigkeit sind bei allen drei Formen der depressiven Episode, auch bei der leichten, vorhanden. Eine Veränderung der gedrückten Stimmung ist nicht wirklich feststellbar, das heisst, sie verändert sich nicht von Tag zu Tag, auch nicht bei Veränderungen der Alltags- oder Lebensumstände. Diese negative Stimmung kann von sog. "somatischen" Symptomen begleitet werden, darunter Interessenverlust oder Unfähigkeit, sich zu freuen, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetit-, Gewichts- und Libidoverlust".

Allgemeine diagnostische Kriterien für alle Formen (G = general)

G1. Die depressive Episode sollte mindestens zwei Wochen dauern

G2. Es können keine manischen oder hypomanischen Symptome festgestellt werden, welche eine Diagnose für Manie oder Hypomanie erfüllten (F30)

G3. Ausschlussklausel: Die depressive Episode kann nicht auf einen Missbrauch psychotroper Substanzen zurückgeführt werden (F1)

Diagnostische Kriterien bei der "leichten depressiven Episode" - F32.0

Von einer "leichten depressiven Episode" wird gesprochen wenn:

A. die generellen Kriterien erfüllt sind (G1 - G3, siehe oben) erfüllt

B. Mindestens zwei der folgenden drei Symptome vorliegen, nämlich:

  1. depressive Stimmung, die meiste Zeit des Tages, deutliches Ausmass erreichend, fast jeden Tag, im Wesentlichen unbeeinflusst von den Umständen und mindestens zwei Wochen lang
  2. Interessenverlust oder Verlust der Freude an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren
  3. verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit

C. Eins oder mehrere zusätzliche der folgenden Symptome, so dass die Gesamtzahl aus B. und C. vier oder fünf ergibt:

  1. Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
  2. unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
  3. wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an Suizid, suizidales Verhalten
  4. Klagen über oder Nachweis eines verminderten Denk- oder Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit
  5. psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung
  6. Schlafstörungen jeder Art
  7. Appetitiverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung

Diagnostische Kriterien bei der "mittelgradigen depressiven Episode" - F32.1

A. Die allgemeinen Kriterien für eine depressive Episode sind erfüllt (G1- G3, siehe oben)

B. Mindestens zwei der drei Symptome von der Punkt-B-Liste sind vorhanden (siehe Punkt-B-Liste unter "leichte depressive Episode)

C. Zusätzliche Symptome sind bei Kriterienliste C vorhanden (siehe C-Liste oben "leichte depressive Episode) , so dass die Gesamtzahl aus B und C sechs bis höchstens sieben Symptome ergibt.

Diagnostische Kriterien bei der "schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome" - F32.2

A. Die allgemeinen Kriterien für eine depressive Episode sind erfüllt (G1- G3, siehe oben)

B. Alle drei Symptome sind vorhanden (siehe Punkt B "leichte depressive Episode)

C. Zusätzliche Symptome sind bei Kriterienliste C vorhanden (siehe oben "leichte depressive Episode) , so dass die Gesamtzahl aus B und C mindestens acht Symptome ergibt.

D. Keine Halluzinationen,Wahn oder depressiver Stupor

"Somatische" Symptome

Einige depressive Symptome haben eine allgemein anerkannte spezielle klinische Bedeutung und werden hier "somatisch" genannt. In anderen Klassifikationen verwendet man unter Umständen dafür das Wort "biologisch", "vital" oder auch "endogenomorph". Wenn mindestens 4 der unten stehenden Kriterien erfüllt sind, dann wird in der fünften Stelle des Codes für "leichte depressive Episode" sowie für "mittelgradig depressive Episode" noch eine Zusatzkodierung angefügt, um anzuzeigen, dass es starke "somatische" Begleiterscheinungen der jeweiligen depressiven Episode gibt. Bei der "schweren depressiven Episode" gehören diese Kriterien automatisch dazu und werden nicht extra kodiert. Da zahlreiche unter "somatisch" aufgeführten Kritieren bereits separat für die "leichte" sowie die "mittelgradige" depressive Episode speziell aufgeführt werden, gibt es hier automatisch Überschneidungen.

  1. deutlicher Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
  2. mangelnde Fähigkeit,, auf Ereignisse und Aktivitäten emotional zu reagieren, die normalerweise eine Reaktion hervorrufen
  3. Früherwachen, zwei Stunden oder mehr vor der gewohnten Zeit
  4. Morgentief
  5. psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit (von anderen bemerkt oder berichtet)
  6. deutlicher Appetitverlust
  7. Gewichtsverlust von 5% oder mehr zum vergangenen Monat
  8. deutlicher Libidoverlust

 

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**Die hier aufgeführten Kriterien finden sich im "Taschenführer zur Klassifikation psychischer Störungen. Mit Glossar und Diagnostischen Kriterien. ICD-10:DCR-10. Forschungskriterien. Hans Huber Verlag. Erste Auflage 1999. Herausgeber in deutscher Sprache: Prof. Dr. H. Dilling. Auf der Grundlage von J.E. Cooper - Diagnostic Criteria for Research ICD-10:DCR-10"