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Fachartikel zu Psychologie

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Herzlich Willkommen auf meinem Fachartikel-Blog

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Zuerst einmal herzlich Willkommen auf meinem Blog. Sie finden hier zahlreiche Fachartikel zum Thema Psychologie und Psychotherapie.

Lesen Sie sich durch, bewerten Sie und kommentieren Sie! Zahlreiche Artikel sind bereits schon lange im Netz vorhanden. Seit 2007 publiziere ich auf eigenen oder befreundeten Webs Fachartikel. Mit diesem neuen Blog sammle ich nun alle von mir verfassten Fachtexte!

Ich wünsche viel Spass beim Lesen! CoolWinkSmile

Ihr Frank Margulies

 

 

Suchen Sie professionelle Hilfe? www.praxis-margulies.ch

Krise, depressive Verstimmung, innere Verzweiflung, sexuelle Probleme, Bindungsängste, soziale Phobien, Lebenskrisen, Anpassungsstörungen… Die Internationale Klassifikation von psychischen Störungen, ICD-10 genannt, besteht aus zahlreichen Kategorien. Mir ist die Diagnostik nicht so wichtig, denn wichtig ist, was aus der psychotherapeutischen Arbeit als Prozess entstehen kann. Denn oft ist es überhaupt nicht so klar, worum es beim Leiden und der Blockade gehen könnte. Ich bin da, um mit Ihnen in einem vertrauensvollen und sicheren Rahmen daran zu arbeiten. 

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Mehr Bindung durch Übung: www.paaruebungen.com 

Die Übungen und Bewältigungsvorschläge möchten Ihnen als Paar und als einzelner Partner helfen, Ihre Beziehungskompetenzen und Ihre emotionalen Kompetenzen zu verbessern. Für jede konkrete Übung und für jeden Bewältigungsvorschlag hat es deshalb immer spezifische Ziele, die zur Übung gehören.

 

mctherapyselfhelpthumbPsychologische Probleme selber lösen: www.mctherapy-selfhelp.com

McTherapy-Selfhelp bietet psychologische Ubungen an, um sich selber zuerst helfen zu können, bevor Sie weitere Schritte unternehmen möchten, zum Beispiel professionnelle Hilfe aufzusuchen. Und damit ist auch etwas Wichtiges gesagt: Die Übungen auf McTherapy ersetzen keine professionelle Psychotherapie.

 

 

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In einer Bindung geht es im Wesentlichen darum, Nähe zu einem anderen Menschen zu erleben. Niemand geht eine Beziehung ein, um Distanz zu erfahren. Das würde keinen Sinn machen. Wenn Distanz zu anderen Menschen das Ziel ist, dann dürfen Sie keine dauerhafte Beziehung eingehen. Deshalb steht Nähe hierarchisch gesehen über der Distanz in einer Bindung. Distanz zum Partner oder wahlweise "Autonomie", der "eigene kleine Garten" oder auch "Eigenzeit" ist aus verschiedenen Gründen ein notwendiger Teil einer Bindung, aber nie das Ziel einer solchen. 

In einer Bindungsbeziehung macht es Sinn, verschiedene Formen der Nähe zu unterscheiden, weil bezüglich diesen Formen spezifische Bedürfnisse vorhanden sind. Oftmals sind sie in einer Partnerschaft ähnlich, manchmal auch nicht oder nicht mehr.

Man kann sich aus bestimmten Formen der Nähe zurück ziehen, wenn es in einer anderen Näheform nicht (mehr) stimmt. Manchmal kann das Bedürfnis nach einer bestimmten Form von Nähe so unbefriedigt sein, dass Partner nicht mehr zusammen sein können. Manchmal ist eine Näheform in einer Partnerschaft sehr erfüllt, so dass Unzufriedenheiten mit anderen Näheformen kompensiert werden können.

Im Folgenden möchte ich durch die verschiedenen Formen von Partnernähe gehen, die es in einer Bindung gibt.

 

Sexualität

Sexualität ist für viele Paare eine Schlüsselnähe. Für die meisten ist es auch eine exklusive Nähe, die nur in der Paarbeziehung erlebt wird. Fremdgehen ist dementsprechend eine grosse Bindungsverletzung, an der eine Bindung scheitern kann. Sexualität ist auch häufig jene Form der Nähe, aus der sich die Partner am schnellsten zurückziehen, wenn es in anderen Formen der Nähe nicht (mehr) stimmt oder wenn das Partnerwertgefühl beeinträchtigt ist.

Sexualität ist insofern eine besondere Form der Nähe, weil sie einerseits naturgemäss körperlich ist, gleichzeitig aber auch die emotionale Verbundenheit maximal zum Ausdruck bringen kann. In dieser Form der Nähe sind die allermeisten Partner sehr verletzlich.

 

Affektive Gesten 

Mit "affektive Gesten" als Form der Nähe bezeichne ich jene Form, die durch physischen Kontakt wie Berührungen, Küsse, Umarmungen, Kuscheln etc . entsteht. Die Tendenz, affektive Gesten zu geben und zu empfangen ist nicht bei allen gleich. Sie ist auch nicht mit Sexualität gleichzusetzen, auch wenn diese Berührungsnähe zu Sex führen kann. Nicht wenige Paare haben eine intensive Berührungsnähe, aber dennoch wenig oder keinen Sex (mehr).

Die Partner bringen in diesem Bereich oftmals ein unterschiedliches "Erbe" mit in die Beziehung. Wer von Haus auf mit vielen Berührungen als Zeichen der Bindung aufgewachsen ist, wird diese Form der Nähe oft stärker in die eigene Bindung einbringen (und umgekehrt).

 

Gesprächsnähe

Im Unterschied zur "geistig-intellektuellen Nähe" (siehe unten) geht es bei der Gesprächsnähe vor allem um das Mitteilen von Erlebtem oder um das Mitteilen dessen, was man gerade jetzt erlebt. Ebenso geht es um den Austausch, wie man die Beziehung emotional erlebt (die eigene Befindlichkeit austauschen). Diese im Englischen mit dem treffenden Ausdruck "sharing" bezeichnete Form der Nähe ist zentral, wenn es darum geht zu erzählen, was auf der Arbeit passiert ist, wie es mit den Kindern gegangen ist oder was gerade in einem selber erlebt wird. Ihre Aufgabe oder Funktion ist es, die Brücke zu schlagen zwischen "Aussenwelt" und "Innenweilt" einer Partnerschaft oder sie schlägt eine Brücke zwischen den jeweiligen "Innenwelten" der beiden Partner. Häufig geht es hier um reines Zuhören, manchmal ist der Wunsch um Rat auch vorhanden. Sie ist die Näheform, in welcher der andere als empathischer Partner gefragt ist. Zuhören, begleiten, verstehen sind die gefragten Qualitäten, gelegentlich auch Ratschläge erteilen.

Die Gesprächsnähe kann in verschiedener Weise zum Belastungsfeld werden. Zum Beispiel wenn ein Partner sehr viel Negatives berichtet und dadurch den anderen mit vielen negativen Emotionen ansteckt, die er (oder sie) nicht mehr bewältigen kann. Probleme können auch enstehen, wenn ein Partner zu wortkarg ist und alles immer nur mit sich selber ausmacht. Umgekehrt wird es manchmal schwierig, wenn einer der Partner sich ständig und zu ausgiebig über Befindlichkeiten mitteilen will. Hier ist auch ein klassischer Paarkonflikt beheimatet: Wenn ein Partner zu wenig Empathie zeigt und stattdessen zu viele Ratschläge erteilt.

 

Geistig-intellektuelle Nähe

Eine weitere Form von Nähe entsteht durch gemeinsame Werte, Bewertungen, Sichtweisen auf die Welt und durch gemeinsame Hintergründe (z.B. Ähnlichkeiten in Ausbildung, Herkunft etc). Wir alle müssen mit Konzepten Ordnung in unsere Wahrnehmungen bringen, damit wir sie bewältigen können. Damit sind auch immer Bewertungen verbunden, was gut oder schlecht, nützlich oder unwichtig, richtig oder falsch, "normal" oder aussergewöhnlich etc. sei. Diese Bewertungen spalten die Gesellschaft oftmals in Gruppen oder bringen natürlich vorhandene Gruppen gegeinander in Stellung (z.B. Männer/Frauen, Herkunftsgruppen usw.) . Wenn ein Paar bei solchen (Be-) Wertungen ähnlich tickt, dann kann viel Nähe entstehen, im umgekehrten Fall entsteht hingegen Distanz und Entfremdung. Ähnlichkeiten in der Herkunft und biografische Gemeinsamkeiten können solche gemeinsamen (Be-) Wertungen oftmals erleichtern.

Ein Paar ist die kleinstmögliche Form einer Gruppe (Dyade). Deshalb ensteht bei dieser Form von Nähe eine besondere Gefährdung für das Paar, dann nämlich, wenn von aussen polarisierte Themenbereiche in die Beziehung eingeführt werden, die stark mit gesellschaftlichen Gruppenzugehörigkeiten und den entsprechenden "gut/schlecht"-Zuschreibungen verbunden sind.

Wenn von aussen Gruppenzugehörigkeiten eingeführt werden, die die die Beziehung spalten, dann können sich die Partner deswegen abwerten. Das Partnerwertgefühl leidet. Klassische Beispiele wären hier "feministische Haltungen", die die Männer (als Gruppe) grundsätzlich abwerten. Oder binationale Paare, die die Herkunft des anderen Partners zu kritisch betrachten (die Herkunftsgruppe). Weitere Beispiele findet man im Bereich "politische Meinungen/Werte" oder in bestimmten lebensphilosophischen Haltungen (vegan essen versus Fleisch essen) usw. Das sind alles Variationen des gleichen Problems: Wenn Sie Gruppenbewertungen von aussen in die Beziehung einführen, dann besteht die Gefahr, den eigenen Partner zu kritisch oder zu negativ zu sehen, wenn man nicht die gleiche Meinung hat. In einer Paarbeziehung müssen sie sich aber zwingend das Partnerwertgefühl erhalten.

 

Nähe durch Aktivitäten, Interessen und gemeinsames Sozialleben

Für viele Partner ist diese Form der Nähe eine der wichtigsten. Wer Spass und Freude an ähnlichen Aktivitäten und ähnlich gelagerte Interessen hat, der erlebt sich und den Partner bei gemeinsamen Unternehmungen als nahe. Wer gerne selber gärtnert, aber mit jemandem zusammen ist, der keinen grünen Daumen hat, wird "Gartenarbeit" nicht unbedingt als verbindend erleben. Wer gerne wandert oder Ski fahren geht, Museen besucht oder häufig Sport betreibt, der Partner aber nicht, dann entsteht oftmals zu viel Zeit, die man ohne den Partner verbringt, ohne es zu wollen. Oder man verzichtet auf diese Aktivitäten, was bis zu einem gewissen Grad sinnvoll sein kann. Aber solche Verzichte der Partnerschaft zuliebe haben auch ihre Grenzen...

Eine besondere Form dieser Nähe ist diejenige des Soziallebens. Ist man gerne mit Freunden unterwegs, in Gruppen, möchte ein reges Familien- und Verwandtschaftsleben führen? Oder eher weniger? Das gemeinsame Sozialleben ist ebenso Teil dieser Form der Nähe.

 

Nähe durch Alltags- und Aufgabenbewältigung

Eine Bindung ist nach wie vor unsere Hauptstrategie, um besser überleben und wachsen zu können als wenn man alleine auf sich gestellt durchs Leben geht. Deshalb ist das praktische Zusammenleben unter einem Dach auch ein Bereich, wo viel Nähe entsteht. Wenn Kinder vorhanden sind, dann kommt noch Erziehungsarbeit hinzu. Bei all diesen Bereichen ist ein möglichst optimales gemeinsames Funktionieren gefragt, das nicht mehr Energie, Zeit und Ressourcen wegfrisst als nötig, so dass noch genügend Zeit und Ressourcen übrig bleiben für alle anderen Formen der Nähe.

Daraus ergibt sich auch das Hauptproblem dieser "Nähe durch gemeinsames Funktionieren": Sie frisst sehr viel Zeit und Ressourcen und geht oftmals auf Kosten der anderen Näheformen. Wenn sehr unterschiedliche Vorstellungen des gemeinsamen Funktionierens vorhanden sind, dann entstehen dabei viele Konflikte. Der Klassiker hier sind unterschiedliche Erziehungsvorstellungen. Ein weiterer Klassiker wäre, ob beide Ressourcen nach Hause schleppen (Einkommen) oder wer wieviel "Indoor-Arbeit" verrichtet und wann. Diese Form der Nähe wird vor allem als Arbeit erlebt mit den entsprechenden Arbeitskonflikten wie mangelnde Anerkennung des anderen in seiner Rolle, ein Gefühl der ungleichen Arbeitslast etc.

 

Nähe durch Zukunftsplanung: Der "gemeinsame Horizont"

Eine weitere Form der Nähe entsteht dadurch, dass sich das Paar gemeinsam in die Zukunft "projizieren" kann. Es braucht "gemeinsame Horizonte". Es gibt "kleine Horizonte" wie zum Beispiel die Wochenendplanung oder Ferienplanung. Und es gibt "grosse Horizonte" wie zum Beispiel Kinderwunsch/keine Kinder oder Vorstellungen zur Zeit nach der Pensionierung. Dieses gemeinsame Gefühl nach "vorne" ist sehr wichtig und kann bei seinem Fehlen zu einer Krise führen. 

 

Wichtig ist bei all diesen Formen, dass die Nähe als möglichst sicher und beständig erlebt wird. Ist die Nähe unsicher, dann entsteht oft ein Bindungsalarm (siehe Artikel Bindungsstile).

 

 


 

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv
attachmentErstveröffentlichung  auf www.paaruebungen.com (©)

Ursprung der Bindungstheorie und des Konzepts "Bindungsstile"

In den 1950er Jahren haben zwei Psychologen, John Bowlby und Mary Ainsworth (zoom-link), durch Mutter-Kind-Experimente festgestellt, dass Kleinkinder drei typische Reaktionsmuster zeigen, wenn die Mutter zu ihrem Kleinkind zurück kehrt, nachdem sie für eine gewisse Zeit ausser Sicht- und Reichweite blieb.

Gewisse Kinder lassen sich während der Abwesenheit der Mutter relativ leicht beruhigen. Sie suchen die Nähe zur Mutter, wenn sie wieder auftaucht. Sie fühlen sich schnell sicher.

Eine zweite Gruppe von Kindern scheint die Abwesenheit der Mutter kaum zu bemerken und braucht wenig Beruhigung in der Zwischenzeit. Wenn die Mutter wieder in den Raum zurückkommt, so ignorieren diese Kinder die Mutter fast ein bisschen. Sie vermeiden die sofortige Nähe und verbergen die Unsicherheit.

Eine dritte Gruppe ist beunruhigt, sobald die Mutter weg ist und lässt sich durch eine andere erwachsene Person während der Abwesenheit der Mutter kaum beruhigen. Wenn die Mutter zurückkommt, so bleiben diese Kinder unruhig und relativ lange schreiend. Diese Kinder reagieren ängstlich-unsicher.

Aus diesem Experiment, das in der Folgezeit unzählige Male mit Tausenden von Kleinkindern in der ganzen Welt (!) wiederholt wurde, entstand eine gute Datengrundlage für die von Bolwby und Ainsworth formulierte Bindungstheorie und die Bindungsstile.

Im Menschen existiert ein angeborener Mechanismus, der das Bindungsverhalten steuert. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen: die sogenannten Bindungsstile. Die Ausprägung hängt unter anderem vom Beziehungsangebot zwischen Fürsorgepersonen und dem Kleinkind ab. Je nachdem kann sich ein sicherer oder eher unsicherer Bindungsstil entwickeln.

Drei Bindungsstile im Erwachsenenalter: Sicher, vermeidend-unsicher oder ängstlich-unsicher

Bowlby und Ainsworth unterschieden bei Ihren Mutter-Kind-Experimenten zwischen drei Bindungsstilen: dem sicheren Bindungsstil, dem unsicher vermeidenden und dem unsicher ambivalenten Bindungsstil.

In den späteren 80er Jahren kam durch die Forschung von Mary Main noch ein vierter Bindungsstil dazu: Mary Main nannte diesen Stil den "desorganisierten Bindungsstil".

Normalerweise wird aber im Zusammenhang mit Erwachsenen vor allem vom sicheren, ängstlichen und vermeidenden Bindungsstil gesprochen (zoom-link).

Den Bindungsstil, den wir in der Kindheit entwickeln, behalten wir als "psychisches" Erbe im Erwachsenenalter bei, auch wenn es aufgrund von späteren Erfahrungen zu Bindungsstilveränderungen kommen kann. Das "working model" unseres Bindungsverhalten bleibt aber im Kern meistens als Prototyp erhalten (zoom-link).

Gute Matches - Schlechte Matches aus Sicht der Bindungstheorie

Aufgrund der Bindungstheorie ist es möglich vorauszusagen, welche Paarungen zwischen Erwachsenen (matches) grössere respektive welche weniger Probleme mit sich bringen. Wenn zwei Erwachsene sich kennenlernen und ein Paar bilden, dann  "begegnen" sich auch immer zwei Bindungsstile. Folgende Bindungsstile passen relativ gut zueinander, in abnehmender Reihenfolge:

  • sicher + sicher
  • sicher + ängstlich
  • sicher + vermeidend
  • ängstlich + ängstlich

Ängstlich + ängstlich kann aufgrund der hohen Anspannung, die beide aufgrund ihres Bindungsstiles in der Beziehung erleben, bereits ziemlich problematisch sein. In der Regel führt das zu einer fast symbiotischen Beziehung, die aber durchaus funktionieren kann. Mit einem Partner zusammen zu sein, der stark vermeidend ist, ist auch für einen "sicheren" Partner eine grosse Herausforderung und wahrscheinlich unbefriedigend...

Folgende "Paarungen" sind aus der Sicht der Bindungstheorie schwierig und benötigen Veränderungen im Verhalten der Partner, damit die Bindung überhaupt funktioniert:

  • ängstlich + vermeidend
  • vermeidend + vermeidend

Bindungsstile sind nicht in Stein gemeisselt - Wechsel möglich

Bei den Erwachsenen ist es aber so, dass das psychologische Erbe aus der Kindheit aufgrund späterer Erfahrungen durchaus auch verändert werden kann, auch wenn das "Arbeitsmodel" (working model) im Kern meist unveränderbar bleibt. Das heisst, wer als Kind eher vermeidend war, kann das zugunsten eines sicheren Bindungsstils bis zu einem gewissen Grad wieder verändern. Was für den vermeidenden Stil gilt, gilt auch für den ängstlichen Bindungsstil. Auch er kann zugunsten eines sichereren Bindungsstils verändert werden, und zwar ist das für ursprünglich ängstliche Personen sogar in der Regel einfacher als bei ursprünglich vermeidenden Personen. Aber es kann sich auch zum Schlechteren entwickeln! Ein Mensch, der aufgrund seiner Kindheit einen sicheren Bindungsstil mitbekommen hat, kann aufgrund späterer Beziehungserfahrungen auf einmal vermeidend oder ängstlicher werden als er (oder sie) ursprünglich war.

Statistische Verteilung der Bindungsstile

Die grosse Datenmenge zu diesem Thema erlaubte es den Forschern, Schätzungen zu machen, wie die drei Bindungsstile in der erwachsenen Bevölkerung etwa verteilt sein könnten. So schreiben Levine und Heller, dass etwa die Hälfte der erwachsenen Personen einen sicheren Bindungsstil haben, ungefähr 25% sind vermeidend und etwa 20 % ängstlich. Die restlichen 5% bilden eine Mischung aus ängstlich und vermeidend (zoom-link)

 

 


 

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Gemäss der Emotionsfokussierten Psychotherapie (EFT, Greenberg, Rice, Elliott, Johnson etc) organisieren Emotionen die affektive unmittelbare Reaktion und die Gefühle (körperlich empfundene Erlebenseineinheiten) in eine bedeutsame Gesamterfahrung. Die Emotion besteht also aus diesen zwei Teilen (Affekt und Gefühl) und hat ein Resultat, nämlich eine Information an uns selber.

Die Emotion ist also eine Information an uns selber in Form einer Bedeutung. Die Bedeutung ist ein ganzes Informationspacket, das zusätzlich zum Gefühl und dem Affekt auch einen Auslöser umschliesst. Die Bedeutung besteht aus einem Bedürfnis oder einem Wunsch und beinhaltet eine Handlungstendenz.

Emotionen informieren uns somit, was gut für uns ist und was schlecht, was wir brauchen und was uns fehlt, ob wir bleiben sollen, näher heran gehen sollen oder weggehen möchten und Distanz schaffen wollen. Sie informieren uns, welche Präferenz wir gerade haben und was wir eher ablehnen, ob wir eigentlich Freude haben oder Trauer, Scham oder Stolz, Schuld oder Wertschätzung empfinden, einsam sind und deshalb Verbindung mit jemandem aufnehmen möchten oder uns ausreichend warm und aufgehoben fühlen. Um die Bedeutung von Emotionen zu erkennen, braucht es Reflektionsfähigkeit und Bewusstsein.

Die Emotionsfokssierte Psychotherapie hat die Unterscheidung in primäre, sekundäre und instrumentelle Emotionen eingeführt. Grundsätzlich können alle Emotionen sowohl primär, sekundär oder auch instrumentell sein. Die Begriffe "primär, sekundär und instrumentell" weisen auf die unterschiedliche Funktion hin, die eine Emotion haben kann.

Primäre adaptive Emotionen

Das sind die eigentlichen guten und wichtigen emotionalen Informationen an uns selber. Es sind unmittelbare emotionale innere Antworten auf Situationen, in denen wir uns gerade befinden. Obwohl sie unmittelbare innere Antworten sind, sind sie vielen Menschen nicht einfach so zugänglich und werden oftmals nicht richtig wahrgenommen. Trotz der Unmittelbarkeit braucht es nämlich eine gewisse Ruhe und eine gewisse Introspektion, um sie zu erkennen, richtig wahrzunehmen und dann auch auszudrücken und unter Umständen danach zu handeln. Primäre Emotionen sind meist weiche Emotionen, sie können nur durch eine "reine" Innensicht, ohne dass äussere Umstände oder Personen berücksichtigt werden, wahrgenommen werden. Aufgrund dieser reinen Innensicht gehen sie immer mit einer Verletzlichkeit einher. Das gilt sowohl für positive wie auch für negative primäre Emotionen. Traurigkeit, Unsicherheit, Angst, Verletzungen, Scham, Schuld, Freude, Glücksgefühle, Überraschung, Humor, Zärtlichkeitsgefühle, Verwirrung, emotionale Verletzung, Hoffnungslosigkeit... Das alles und noch einige mehr können primäre Emotionen sein, aber auch sekundäre oder unter Umständen auch instrumentelle. Der emotionale Inhalt ist wie bereits oben ausgeführt nicht entscheidend, um festzustellen, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Emotion handelt. Allein die Funktion ist das dafür entscheidende Kriterium.

Die Funktion von primären Emotionen

Primäre Emotionen signalisieren uns, was wirklich für uns wichtig ist im Moment, wie wir ein bestimmtes (Lebens-) Thema zurzeit wirklich empfinden. Es sind die authentischen Emotionen mit dem wirklich wichtigen Informationsgehalt. Primäre Emotionen wahrnehmen und gegebenenfalls auch ausdrücken zu können ist eine echte psychologische Ressource. Wer zum Beispiel Achtsamkeitsübungen macht, der beschäftigt sich im Kern mit den primären Emotionen und den Bedeutungen, die sie für das eigene Leben haben. In der Focusing-Technik nach E. Gendlin sind primäre Emotionen das, was Gendlin "felt sense" und "shift" genannt hat. Überspitzt ausgedrückt könnte man sagen, dass jemand die meiste Zeit des Tages wirklich sich selber ist, sollte es ihm gelingen, stets nach seinen primären Emotionen zu fühlen und zu handeln.

  • Primäre Emotionen voll wahrzunehmen und auch auszudrücken tut gut und führt zu einem neuen frischeren Grundgefühl, auch dann, wenn es sich um Traurigkeit oder Angst als primäre Emotion handeln sollte.
  • Primäre Emotionen sind immer auch verbunden mit Verletzlichkeit und werden von "innen heraus" ausgedrückt. Der Ausdruck passt sich nicht den äusseren Umständen an. Es ist ein nach Aussenkehren dessen, was tatsächlich "innen drin" ist.
  • Primäre Emotionen auszudrücken lösen beim Gegenüber in der Regel Verständnis und ein gewisses Mass an echter Beteiligung und Mitgefühl aus, auch wenn es sich um (gesunde) Wut handeln sollte, die man gegenüber einer Person ausdrückt. Wut als primäre Emotion ist zum Beispiel notwendig, um Grenzen wieder herzustellen, um ein legitimes Bedürfnis, das ignoriert wird, endlich anzumelden oder um sich selber vor Selbstaufgabe und zuviel Resignation zu bewahren.
  • Primäre (adaptive) Emotionen informieren uns darüber, was wir wirklich tun sollten, was wir wirklich am meisten jetzt brauchen könnten (oder uns wirklich fehlt).
  • Sie leiten uns zu sinnvollen Handlungen an, die stimmig zu unserem Leben passen (auch wenn das unter Umständen unseren Mitmenschen gerade nicht so passt)
  • Primäre Emotionen werden, nach erfolgter Reflexion, von allen irgendwie akzeptiert und verstanden (auch wenn man eventuell jemanden deswegen enttäuscht).
  • Das Ausdrücken und Umsetzen von primären Emotionen führt immer zu einer stimmigeren Fortsetzung des eigenen Lebens. Sie führen zu Entscheidungen, die man selber tief drinnen akzeptiert, auch wenn das Resultat der entsprechenden Entscheidung unter Umständen dann doch nicht so "optimal" herauskommen sollte.

 

Um zur primären Emotionen zu gelangen kann es helfen, sich auf die körperlichen Empfindungen zu konzentrieren. Wo fühle ich etwas? Im Hals, im Bauch, Schultern? Ist es heiss, kalt, schmerzt es mir im Herz? Diese körperlichen Empfindungen (die Gefühle) sind das Sprungbrett, die gesamte primäre Emotion und deren Bedeutung zu erkennen.

Das Vorhandensein von primären Emotionen können wir auch am Auftauchen von Strategien erkennen, mit denen wir die primären Emotionen vom Bewusstsein aussperren, vor allem wenn es sich um negative primäre Emotionen handelt.

  • Wir zwingen uns beispielsweise, an etwas anderes zu denken.
  • Wir werden irritiert und ärgerlich und suchen jemanden, den wir kritisieren können (wir nehmen nur die sekundäre Emotion wahr, siehe unten).
  • Wir versuchen uns abzulenken.
  • Wir verniedlichen die Bedeutung des Gefühlten, um es nicht wahrnehmen zu müssen (verzerrte Wahrnehmung, Verleugnung, Verdrängung).
  • Wir versuchen uns (künstlich) aufzuheitern und wieder fröhlich zu stimmen.
  • Wir fangen an Gründe zu suchen, weshalb wir uns nicht so fühlen sollten (Rationalisierungen).
  • Betäubungen: Wir machen eine Flasche Wein auf, kiffen, nehmen Tabletten, gehen exzessiv Sport treiben oder bleiben drei Stunden länger an der Arbeit. 

Primäre maladaptive Emotionen

Leider gibt es primäre Emotionen, die früher einmal sinnvoll waren, weil es die einzigen möglichen waren, die wir haben konnten. Diese Emotionen fühlen sich auch sehr grundsätzlich und "tiefer" an, haben ebenso einen unmittelbaren Charakter, aber sie haben einen "alten" Geruch. Sie sind nicht mehr angepasst. Sie sind häufig schmerzhaft, führen zu keiner Erleichterung, zu keinen sinnvollen Handlungen mehr, versuchen "alte", nicht mehr aktuelle Bedürfnisse zu befriedigen. Das Umfeld reagiert spontan nicht mit Mitgefühl oder Verständnis, sondern mit Verwirrung und einer gewissen Ratlosigkeit. Solche primären Emotionen entstanden in der Vergangenheit, häufig in Situationen von grossem Stress, grosser Abhängigkeit (als Kind) und in Gefahr, Druck oder durch langanhaltende negative Umstände. Diese primären maladpativen Emotionen müssen ersetzt werden durch neue primäre, adaptivere Emotionen. Das ist eine der Hauptaufgaben der Emotionsfokussierten Psychotherapie.

Sekundäre Emotionen

Sekundäre Emotionen sind Emotionen, die auf primäre Emotionen reagieren. Deshalb sind sie sekundär. Das ist meine eigene emotionale Reaktion auf die primäre Emotion. Wenn ich zum Beispiel primär traurig bin, diese Traurigkeit aber nicht wahrnehme, dann entsteht automatisch eine sekundäre Emotion darauf. Man könnte auch formulieren, dass ich dann diese Traurigkeit in eine sekundäre Emotion umwandle. Die häufigste sekundäre Emotion ist (ungesunde) Wut oder abgeschwächt: Ärger.

Angenommen, ich freue mich, meine Partnerin zu sehen. Als ich nach Hause komme, sehe ich, dass meine Partnerin geistig völlig abwesend ist und mir keine Aufmerksamkeit schenkt. Ich drücke meine Freude gar nicht aus (primäre adaptive Emotion). Ich werde deswegen traurig (erneut eine primäre adaptive Emotion). Ich erkenne diese neue primäre Emotion nicht respektive nehme sie nicht wahr, denn darin steckt eine gewisse Verletzlichkeit. Diese Traurigkeit wandle ich hingegen um in eine sekundäre Emotion, des Ärgers zum Beispiel. Mit diesem Ärger sitze ich dann am Tisch und kritisiere meine Frau für irgend etwas, das sie gerade gesagt hat. Ich hätte ihr auch meine Traurigkeit mitteilen können (primäre Emotion), dass sie sich gar nicht mit mir gefreut hatte, als ich nach Hause kam. Denn ich hatte mich sehr gefreut (primäre Emotion).

Die häufigste sekundäre Emotion ist also Ärger oder (ungesunde) Wut, in all ihren Spielformen. Die "kalte" Version von sekundärer Wut ist Stolz, Sturheit, Schweigen, nichts sagen, sich zurückziehen, auf etwas bereits Gesagtem unnötig zurückkommen (widerrufen), zurückbellen, zynische Sprüche klopfen, zurückschreien, mauern, physisch zurückstossen, wortlos dem anderen eine runterhauen, zurückschlagen, Dinge kaputt machen, sich selber verletzen. Die "heisse" Version davon besteht aus kritisieren, nörgeln, beleidigen, angreifen, laut frustriert sein, protestieren, massiv beschuldigen, drohen, erniedrigen bis zu Handgreiflichkeiten und offener Gewalt.

Aber auch Angst oder Unsicherheit, Hoffnungslosigkeit (deprimierte Gefühle) können sekundäre Emotionen sein. Das ist immer nur im Einzelfall zu erkennen. Und stets ist es eine emotionale Reaktion auf ein primäres Gefühl.

Sekundäre Emotionen führen zu keinen guten Entscheidungen, unsere Mitmenschen reagieren oftmals selber mit sekundären Emotionen auf uns, sie kommen uns nicht näher, sondern wir stossen damit die Mitmenschen eher von uns weg. Sie verbergen unsere Verletzlichkeit, sie täuschen eher Echtheit vor als dass sie tatsächlich echt wären. Sie bleiben äusserlich, nicht innerlich.

Instrumentelle Emotionen

Instrumentelle Emotionen sind die unechtesten von allen. Sie dienen dazu, im Mitmenschen bestimmte Emotionen willkürlich oder absichtlich zu wecken. Sie haben etwas Manipulatives. Oftmals geschieht das unbewusst. Ich "klage" laut vor mich hin, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Ich mache ein trauriges Gesicht, damit mich jemand fragt: "Ist etwas? Geht es dir nicht gut?" Ich drohe laut und klopfe mit der Faust auf den Tisch, weil ich möchte, dass mein Gegenüber sich beeindruckt zeigt und sich ein bisschen fürchtet. Wir tun das oft und recht oft tun wir das sehr subtil. Je erwachsener wir werden, desto subtiler ist der Einsatz von instrumentellen Emotionen. Je jünger und kindlicher wir noch sind, desto augenfälliger sind diese Emotionen und werden meist sofort von den Eltern durchschaut. Sie haben einen appelativen Zweck. Sie wollen etwas im anderen auslösen.

In einer Paarbeziehung sind instrumentelle Emotionen meist jene, die der Partner am wenigstens beachten wird, es sein denn, er merkt nicht, dass er (sie) damit manipuliert wird. Mit instrumentellen Emotionen wird häufig versucht, Streitigkeiten zu gewinnen oder oben auf zu schwingen, wenn es um Meinungsunterschieden geht.

 

 


 

 

 

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According to emotion-focused psychotherapy (EFT, Greenberg, Rice, Elliott, Johnson, etc.), emotions organize the affective immediate reaction and feelings (physically felt experiential units) into a meaningful overall experience. The emotion thus consists of these two parts (affect and feeling) and has a result, namely information about ourselves.

The emotion is therefore an information to ourselves in the form of a meaning. The meaning is an entire package of information which, in addition to feeling and affect, also includes a trigger. The meaning consists of a need or a wish and contains an action tendency.

Emotions thus inform us what is good for us and what is bad, what we need and what we are missing, whether we should stay, go closer or want to go away and create distance. They inform us which preference we have at the moment and what we rather reject, whether we actually have joy or feel sadness, shame or pride, guilt or esteem, are lonely and therefore want to make contact with someone or feel sufficiently warm and taken care of. In order to recognize the meaning of emotions, we need the capacity for reflection and awareness.

Emotion-focused psychotherapy has introduced the distinction between primary, secondary and instrumental emotions. Basically, all emotions can be primary, secondary or instrumental. The terms "primary, secondary and instrumental" refer to the different functions that an emotion can have.

Primary adaptive emotions

This is the actual good and important emotional information to ourselves. They are immediate emotional inner responses to situations we are in right now. Although they are immediate inner answers, to many people they are not easily accessible and often not properly perceived. Despite their immediacy, it takes a certain calm and introspection to recognize them, to perceive them correctly and then to express them and possibly to act accordingly. Primary emotions are usually soft emotions, they can only be perceived through a "pure" inner view (introspection only), without external circumstances or persons being taken into account. Because of this pure inner view, they are always accompanied by vulnerability. This applies to both positive and negative primary emotions. Sadness, insecurity, fear, injury, shame, guilt, joy, happiness, surprise, humour, tenderness, confusion, emotional injury, hopelessness... All this and even more can be primary emotions, but also secondary or possibly instrumental emotions. As mentioned above, the emotional content is not decisive in determining whether it is a primary or secondary emotion. The function alone is the decisive criterion.

The function of primary emotions

Primary emotions signal to us what is really important for us at the moment, how we really feel about a particular topic, situation or circumstances in life. These are authentic emotions with the really important information content. To perceive primary emotions and to be able to express them is a real psychological resource. Those who do mindfulness exercises, for example, are essentially concerned with the primary emotions and the meanings they have for their own lives. In the Focusing technique according to E. Gendlin, primary emotions are what Gendlin called "felt sense" and "shift". To exaggerate, one could say that one is really oneself most of the day if one succeeds in always feeling and acting according to one's primary emotions.

  • Fully perceiving and also expressing primary emotions does good and leads to a new fresher basic feeling, even if it was sadness or fear as primary emotion in the first place.
  • Primary emotions are always associated with vulnerability and are expressed from "within". The expression does not adapt to the external circumstances. It is a turning out of what is actually "inside".
  • Expressing primary emotions usually triggers understanding and a certain amount of real participation and compassion from the other person, even if it is (healthy) anger expressed towards a person. Anger as a primary emotion is necessary, for example, to restore boundaries, to finally acknowledge a legitimate need that is ignored, or to protect oneself from self-abandonment and too much resignation.
  • Primary (adaptive) emotions inform us about what we should really do, what we could really need the most now (or what we really lack).
  • They guide us to meaningful actions that fit in with our lives (even if it may not suit our fellow human beings).
  • Primary emotions, after reflection, are somehow accepted and understood by all (even if you might disappoint someone).
  • The expression and implementation of primary emotions always leads to a more harmonious continuation of one's own life. They lead to decisions that one accepts deeply inside oneself, even if the result of the corresponding decision may not completely turn out as intended.

 

In order to access the primary emotions it can be helpful to concentrate on the physical sensations. Where do I feel something? In my throat, stomach, shoulders? Is it hot, cold, does it ache in my heart? These physical sensations (the feelings) are the stepping stone to recognize the entire primary emotion and its meaning.

We can also recognize the presence of primary emotions by the emergence of strategies to exclude primary emotions from consciousness, especially if they are negative primary emotions.

  • For example, we force ourselves to think of something else.
  • We become irritated and angry and look for someone to criticize (we only perceive the secondary emotion, see below).
  • We try to distract ourselves.
  • We belittle the meaning of what we feel in order not to have to perceive it (distorted perception, denial, repression).
  • We try to cheer ourselves up (artificially) and make ourselves happy again.
  • We begin to look for reasons why we should not feel this way (rationalizations).
  • Numbing: We open a bottle of wine, smoke pot, take tablets, exercise excessively or stay three hours longer at work.  

Primary maladaptive emotions

Unfortunately, there are primary emotions that used to make sense because they were the only possible ones we could have. These emotions also feel very basic and "deeper", they also have an immediate character, but they have an "old" smell. They are no longer adapted. They are often painful, lead to no relief, no meaningful actions anymore, try to satisfy "old", no longer current needs. The environment does not react spontaneously with compassion or understanding, but with confusion and a certain helplessness. Such primary emotions have arisen in the past, often in situations of great stress, dependence (as a child) and danger, pressure or prolonged negative circumstances. These primary maladaptive emotions must be replaced by new primary, more adaptive emotions. This is one of the main tasks of emotion-focused psychotherapy.

Secondary Emotions

Secondary emotions are emotions that react to primary emotions. Therefore they are secondary. This is my own emotional response to the primary emotion. For example, if I am primarily sad, but do not perceive this sadness, then a secondary emotion automatically arises on it. One could also formulate that I then transform this sadness into a secondary emotion. The most common secondary emotion is (unhealthy) anger.

Suppose I'm happy to see my partner. When I come home, I see that my partner is mentally completely absent and does not pay attention to me. I do not express my joy at all (primary adaptive emotion). I therefore become sad (again a primary adaptive emotion). I do not recognize or perceive this new primary emotion because there is a certain vulnerability in it. I transform this sadness into a secondary emotion, anger for example. With this anger I sit at the table and criticize my wife for something she just said. I could also have told her my sadness (primary emotion) that she wasn't happy with me when I came home. Because I was very happy (primary emotion).

So the most common secondary emotion is (unhealthy) anger, in all its forms of play. The "cold" version of secondary anger is pride, stubbornness, silence, saying nothing, withdrawing, coming back (revoking) unnecessarily on something already said, barking back, being cynical or sarcastic, shouting back, stonewalling, physically hitting back, wordlessly punching the other one down, punching back, breaking things, hurting oneself. The "hot" version consists of criticizing, nagging, insulting, attacking, loudly being frustrated, protesting, massively accusing, threatening, humiliating, open violence.

But also fear or insecurity, hopelessness (depressed feelings) can be secondary emotions. This can only be identified for each individual situation. And it is always an emotional reaction to a primary emotion.

Secondary emotions do not lead to good decisions, our fellow human beings often react to us with their own secondary emotions, they do not come closer to us. Secondary emotions rather push others away. They hide our vulnerability, they pretend to be genuine but they are not. They are on the outside, not from the inside.

Instrumental emotions

Instrumental emotions are the most inauthentic of all. They serve to awaken certain emotions in others arbitrarily or intentionally. There is something manipulative about them. This often happens unconsciously. I "lament" loudly in order to attract attention. I make a sad face so that someone asks me: "Is something wrong? Are you not well? I threaten loudly and bang my fist on the table because I want my counterpart to be impressed and a little afraid. We often do that and quite often we do it very subtly. The more grown up we become, the more subtle the use of instrumental emotions gets. The younger and more childlike we are, the more conspicuous these emotions are and are usually immediately seen through by the parents. They have an appelative purpose. They want to trigger something in the other.

In a couple relationship, instrumental emotions are usually those which the partner will at least pay attention to, unless he (or she) does not notice that he (she) is being manipulated with it. Instrumental emotions are often used to try to win arguments or to swing to the top when it comes to differences of opinion.

 

 


 

 

 

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sinnleben kompass Urheber: <a href='https://de.123rf.com/profile_279photo'>279photo / 123RF Lizenz erworben</a>"Das macht keinen Sinn" oder im Gegenteil "das ist eine wirklich sinnvolle Tätigkeit" sind Aussagen, die wir öfters machen. Wir streben danach, Sinnhaftes zu erleben. Was wir damit meinen, ist zwar nicht immer aufs Erste klar. Aber meistens meinen wir mit "sinnvoll" einfach, dass wir etwas nützlich finden, dass etwas für andere oder uns selber hilfreich ist, dass wir ein für uns wichtiges Ziel erreichen oder dem Ziel näher kommen oder dass ganz allgemein gesprochen wir etwas positiv bedeutungsvoll finden, was es denn auch sei. Immer meinen wir, dass es uns positive Emotionen beschert. Nämlich Emotionen wie Freude, Neugierde, Interesse, Geborgenheit, Sicherheit, Zufriedenheit, Befriedigung, Stolz, Glück, Lust und Liebe.

Sinn und Sinnlosigkeit

Wenn wir aber die Frage nach dem Sinn unserer (aller und der je eigenen) Existenz grundsätzlich beantworten wollen, indem wir fragen: Was ist der Sinn des Lebens?, dann kommen wir zumindest aus einer evolutionsbiologischen und evolutionspsychologischen Sicht sehr schnell zur Erkenntnis, dass das Leben an und für sich ein reines Zufallsprodukt ist. Auch wenn wir die Frage umformulieren und nach "Was ist der Sinn meines Lebens?" fragen, so kommen wir vielleicht ganz praktisch auf für uns persönlich wichtige Antworten. Aber meines Erachtens bleibt es dabei: Es hat keinen Sinn, das Leben, auch mein Leben hat keinen spezifischen Sinn. Es hat keine Richtung, nach der es "zwangsläufig" strebt, ausgenommen sein eigenes Erlöschen. Es ist eben letztlich zufällig entstanden und es vergeht auch wieder, früher oder später. Die Menschen haben aufgrund ihres sehr entwickelten Gehirns sogar ein Bewusstsein von der Vergänglichkeit alles Lebenden. Ernest Becker oder andere (z.B. Otto Rank) nennen es unser Sterblichkeitsbewusstein. Dieses Sterblichkeitsbewusstsein entwickeln wir relativ früh in der Kindheit. Es fängt damit an, dass wir als Kinder entdecken, dass ein noch vor kurzem lebendiger Vogel tot auf dem Boden unter dem Baum liegt. Und es geht weiter damit, dass wir als Kinder unsere geliebten Grosseleltern altern und sterben sehen.

Lähmender Konflikt

Dieses Sterblichkeitsbewusstein steht in ständigem, lebenslangem Konflikt mit unserem Überlebenstrieb und der darin fussenden Lebenkraft. Diesen Überlebensinstinkt haben wir mit allen Lebewesen gemein. Dieser Instinkt ist darauf programmiert, ewig zu leben. Versuchen Sie mal eine Fliege mit der Hand zu töten. Die Chance, dass sie Ihnen entwischt, ist recht gross. Sie versucht ganz instinktiv ihrem Sterben zu entgehen. Genau so einen Überlebensinstinkt haben wir Menschen auch. Im Unterschied dazu haben wir allerdings auch unser Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit.

In diesem lähmenden Dauerkonflkt zwischen Sterblichkeitsbewusstsein und Überlebensinstinkt, der auf "ewig weiterleben" programmiert ist, stecken wir Menschen unweigerlich. Jeden Tag müssen wir diesen im HIntergrund (im Unbewussten) schwelenden Konflikt bewältigen und unserer Lebens- und Schöpferkraft den Weg bahnen. Denn wenn uns das nicht gelingt, dann übermannt uns das Sterblichkeitsbewusstsein und wir werden depressiv (das ist übrigens auch der Grund für die Notwendigkeit von Selbstwert).

"Sinnvoll" ist die Illusion, dank derer wir gefühlsmässig die Sinnlosigkeit vergessen können

In dieser Sichtweise bedeutet "sinnvoll" nichts anderes, als dass wir mittels eines positiven Gefühls die Sinnlosigkeit des Lebens vergessen, welche sich aus der Zufälligkeit des Lebens im Allgemeinen und dem Sterblichkeitsbewusstsein im Speziellen ergibt.

Wenn Sie gerade in einer Lebensphase sind, in der Sie viel "Sinnlosigkeit" erleben oder am Leben überhaupt zweifeln, dann einfach deshalb, weil die Beziehungen und Tätigkeiten, die Sie in Ihrem Leben haben, offenbar nicht ausreichen, die Zufälligkeit und die grundsätzliche Sinnlosigkeit des Lebens gefühlsmässig zu verdrängen.

Sinn ist also ein "Etwas", das uns auf zuverlässige Weise vergessen lässt, dass alles eigentlich keinen Sinn hat. Dieses Etwas sind vor allem nahe Beziehungen, also Bindungen zu anderen Menschen und eventuell auch Haustieren, wie das schöne Hühner-Video "The Natural History of Chickens (Full Documentary)" eindrücklich darlegt. Dann natürlich auch Freundschaften und Kollegen. Weiters kann so ein Etwas aus Tätigkeiten bestehen, in denen wir einfach notwendigerweise zwecks physischem Überleben (Überlebensinstinkt!) unser Wissen und Können einsetzen, es erhalten und weiter entwickeln. Das nennt man arbeiten. Noch besser wäre es, in einem heorischen Projekt kreativ und schöpferisch zu sein, aber auch das ist vor allem nichts anderes als arbeiten ("heroisch" im Sinne Ernest Beckers zoom-link). Ein "heroisches" Etwas sensu Becker kann aus Tätigkeiten bestehen, von denen wir kulturell gelernt haben, sie seien irgendwie nützlich oder hilfreich für andere. um ein gesellschaftlich als wertvoll definiertes Ziel zu erreichen (z.B. Umweltschutz, Politiker werden, als Arzt Leben retten, eine Religion verbreiten, einen Song schreiben). 

Aber nichts soll darüber hinwegtäuschen: Sinnvoll ist eigentlich eine reine Illusion. Sinnvoll bedeutet vor allem, dass wir das existenziell Sinnlose erfolgreich verdrängen können durch Beziehungen oder Tätigkeiten, mit denen wir positive Emotionen intensiv verknüpfen.

 

 


 

 

 

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respect collageRespekt ist ein sehr häufig verwendetes Wort (Konzept), wenn es Menschen darum geht zu beschreiben, wie sie behandelt werden wollen. Wir wollen "respektiert" werden und wissen, dass unsere Mitmenschen von uns einen respektvollen Umgang erwarten, seien das nun uns nahestehende oder entferntere Mitmenschen.

Im Wort Respekt versteckt sich leider eine Gewaltandrohung

Polemisch ausgedrückt ist Respekt aber ein Borderline-Konzept. Das heisst, ein Wort, das sehr ambivalent ist und Anlass gibt für einander widersprechende Verhaltensweisen.

Aus der Sicht der emotionalen Wahrnehmung fusst das Wort "Respekt" nämlich sowohl auf der Wertschätzung eines Mitmenschen wie auch auf der Angst vor ihm, je nach der Art der Beziehung oder der Situation. Wir alle lächeln innerlich zufrieden, wenn wir aufgrund freiwillig geäusserter Wertschätzung respektiert werden. Und falls wir uns nicht auf diese wertschätzende Art "respektiert" fühlen, dann drohen wir verärgert unseren Mitmenschen, dass wir gefälligst "respektiert" werden wollen! In beiden Situationen verwenden wir das gleiche Wort "Respekt", obwohl deutlich voneinander verschiedene zwischenmenschliche Situationen damit gemeint sind.

An diesem Beispiel können wir die Widersprüchlichkeit dieses Wortes erkennen. Es ist deshalb meiner Auffassung nach fragwürdig, zwischenmenschliche Beziehungen auf Respekt zu bauen, weil das Wort nebst einer echten freiwilligen Wertschätzung eine negative, drohende Seite hat, die die Furcht voreinander ins Zentrum stellt und die Wertschätzung einfach erzwingt unter Androhung von Sanktionen. Es macht keinen Sinn, ein und dasselbe Wort zu verwenden für zwei völlig verschiedene Situationen. Es ist nicht das Gleiche, jemanden aus Furcht vor der möglichen Vergeltung zu respektieren oder jemanden aus echter Wertschätzung oder Liebe zu respektieren. Das Wort "Respekt" vernebelt diese völlig unterschiedlichen Motive, die der Interaktion zugrunde liegen. Wer sich nicht respektiert fühlt von seinem Nachbarn, geht unter Umständen vor Gericht. Gar Kriege zwischen zwei Staaten werden vom Zaun gerissen, weil sich eine oder beide Nationen nicht "respektiert" fühlen und sich auf diesem Weg mindestens Respekt verschaffen wollen. Im Wort "Respekt" steckt eine Gewaltandrohung, die gefliessentlich ignoriert wird (übrigens wird zwischenstaatliche Gewalt immer seltener und falls ein Krieg zwischen Nationen stattfindet, so hat die durchschnittliche Dauer und die Opferzahl deutlich abgenommen zoom-link).

Die Alternative zu Respekt ist Freundlichkeit, so lange und so gut es irgendwie geht

Ich möchte meine Mitmenschen grundsätzlich wertschätzen und hoffe natürlich, dass man mich auch schätzt. Das ist die beste, aber nicht immer zwischen zwei verschiedenen Menschen durchgängig mögliche Variante der gegenseitigen Behandlung. Sollte das phasenweise oder gar überhaupt nicht möglich sein, so möchte ich diesen Mitmenschen in jedem Fall weiterhin freundlich und sozial angenehm begegnen. Ich wünsche mir dabei ebenso, dass man mit mir freundlich bleibt, gerade weil das wirkliche Wertschätzen meiner Person, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich ist.

Sollte auch das Freundlichsein nicht (mehr) möglich sein, so kann ich auf die formelle Variante der Freundlichkeit, nämlich reine Höflichkeit, umschwenken. Geht das auch nicht mehr, dann werde ich spätestens jetzt nicht darum herumkommen, dem entsprechenden Mitmenschen ehrlicherweise zu sagen, dass ich ein Problem mit ihm habe. Hoffentlich können wir dann das Problem klären, so dass wir wieder höflich, eventuell gar freundlich(er) zueinander sein können - ja manchmal entsteht durch so eine Klärung echte Wertschätzung. Sollte aber das Problem nicht aus der Welt zu schaffen sein, so müssen wir uns weitestgehend aus dem Weg gehen, so gut es eben geht. Oder ganz und gar getrennte Wege gehen, für immer.

Es kann die Situation entstehen, dass ganz und gar getrennte Wege unmöglich sind. Dann entsteht eine offene Feindschaft, bei der jeder vor dem anderen Angst hat oder der (vermeintlich) Schwächere zumindest Angst haben muss vor dem (vermeintlich) Stärkeren. Das wäre der schlimmst mögliche Fall. Dafür gibt es im Extremfall die Polizei und die Justiz zum Schutz respektive zur Rehabilitation der geschädigten Personen.

Wir dürfen in unserem Zusammenhang aber getrost einmal diesen schlimmst möglichen Fall beiseite lassen und folgendes festhalten: Eine abgestufte zwischenmenschliche Behandlung, nämlich Wertschätzung, freundlich sein, höflich bleiben oder halt aus dem Weg gehen, hat zwar den Nachteil, dass dafür kein stehender Begriff vorhanden zu sein scheint, aber wenigstens wird die zu grosse Ambivalenz des Wortes "Respekt" vermieden. Das Wort "Respekt" versucht zu viele verschiedene soziale Situationen mit einem einzigen Wort unter einen Hut zu bringen. Das Ergebnis ist ein ambivalentes Konzept, das es zu hinterfragen gilt.

 


 

 

 

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selfIn seinem Buch "Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen" unterscheidet Harari zwischen narrativem und erlebendem Selbst, das man sich als eine Art "Selbststream" vorstellen darf (zoom-link)

Die Unterscheidung ist nicht wirklich neu. Harari scheint seine Sicht auf das Selbst durch die Tatsache zu begründen, dass das Hirn eine linke und eine rechte Hemissphäre aufweist. Während eine Hemissphäre vor allem für das möglichst kohärente "Erzählen" der Selbstgeschichte verantwortlich ist (und dabei auch die Mittel der Selbsttäuschung benutzt), ist die andere Hälfte von Moment zu Moment damit beschäftigt, innere und äussere Erfahrungen zu registrieren und dem Bewusstsein teilweise zuzuführen. Personzentrierte Psychologen, wie die "echten" Gesprächspsychotherapeuten sich häufig nennen, haben eine sehr ähnliche Auffassung, welche der Begründer der personzentrierten Psychotherapie, Carl Ransom Rogers, vor allem vertreten hat. Das narrative Selbst ist nichts anderes als das Selbstkonzept und die Erfahrung entspricht dem erlebenden Selbst (experiencing self).


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Mindestens zwei Arten von psychischen Problemen

Wenn wir das Selbst grundsätzlich in zwei Hälften unterteilen, dann ergeben sich daraus mindestens zwei verschiedene Arten von psychischen Problemen. Das erste Problem ergibt sich daraus, dass die Person ein narratives Selbst hat, das überhaupt nicht zu seinem erlebenden Selbst passt. Das Erleben lässt sich mit dem Selbstkonzept nicht in Einklang bringen. Es bräuchte neue Auffassungen, Werte, Erwartungen, Haltungen, Gedanken etc. In dieser Problemstellung wäre das Erleben quasi "gut", aber die Art es einzubinden und aufzunehmen durch das narrative Selbst ist ungenügend. Das narrative Selbst ist zu wenig flexibel. Hilfreich wäre hier, dass narrative Selbst flexibler zu gestalten und es besser auf das Erleben einzustimmen (Inkongruenzerleben reduzieren).

Das zweite Problem ist genau der umgekehrte Fall. Das narrative Selbst wäre flexibel genug und sehnt sich nach einem Erleben, das weniger rigide, weniger chaotisch oder weniger impulsiv ist.. Hilfreich wäre in diesem Fall, das Erleben anzureichern mit mehr Gefühl, mit differenzierteren Gefühlen und neuen Emotionen.

Ein drittes Problem ergäbe sich übrigens aus der Überlegung, dass sowohl das vorhandene narrative Selbst wie auch die Art des Erlebens (das erlebende Selbst) in irgend einer Form gleichzeitig problematisch und Leiden schaffend sind. Das narrative Selbst wäre zum Beispiel rigide und unflexibel bezüglich eines bestimmten Lebensbereiches (oder vieler Lebensbereiche insgesamt). Die Art des Erlebens bezüglich desselben Lebensbereiches wäre aber grundsätzlich ebenso problematisch, also zum Beispiel chaotisch und impulsiv oder eingeschränkt und rigide. Dann hätte man es mit einem problematischen Erleben zu tun, das einem ebenso problematischen narrativen Selbst (Selbstkonzept) gegenüber steht.


 

 

 

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Die gerade in den der Psychotherapie häufig (und durchaus zu Recht) beschworene Formel "Sei dich selbst" hat wie jede Losung ein Zwillingsthema, das ich mit "Sei (wie) die Anderen" umschreiben möchte.

Therapieziel: Individualität oder Beziehungsfähigkeit?

Viele Menschen kommen in die Therapie mit ihrem psychischen Leiden und erhoffen sich eine Verbesserung. Das ist der Zweck der Psychotherapie. Dank Forschung und dadurch verbesserten Methoden ist die psychotherapeutische Hilfe häufig effektiv - zum Glück! Oft wird der Klient in dieser Selbst-Auseinandersetzung mit seinen Gefühlen, Emotionen und Gedanken ein stärkeres Ich entwickeln. Gerade so oft aber läuft die "Heilung" des Leidens darauf hinaus, beziehungsfähiger, bindungsfähiger zu werden.

Mehr "wie die Anderen sein" ist manchmal hilfreicher als mehr Individualität

Allein schon deshalb ist es wichtig zu erkennen, dass die Losung "mehr sich selber sein" ein Zwillingsthema hat. "Mehr wie die Anderen sein" oder "mehr mit den Anderen sein" könnte man dieses Zwillingsthema umschreiben. Fähiger werden, sich zu binden, Beziehungen zu leben, die emotionale Abhängigkeiten, die wir Menschen als Bindungswesen haben besser anerkennen: als ein ureigenes Bedürfnis, als ein tiefverankerter Wunsch, sich auf nahe Personen abstützen zu können. Das erfordert dann nicht unbedingt mehr Individualität, sondern vielmehr das Erkennen dieser Beziehungsbedürfnisse, für deren Befriedigung wir auf nahe Mitmenschen angewiesen sind. Das bedeutet, dass wir mehr "verschmelzen" und ineinander aufgehen statt uns auseinander zu dividieren (Individualität eben). 

Die beiden Therapieziele schliessen sich nicht aus

In welche Entwicklungsrichtung es bei einem konkreten Individuum geht, hängt... vom konkreten Individuum und seinem Leiden ab. Ich denke, wir sollten die Psychotherapie auch als Chance sehen, unsere Beziehungsfähigkeit und Bindungsfähigkeit zu erhöhen. Oftmals liegt darin auch ein sehr konstruktiver Weg aus dem Leiden heraus. Und last but not least: Wir sind alle "schöpferische" Individuen und unser inneres Wachstum drängt darauf, sich in diesem Sinne zu entfalten. Aber wir sind auch alle soziale Wesen, abhängig von Nähe und Fürsorge, von gelebtem Interesse an uns und leben und wachsen in Verbundenheit mit den Anderen.

Literatur

Otto Rank (1941): Beyond Psychology. Dover Publications. New York


 

 

 

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Viele Paare beklagen den Umstand, dass die Liebesgefühle und erst recht die Verliebtheitsgefühle zum Partner mit zunehmender Dauer schwächer werden. Nicht selten lautet ein Trennungsgrund, dass die Liebe einfach nicht mehr da sei.

Ich möchte nicht behaupten, dass das Fehlen von jeglicher affektiver Zuneigung kein Trennungsgrund sein kann. Allerdings möchte ich einen klugen Gedanken eines der Begründer der Psychoanalyse, Otto Rank (zoom-link), zu diesem Thema ausführen. Er sei hier kurz zitiert:

"Die Dichter haben die alles absorbierende Liebe zurecht mit dem Tod symbolisiert, als der totale Verlust der Individualität. Das oftmals missbrauchte Schlagwort des modernen Menschen, dass die Ehe die Liebe zerstöre, verliert einiges an seiner Schlagkraft, wenn man bedenkt, dass dies vielleicht sogar das Ziel der Ehe ist, nicht notwendigerweise die Liebe zu zerstören, aber sie zu mässigen, so dass es möglich wird, mit ihr zu leben. Denn reine Liebe tötet das Individuum als ein soziales Wesen, denn es bedeutet die komplette Aufgabe der Individualität." (zoom-link).

Otto Rank (1884-1939), Psychoanalytiker. Bild aus WikipediaOtto Rank, links stehend, Brille. Bildquelle: Wikipedia (de)

Ehe, langandauernde Beziehung, feste Bindung

Sei es nun eine Ehe, eine langandauernde Beziehung oder eine feste Bindung, egal, wie wir es nennen wollen: Alle scheinen diesem Gesetz der abnehmenden Liebesverbundenheit mehr oder weniger unterworfen zu sein. Es stellt sich deshalb die Frage, ob eine solche regelmässig zu beobachtende Entwicklung nicht auch den Sinn hat, den Otto Rank in seinem Zitat oben ausführt?

Ich denke, es kommt einem grossen Missverständnis gleich, sich grundsätzlich zu beklagen, dass die Liebesgefühle schwächer oder zumindest "anders" geworden sind mit der Dauer der Beziehung. Wenn zwei Menschen auf ewig in reiner Liebe und Verliebtheit verbunden wären, dann wäre die Entwicklung der Persönlichkeit und das Entfalten der Individualität dieser beiden Menschen sehr behindert. Sie wären auch keine sozialen Wesen mehr. Menschen aber sind in ihrem Innersten soziale Wesen und haben gleichzeitig ein Streben nach Individualität. Dieser doppelte innere Kern kann kein Mensch verleugnen, auch die Liebe wird diesen doppelten Kern nicht auslöschen können. Er wird sich als Individualität einerseits und als soziales Wesen andererseits weiterhin Geltung verschaffen, in der einen oder anderen Art. Sei es als Frau und Mann im privaten Leben, sei es als Berufsmann oder Berufsfrau, sei es als Mutter oder Vater der Kinder, die man gemeinsam gross zieht.

Das Abnehmen oder das In-den-Hintergrund-Treten der Liebesgefühle zum Partner schafft für die sich liebenden Personen Raum, Individualität zu haben und als soziale Wesen gegenüber der Aussenwelt aufzutreten. Wären die beiden Menschen über zwei Jahrzehnte so verbunden wie sie es in den ersten Wochen und Monaten waren, dann würde die Individualität und das soziale Wesen eines jeden verkümmern. Wir Menschen, auch verliebte Menschen, sind und bleiben nun aber mal Individuen, mit unseren eigenen Ichs und dem persönlichen Selbst, das individuell nach Entfaltung drängt und sozial sich mit Mitmenschen verbindet und sich breiter abstützt als "nur" auf eine einzige Beziehung.

will therapy otto rank

Eine Frage des Gleichgewichts

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch für eine langjährige Beziehung wichtig, die affektiven und emotional positiven Verbindungen zueinander weiterhin zu spüren. Das Bedürfnis nach Nähe in den verschiedensten Formen bleibt. Dass die Gefühlsstärke aber abnimmt, ist nichts Beklagenswertes, sondern dem Umstand geschuldet, dass das Selbst sein Recht nach Individualität und sozialer Verbundenheit mit der Aussenwelt wieder einfordert. Man könnte deshalb den Sinn der Ehe oder einer langjährigen Partnerschaft (durchaus gemäss dem zitierten Otto Rank) darin sehen, den Platz der Liebe soweit zu reduzieren, dass ein gewisses Mass an Individualtität und weiteren sozialen Bezügen zur Aussenwelt wieder möglich ist, ohne die Liebe und die liebende Bindung aus dem Leben zu verbannen. 

Literatur

Otto Rank (1936): Will Therapy. The Therapeutic Applications of Will Psychology. The Norton Library.

Anmerkung: "Will Therapy" ist die englische Übersetzung der Bände II und III der "Technik der Psychoanalyse (Band II, Die Analytische Reaktion in ihren Konstruktiven Elementen, Band III, Die Analyse des Analytikers und seiner Rolle in der Gesamtsituation, 1929 und 1931)


 

 

 

selbstwert kleeblatt

Das Wort Selbstwert bezeichnet in der Regel den Wert, den sich eine Person selber zuschreibt.

So klar und eindeutig die Definition ist, so vielfältig sind die Fragen, welche diese Definition aufwirft. Eine davon ist die Frage nach den Dimensionen des Selbstwerts. Woraus setzt sich der Selbstwert eigentlich zusammen?

Die zwei Haupt-Dimensionen: Selbstliebe und Selbstwirksamkeit

Wer die Forschung zu diesem Thema anschaut (zoom-link), der kommt zum Schluss, dass die meisten Definitionen des Selbstwerts zwei Dimensionen unterscheiden, aus denen sich der Selbstwert zusammen setzt. Einerseits gibt es die Dimension "Selbstliebe" und andererseits die Dimension "Selbst-Wirksamkeit" (zoom-link). Es macht aus meiner Sicht Sinn, zusätzlich zu diesen zwei Hauptdimensionen des Selbstwertes auch noch zwei weitere aufzuführen, auf die ich weiter unten eingehe (Selbstständigkeit einerseits und Gruppenzugehörigkeit andererseits als zusätzliche Selbstwertquellen).

Dimension "Selbstliebe" oder "Self-Liking"

Eine ein bisschen abstrakte Definition von "Selbstliebe" lautet, dass Selbstliebe die Erfahrung von sich selber als einem wertvollen sozialen "Objekt" ist. In diesem Falle ist das "soziale Objekt" die eigene Person.

Mit "sozial" ist nicht die Wahrnehmung gemeint, welche andere von uns haben. Auch wenn "die Anderen" stets eine Quelle des Selbstwertes bleiben und in der Kindheit und Jugend die entscheidende Quelle zum Aufbau des Selbstwertes waren. Vielmehr ist damit gemeint, wieviel wir uns selber sozialen Wert zuschreiben als Mensch innerhalb unserer Umwelt.

Mit dem Heranwachsen werden die Wertzuschreibungen verinnerlicht und die äussere Quelle (diejenige der anderen Personen) verliert ein wenig an Bedeutung. Allerdings bleiben die Wertzuschreibungen der anderen weiterhin in vielen Situationen des Lebens für den Selbstwert wichtig.

Wenn man die Dimension "Self-Liking" oder Selbstliebe genauer unter die Lupe nimmt, dann besteht diese Dimension des Selbstwertes wiederum aus verschiedenen Teilaspekten.

Eine Person kann sich selber mögen aufgrund ihrer Persönlichkeit oder Charakters (1) sowie aufgrund ihrer äusseren Erscheinung (2). Bezüglich ihrer Persönlichkeit sagt sich eine sich ausreichend selbst liebende Person beispielsweise, dass sie ein guter und liebenswerter Mensch ist. Sie spürt ein positives, warmes Gefühl, dass sie "gut" ist. Sie ist von sich selber auch überzeugt, geschätzt und geliebt werden zu können. Die Person ist mit sich selber zufrieden und schreibt sich gute Eigenschaften zu (nett, liebenswert, freundlich, angenehm, lustig etc.). Sie empfindet, dass sie bei ihren Mitmenschen auf Akzeptanz und Sympathie stösst. Bezüglich ihrer äusseren Erscheinung kann sie sich sagen, dass sie ein angenehmes, attraktives oder irgendwie sympathisches Äusseres hat (Erscheinungsbild), mit dem sie zufrieden ist oder gelernt hat, zufrieden zu sein.

Dimension "Selbst-Wirksamkeit" oder "Self-Competence"

Bei der Selbstwirksamkeit geht es um ein Gefühl, dass man sich als eine Person erlebt, welche wirksam oder effektiv auf ihre Umwelt einwirken kann. Selbst-Wirksamkeit führt dem Selbst Wert zu, indem wir uns als fähig erleben, ein gewünschtes Resultat durch eigene Handlungen zu erreichen. Wir erleben uns als mächtig und wirksam. Selbstwirksamkeit ist der Glaube, ausreichend Einfluss auf Lebensereignisse auszüben, die mein Leben bestimmen (zoom-link).

Wenn man das Wort "Selbstwirksamkeit" unter die Lupe nimmt, so kann man ebenso verschiedene Aspekte hervorheben, die die Selbstwirksamkeit insgesamt ausmachen. Selbstwirksamkeit setzt beispielsweise Fähigkeit, Wissen und Können voraus, mit denen eine Person auf ihre Umwelt einwirken kann. Insofern hat jede Person auch eine persönliche Geschichte von "Erfolgen" und "Misserfolgen". Mit dieser persönlichen Geschichte hat jede Person ein Stück weit auch sein Selbstwertgefühl geprägt und prägt es weiter. Aus dieser Geschichte ziehen wir sowohl Beschämungen wie auch Stolz. Zur Dimension "Selbst-Wirksamkeit" kann man auch den Aspekt der Autonomie und persönlichen Freiheit, im Unterschied zur Abhängigkeit, zählen. 

Wer sein Leben als selbstbestimmt empfindet und entsprechend auch danach handelt, führt sich hier Wert zu. Wer sich als abhängig und unselbstständig empfindet, riskiert eine Verminderung seines Selbstwertgefühls. Natürlich ist das von Person zu Person sehr unterschiedlich.

Dritte Dimension der Unabhängigkeit und Autonomie?

Während man das Autonomiegefühl und das Unabhängigkeitsgefühl, also das Gefühl, selbstständig und frei im Leben zu stehen (nicht abhängig zu sein) zur oben genannten zweiten Dimension der Selbstwirksamkeit zählen kann, so ist es auch sehr gut möglich, diese Dimension des Selbstwertes separat zu betrachten. Gewisse Personen ziehen aus dem Gefühl, nicht abhängig zu sein, sondern autonom für sich selber zu sorgen, den grössten Selbstwert. Vor allem Personen, die einen vermeidenden Bindungsstil haben, werten ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit dermassen hoch, dass eine Bindung manchmal als Verminderung ihres Selbstwertes empfunden wird. Dahinter steckt natürlich auch eine grosse Unsicherheit, letztlich auch Ängstlichkeit, sich wirklich auf eine Person einzulassen und zu vertrauen.

Vierte Dimension der sozialen Gruppenzugehörigkeit?

Gewisse Studien zum Thema Selbstwert haben auch untersucht, inwiefern die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe eine wichtige Quelle von Selbstwert darstellen kann (zoom-link). Diese Forschungsrichtung entstand vor allem auf dem Hintergrund, dass gewisse soziale Gruppen (Dunkelhäutige, Ausländer, religiöse Zugehörigkeit, Altersgruppen, Geschlechtszugehörigkeit) nachweislich eine Quelle von Wert respektive von Wertlosigkeitsempfinden sein können. Zughehörigkeit respektive mangelnde Zugehörigkeit oder auch abgewerte Zugehörigkeit (z.B. zu den "Alten" zu gehören) hat einen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und darf deshalb als vierte Dimension aufgeführt werden.

Selbstwert versus Narzissmus versus Minderwertigkeitskomplexe

Wieviel Selbstwert jemand aus diesen verschiedenen Dimensionen und deren Aspekte zieht, ist individuell sehr verschieden. Auch ist das Empfinden von Selbstwert etwas sehr Subjektives: Es ist ein Gefühl zu sich selbst und die Wahrnehmung davon abhängig ganz allein von der eigenen Person.

Deshalb ist es möglich, dass jemand auch einen stark übertriebenen Selbstwert haben kann, obwohl "neutralere" Beobachter bei der entsprechenden Person deutlich kritischer wären als die Person selbst. In einem solchen übertriebenen Falle von Selbstwert spricht man gelegentlich von einer narzistischen Persönlichkeit.

Genauso besteht die Möglichkeit, sich selber als viel zu wenig wertvoll anzuschauen, obwohl "neutralere" Beobachter ohne zu zögern der entsprechenden Person viel mehr Wert zuschreiben würden. Hier würde man dann von Komplexen oder Minderwertigkeitsgefühlen reden.

Psychologische Entwicklung des Selbstwerts

Nachdem wir auf die verschiedenen Dimensionen des Selbstwerts eingegangen sind, möchte ich noch einen kurzen Blick auf die Entstehung des Selbstwertes und auf seine wichtigste Aufgabe werfen. Der Selbstwert ist ein Gefühl, das man als Mensch zu sich selber hat. Ein Gefühl des positiven Wertes respektive negativen Wertes, je nach dem eben...

Der Selbstwert ist so betrachtet der wichtigste Abwehrmechan-ismus oder Verdrängungs-mechanismus des Menschen

Doch was ist das für ein Gefühl? Der Kern eines positiven Selbstwertgefühls kann man am besten als ein warmes Gefühl zu sich selbst beschreiben: Dass alles mit einem selber und alles rundherum in Ordnung und gut ist.

Dieses warme Gefühl zu sich selbst ist bei ausreichender Aufmerksamkeit auch körperlich spürbar als emotionale Wahrnehmung. Wenn wir von "Wert" reden im Zusammenhang mit dem Selbstwert, dann meinen wir eigentlich das Gefühl "ich bin gut und alles herum ist gut". Der Kern eines positiven Selbstwertgefühls als "warmes Gefühl zu sich selber" zu beschreiben hat mit der Entstehungsgeschichte dieses Gefühls als Kleinkind zu tun. Ernest Becker schreibt dazu: Beim Kleinkind ist der "Selbstwert ein Gefühl der Selbst-Wärme, das alles in seiner unmittelbaren Welt in Ordnung ist" (zoom-link). Die ihn umsorgenden Eltern schauen auf sein Wohl, sind stets da, um alle Schwierigkeiten und Unpässlichkeiten aus dem Weg zu räumen, versorgen ihn mit Nahrung, mit Hygiene, lächeln und sind begeistert. Das verschafft dem Kind dieses warme Selbstgefühl. Es wird durch Liebe und die Fürsorge sowie durch die elterliche Bereitschaft, für maximale Sicherheit und Stabilität zu sorgen, erzeugt.

Auf einen Nenner gebracht, ist der Kern des Selbstwerts ein Gefühl der Selbst-Wärme, das die existenziellen Ängste des (heranwachsenden) Menschen erfolgreich abwehrt.

Vom Kind zum Erwachsenen

Diese Art von erstem Selbstwertgefühl ist der zentrale Mechanismus für das Kind, seine Ängste vor der stets überfordernden Realität in Schach zu halten und erfolgreich abzuwehren.

Wenn es weiter heranwächst, muss das Kind aber mehr tun als dazuliegen und mit einer Rassel in der Hand zu lächeln, um das warme Selbstwertgefühl aufrechterhalten zu können. Es muss sich nämlich den elterlichen und familiären Anforderungen mehr und mehr anpassen und "geeignetes", das heisst wertgeschätztes Sozialverhalten zeigen. Das Selbst des Kleinkindes formt sich nun immer stärker danach, was von seinem Umfeld mit Lob respektive mit Tadel bedacht wird.

Es wird diesen Anforderungen deshalb gerecht, weil es so das warme Selbstwertgefühl am ehesten aufrecht erhalten kann. Denn gelungene psychologische Anpassung an die äusseren Bedingungen erzeugt Lob und Zufriedenheit, Fürsorge und auch Beziehungsstabilität und Sicherheit. Das erzeugt wiederum dieses wärmende Selbstgefühl oder den Selbstwert, dass "ich und alles rundherum okay sind".

Das Kind lernt, wie es sich in seinen Reaktionen an die Umwelt so anzupassen hat, dass dieses Gefühl der Selbst-Wärme möglichst stets aufrechterhalten bleibt. Das Aufrechterhalten dieses warmen Selbst-Gefühls ist lebenswichtig, um die natürlichen, existenziellen Ängste als Heranwachsender überhaupt bewältigen zu können.

In der Entwicklung vom Kind bis zum Erwachsenen geht es darum, dieses Gefühl der Selbst-Wärme aufrechtzuerhalten und auszubauen respektive alles zu tun, dass es nicht geringer wird: Als noch kleines Kind gegenüber seinen Eltern und den engsten Familienmitgliedern, dann bald einmal gegenüber seiner Altersgruppe und den entsprechenden ausserhäuslichen Bereichen wie Schule.

Der Erhalt und die weitere Entwicklung des Selbstwerts finden nun vermehrt in der erweiterten Welt statt, die über die Familie hinausweist. Also Berufszugehörigkeit, Vereine, Wohnort ("gutes" oder "schlechtes" Quartier etc.). Alles, was irgendwie mit Sozialstatus zu tun hat, spielt eine wichtige Rolle. Erweiterte Zugehörigkeiten wie Religion, Gesellschaft im allgemeinen, Ethnie und Kultur ebenso. Aus diesen Umwelterweiterungen ziehen schon Kinder, aber umso mehr Jugendliche und Erwachsene einen wesentlichen Teil ihres Selbstwertes oder eben auch nicht.

Für das erwachsene Indivduum ist der Erhalt seines Selbstwertgefühls gegenüber diesen "erweiterten" sozialen Zugehörigkeiten eine lebenslange Aufgabe und Herausforderung. Die unsichtbare Funktion des Selbstwerts bleibt auch ein Leben lang die gleiche: Der Selbstwert hilft allen Menschen, ihre existenziellen Ängste vor der letztlich nicht kontrollierbaren Realität zu bewältigen, sei es nun die Realität der Familie, der Gesellschaft, der Kultur und letztlich der Welt und des Kosmos, von dem unser Planet ein klitzekleiner Teil ist und in dessen schierer Grösse als planetares Staubkorn verschwindet.

Der Selbstwert ist so betrachtet der wichtigste Abwehrmechanismus oder Verdrängungsmechanismus des Menschen. Wenn der Selbstwert gering ist, dann fällt es dem Menschen schwer, sich der Realität und ihren Herausforderungen, die immer auch Überforderungen darstellen, überhaupt zu stellen. Die Lebensängste nehmen überhand, weil ihnen zu wenig Selbstwert entgegengesetzt werden kann. Das Selbst ist dann vor allem noch mit Gefühlen der Hoffnungslosigkeit, der Wertlosigkeit und der Hilflosigkeit "gefüllt". Und dahinter steckt die nackte Angst.

Literatur

Wichtige Definitionen in diesem Artikel habe ich aus folgendem Artikel übernommen:

--> R.W. Tafarodi, W.B. Swann Jr.: Two-dimensional self-esteem: theory and measurement. In "Personality and Individual Differences, Vol. 31 (2001), 653-673"


 

 

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Persönlichkeitspsychologie - Forschung

In der Forschung herrscht schon seit Jahrzehnten mittlerweile ein Konsens darüber, welche Persönlichkeitsdimensionen oder Merkmale hauptsächlich den Menschen in seiner Persönlichkeit charakterisieren. Historisch gesehen sind für diesen Forschungszweig der Psychologie Namen wie H.J. Eysenck und R.L. Thorndike hervorzuheben.

Die Forschung hat dabei vor allem fünf Dimensionen oder Merkmale ausgemacht. Umstritten sind nicht so sehr die Merkmale. Umstritten ist höchstens, wie sich die Psychologen die Entstehung der Merkmale erklären. Eher genetisch, eher umweltbeding? Welcher Mix von diesen beiden Quellen? Wieviel tragen die Eltern dazu bei? Wieviel die Peer-Gruppe (die Gruppe der Gleichaltrigen)? Wieviel ist reiner Zufall? Das sind die strittigen Fragen, auf die ich hier nicht eingehen möchte. Vielmehr möchte ich einen kurzen Überblick über diese fünf wichtigsten Persönlichkeitsmerkmal geben (the big five).

1. Extraversion

Der ersten Dimension wird häufig der Name Extraversion gegeben. Der Begriff wird auch im Zusammenhang mit Intraversion, seinem Gegenteil, aufgeführt. Der Begriff Extraversion stammt ursprünglich von C.G. Jung. In der Forschung wird dafür gelegentlich als Synonym "Begeisterungsfähigkeit" sowie "positive Emotionalität" verwendet. So wie der Begriff "Extraversion" in der Forschung angewendet wird, meint er folgendes: Personen, die einen hohen Wert in Extraversion erreichen, sind nach aussen gerichtet und sozial orientiert. Personen, die einen entsprechend geringeren Wert haben, sind verschlossen und machen ihrem Umfeld gegenüber weniger deutlich, was sie emotional im Moment wahrnehmen.

2. Emotionale Stabilität

In der Forschung wird dafür gelegentlich als Synonym der Begriff "Neurotizismus" sowie der Begriff "negative Emotionalität" verwendet, durchgesetzt hat sich aber vor allem "emotionale Stabilität" und nicht "Neurotizismus" zum Beispiel. Der Begriff "emotionale Stabilität" hat etwas Selbstdefinierendes. Dennoch ist es erhellend genauer zu schauen, was damit gemeint ist. Er meint vor allem, dass Personen mit einem hohen Wert in "emotionaler Stabilität" eher optimistisch (statt pessimistisch) sind, eher empathisch (statt apathisch und teilnahmslos), eher ruhig (statt ängstlich), eher autonom (statt abhängig), eher tolerant (statt aggressiv) sind. Er meint vor allem, dass Personen mit einem hohen Wert in "emotionaler Stabilität"  nicht impulsiv, sondern besonnen reagieren. Sie sind in ihrem kommunikativen Verhalten weniger in der Abwehr, sie verknüpfen auch negative Emotionen weniger stark mit der Vergangenheit, sondern bleiben eher in der Gegenwart, wenn sie negative Emotionen wahrnehmen. Allgemein haben sie seltener emotionalen Extreme.

3. Verträglichkeit (Agreableness)

Verträglichkeit als Persönlichkeitsdimension gehört ebenso zu den "big five". Wer einen hohen Wert an Verträglichkeit hat, ist eher kooperativ, reagiert nicht antagonistisch auf die anderen (also stets das Gegenteil hervorhebend oder stets mit einem kritischen Blick). Er ist spontan bemüht, gegenüber seinen Mitmenschen nett zu sein, einfühlend und vertrauensvoll, eher hilfsbereit als unsolidarisch. Personen mit einem niedrigen Wert in Verträglichkeit werden schneller als aggressiv und kritisch wahrgenommen.

4. Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness)

Personen mit einem hohen Wert in Gewissenhaftigkeit sind genau, arbeiten unter Einhaltung der Fristen und eher speditiv. Personen mit einem niedrigen Wert werden eher als chaotisch, unorganisiert, aber auch kreativ, allenfalls impulsiv wahrgenommen.

5. Offenheit

In der Persönlichkeitsforschung wird die Dimension "Offenheit" oft auch mit den Begriffen "Intellekt/Vorstellungskraft" beschrieben. Personen mit einem hohen Wert sind offen für neue Erfahrungen, die aus dem gewohnten Bezugsrahmen fallen können. Personen mit einem geringen Wert werden oft als eher traditionell oder konservativ wahrgenommen. Hier ist damit gemeint, dass die neue, noch nicht gemachte Erfahrung, welche eine alte Erfahrung/Vorgehensweise ersetzen könnte, gemieden wird.

 

Literatur und Test

Wer des Englischen mächtig ist, kann die Online-Version des Tests der "Big Five Personality Traits" hier machen (inkl. Auswertung am Schluss).

Zum Thema "Emotional Stability" hier ein interessanter Forschungsartikel zu den relevanten Dimensionen von "emotionaler Stabilität"..


 

 

adjustmentdisorder

Depressive Reaktionen als Folge von Anpassungsstörungen

Depressive Phasen tauchen sehr oft auf im Zusammenhang mit sogenannten Anpassungsstörungen. Eine depressive Reaktion auf kritische Lebensereignisse kann oft beobachtet werden, wenn die psychische Verfasstheit als Folge dieser Ereignisse in Mitleidenschaft gezogen wird.

Eine Anpassungsstörung entsteht immer nach "einer entscheidenden Lebensverändung oder nach belastenden Lebensereignissen" (p.164 zoom-link). Solche Ereignisse können unter Umständen depressiv machen, wenn sie einem überfordern. Nicht immer ist das Überforderungsgefühl auch bewusst wahrnehmbar. Veränderungen im Leben können im subjektiven Empfinden einigermassen gemeistert werden, aber eben nur einigermassen. Dabei kann die Selbsttäuschung gross sein, so dass derjenige Teil, der eben nicht gemeistert wird, ausgeblendet bleibt. Mit der Zeit kann man sich dann nicht mehr dem Gefühl erwehren, dass die Anpassung nicht wirklich gelingt. Ein Gefühl des Scheiterns oder der nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten stellt sich ein. Solche Gefühle sind Hintergrundgefühle, Stimmungen sozusagen, die sich wie ein Schatten auf das allgemeine Lebensgefühl werfen können.

Nicht immer ist das Überforderungsgefühl auch bewusst wahrnehmbar. 

Definition Anpassungsstörung

Das Belastungsereignis oder die Belastungsphase nach dem Eintreten des Ereignisses hat das soziale Netz des Betroffenen negativ verändert, beispielsweise nach einer Trennung oder nach einem Todesfall einer nahestehenden oder sonstwie bedeutsamen Person. Ebenso entstehen Anpassungsstörungen als Folge eines Umzuges, weil das gewohnte Umfeld zurückgelassen und eine neues, unbekanntes Umfeld vorgefunden wird (Umzug an einen neuen Lebensort, inklusive Emigration oder gar Flucht). Weiter treten Anpassungsstörungen auf, weil die persönliche Lebensentwicklung in eine neue Phase übergeht, beispielsweise neue Schulklasse, Vater- oder Mutterschaft oder Pensionierung. Schliesslich können Misserfolge beim Versuch, Lebensziele zu erreichen, eine solche Anpassungsstörung auslösen. 

Kurze versus längere depressive Reaktion

Anpassungsstörungen können entweder eine "kurze depressive Reaktion" (ICD-10 F43.20) oder eine "längere depressive Reaktion" aufweisen (ICD-10 F43.21). Bei einer kurzen Reaktion geht man von einem "vorübergehend leichten depressiven Zustand aus, der nicht länger als einen Monat andauert". Bei einer längeren depressiven Reaktion auf eine Anpassungsstörung geht man einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren aus. Ebenso können sich Ängste mit einer depressiven Reaktion als Folge einer Anpassungsstörung mischen und werden entsprechend separat kodiert (p. 165 zoom-link). 


depression

Das entleerte Selbst, Depression als "Nur-noch-Körper"

Eine interessante Sichtweise auf die Depression bietet uns ein eher grundsätzlicher Blick auf die menschliche Natur. Wir können das Tier "Mensch" so verstehen, dass wir in unserer evolutionären Gewordenheit aufgespalten wurden einerseits in einen Körper und andererseits in ein mit Symbolen funktionierendes Selbst, das über den Körper und die Begrenzungen der Natur hinausragen kann. Natürlich ist das Selbst körperlich-biologisch verankert. Es ist in verschiedenen Teilen des Gehirns "beheimatet". Es hat wie alle Organe auch als "zusammengesetztes Organ" eine evolutive Geschichte und entsprechende phylogenetische Vorläufer.

Hier der Gedankengang: Während einer depressiven Phase ist das symbolische Selbst zusammengebrochen. Wir sind quasi nur noch Körper. Beim Menschen ist es aber entscheidend, dass das Selbst und das Selbstgefühl dem Körper aktiv hilft, in Bewegung zu bleiben. Wer nur noch Körper ist und sein Selbst nicht mehr spürt, der ist depressiv. Depressivität ist ein Zustand, in dem der Mensch zu sehr Körper und zu wenig Selbst ist. Sein Selbst kann den Menschen aus seiner reinen Körperlichkeit nicht mehr herausheben. Das Selbst ist entleert und nur noch um wenige Emotionen wie Hoffnungslosigkeit, Wertlosigkeit und Hilflosigkeit organisiert. Wir müssen uns aber, um im alltäglichen Leben bestehen zu können, als wertvolle, in gewissem Sinne hoffnungsfrohe und fähige Kreaturen fühlen. Eine solche Entleerung des Selbst ist in der Natur des Menschen potentiell angelegt. Wie kann es zu einem solchen Zusammenbruch kommen?

Der Zusammenbruch steckt in der Natur des Menschen

Einerseits sind wir Tiere mit einem Überlebens- und Selbsterhaltungstrieb, genau so wie alle anderen Tiere, die aus der Evolution hervorgekommen sind. Im Unterschied zu allen anderen Tieren aber ist sich das menschliche Tier seiner eigenen Sterblichkeit bewusst. Das Sterblichkeitsbewusstein auf der einen und der Überlebenstrieb auf der anderen Seite lässt im Menschen einen permanent lähmenden, lebenslangen Konflikt entstehen, der bereits in der Kindheit anfängt. Wir werden uns im Alter von etwa drei bis fünf Jahren zunehmend bewusst, dass wir irgendwann und irgendwie sterben werden, trotz der unbändigen Kraft des Überlebenstriebes (zoom-link). Wir müssen deshalb dieses Sterblichkeitsbewusstsein ständig, und damit meine ich täglich, stündlich sogar, vor der Gewahrwerdung abwehren (ins Unbewusste verdrängen). Nur so gelingt es, dass wir unseren Lebenswillen möglichst unverfälscht (statt etwa eingeschränkt) wahrnehmen. Der Mensch ist das einzige Tier mit diesem lähmenden Dauerkonflikt.

Abwehr des Sterblichkeitsbewusstseins via Kulturangehörigkeit und Selbstwert

Wir schaffen es, das Sterblichkeitsbewusstein abzuwehren, indem wir auf zwei Abwehrmechanismen zurückgreifen. Einerseits eignen wir uns durch unser Aufwachsen in einer bestimmten Kultur und Gesellschaft Überzeugungen und "Glaubensinhalte" an, die uns ein möglichst stabiles Gefühl geben, dass wir in einem sinnhaften und dauerhaften Universum leben. Zusätzlich zu diesem kulturell geprägten "Überzeugungssystem" müssen wir uns als bedeutsame, wertvolle Individuuen fühlen, die an dieser sinnhaften, sinnstiftenden Kultur und Gesellschaft aktiv teilhaben, Wir müssen fühlen, dass wir darin einen sicheren, bedeutsamen Platz haben, welcher über unser blosses Einzeldasein hinausragt. Dieses Gefühl, bedeutsam und wertvoll zu sein innerhalb einer das Einzeldasein überdauernden kulturellen und gesellschaftlichen Ordnung, nennt man auch Selbstwert.

Doppelter oder einfacher Zusammenbruch des Selbst

Der Zusammenbruch des Selbst oder die Entleerung des Selbst kann nun doppelt sein. Erstens einmal, wenn wir nicht mehr an das kulturell verinnerlichte "Überzeugungssystem" glauben können und deshalb wackliger und haltloser werden. Und zum zweiten Mal, wenn wir nicht mehr fühlen, dass wir eine bedeutsame, wertvolle Rolle oder einen bedeutsamen, anerkannten und wertvollen Platz innerhalb des kulturellen oder gesellschaftlichen "Überzeugungssystems" haben. Das heisst, wenn unser Selbstwert zu gering geworden ist.  Es ist vor allem dieser Selbstwertzusammenbruch, der zu einer depressiven Episode führt. Fehlt das persönliche Gefühl der Bedeutsamkeit, der Einzigartigkeit und der individuellen Wertigkeit innerhalb des kulturellen Schemas, dann bleibt nur die sterbliche Körperlichkeit zurück. Damit kann sich der Mensch grundsätzlich nicht abfinden, weil er dann unmittelbar dem Gefühl der Todesfurcht ausgesetzt ist.

Man kann auch sagen, dass depressive Personen das Sterblichkeitsbewusstsein und damit die Furcht vor dem Tod nicht mehr erfolgreich abwehren können, weil sie sich, vorübergehend zumindest, nicht als wertvolle und bedeutsame Teilhaber der übergeordneten, sinnstiftenden Gesellschaft und Kultur fühlen können (zoom-link).

Literatur

Ernest Becker (1973): The Denial of Death. Free Press. New York

Sheldon Solomon, Jeff Greenberg, Tom Pyszczynski (2015): The Worm at the Core. Penguin Books. UK

 


Einen inneren Kritiker haben, der mich verachtet!

Wir alle haben einen inneren Kritiker. Dieser innere Kritiker reagiert innerlich darauf, was wir erleben. Er bewertet und warnt uns, äussert Ängste und analysiert all unsere Bewegungen und unser Verhalten. Er formuliert Erwartungen an uns selber und misst uns dann daran. Im guten Fall ist er ist wie ein "innerer Kollege", mit dem wir durchs Leben gehen, weil der "innere Kritiker" auch liebenswürdig und verzeihend sein kann gegenüber sich selber und auch gegenüber dem menschlichen Leben als solchem. Er kann still bleiben und "absichtlich" schweigen. Manchmal macht er uns sogar Mut und gibt uns ein Zeichen, dass wir uns auch in der Niederlage oder im Fehler lieber akzeptieren sollten.

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Aber bei der Depression ist dieser "innere Kollege" definitiv ein "innerer Feind". Die Stimme des inneren Kritikers während einer depressiven Episode ist verachtend. Er verachtet das eigene Selbst (von dem er übrigens ein Teil ist). Auch das Leben als solches scheint ihm nur noch kritisierbar und wertlos! Auf ihn zu hören lösen Emotionen der Hilflosigkeit, Wertlosigkeit, der Beschämung und Hoffnungslosigkeit aus. Er kann uns massiv beschuldigen für unser Verhalten und für unsere Persönlichkeit. Er lässt auch an der menschlichen Existenz kaum mehr ein gutes Haar. Während einer depressiven Episode ist es fast unmöglich, auf diese innere negative Stimme nicht zu hören. Sie drängt sich auf und beherrscht das Innenleben nahezu vollständig.

Zahrleiche Studien (zoom-link) belegen, dass ein "innerer Kritiker", der  harsch, hart, beschämend und verachtend mit einem selber umgeht, eine wichtige psychologische Ursache für die Depression selber ist. Wer diesen inneren Kritiker in seiner manchmal grenzenlosen Negativität in den Griff kriegen will, muss "zurückschlagen" und lernen, sich gegen diese innere Stimme zu wehren. Nur wenn der innere Kritiker (wieder) ein wohlwollender Kollege mit ausgewogenen kritischen Beiträgen zum eigenen Selbst wird, ist es möglich, die depressive Episode auch wirklich nachhaltig zu beenden.

 


Gesunde Wut wird unterdrückt

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Gesunde Wut, die nicht ausgedrückt, sondern für sich zurückbehalten wird, hat ausgeprägt negative Auswirkungen auf die eigenen Stimmung. Wut ist eine sehr energetische Emotion. Sie spannt die Muskeln an, die Atmung wird beschleunigt, stimulierende Hormone wie Adrenalin werden ausgestossen sowie eine Vielzahl weiterer physiologischer Prozesse kommen durch die Wutwahrnehmung in Gang. Wenn gesunde Wut gegenüber bedeutsamen anderen Personen nicht ausgedrückt wird, dann kann die betroffene Person versuchen, die Wut zu verdrängen. Aber die Verdrängung oder Selbstleugnung von wichtigen emotionalen Inhalten der Wut hat mit der Zeit einen den ganzen Organismus lähmenden Effekt. Diese Lähmung des Organismus kann sich als depressiven Zustand chronifizieren.

Bei psychotherapeutischen Behandlungen von depressiven Episoden zeigt sich oftmals, dass eine solche Wut seit längerem zurückbehalten wurde. Manchmal wird sogar ein eigentliches Muster deutlich. Das heisst, es geht nicht nur um eine bestimmte Situation, in der man sich zu sehr zurückgehalten und zu sehr klein beigegeben hat. Eine solche Situation war vielleicht der Auslöser der depressiven Episode. Vielmehr ist bei der betroffenen Person eine Umgangsform zu erkennen (ein Interaktionsstil), bei der sich der Betroffene stets zurückhält, auch dann, wenn er seinem Gegenüber Grenzen setzen , Nein sagen und für seine Bedürfnisse wehrhaft und selbstbewusst einstehen müsste. Stattdessen hält sich der Betroffene zu bedeckt, duckt sich zu schnell, hat Angst vor der Auseinandersetzung und scheut sich vor den Konflikten, die er mit wichtigen anderen Personen in seinem Leben eingehen müsste.

 


 

bipolardepression

Allgemeine Beschreibung: bipolare affektive Störung

Die bipolare affektiven Störung wird auch bipolare Depression oder bipolare Störung genannt. Früher war auch der Begriff der manisch-depressiven Erkrankung geläufig. Es handelt sich hier um eine Störung, die durch mindestens zwei Episoden charakterisiert werden kann, während denen die Stimmung und das Aktivitätsniveau der betroffenen Person deutlich gestört ist. Einerseits besteht eine der Episoden in einer gehobenen Stimmung, verstärktem Antrieb (-sgefühl) und erhöhter Aktivität. Das ist die sogenannte hypomanische oder manische Episode.

Andererseits besteht die Störung in einer zweiten, vor- oder nachgeordneten, Episode der Stimmungssenkung, des verminderten Antriebs (-gefühl) und der reduzierten Aktivität. Das ist die depressive Episode, welche den Kriterien einer leichten oder mittelgradigen depressiven Episode entspricht (siehe Depression). Zwischen den beiden entgegen gesetzten Episoden kehrt der Betroffene in der Regel zu einem normalen Antriebsmodus und ausgeglichener Stimmung zurück.

Die ICD-10 Diagnostik unterscheidet vor allem, ob es sich gegenwärtig um eine manische oder eine depressive Episode handelt. Entsprechend fallen auch die Kodierungen im ICD-10 aus. F31.0, F31.1 und F31.2 sind Kodierungen für "bipolare affektive Störung" mit einer gegenwärtig hypomanischen Episode. F31.3 und F31.4 sind Kodierungen für "bipolare affektive Störung" mit einer gegenwärtig depressiven Episode. 

Diagnostische Kriterien für eine Manie (ohne psychotische Symptome)

A. Die Stimmung ist vorwiegend gehoben, expansiv oder gereizt und für den Betroffenen deutlich abnorm. Diese Stimmung muss dominieren und mindestens eine Woche anhalten (es sei denn, eine Klinikeinweisung wird notwendig).

B. Mindesten drei der folgenden Merkmale müssen vorliegen und vier, wenn die Stimmung nur gereizt, aber nicht gehoben und expansiv ist. Die Merkmale müssen eine schwere Störung der alltäglichen Lebensführung verursachen:

  1.  gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit
  2. gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang)
  3. Ideenflucht - Gedankenrasen
  4. Verlust normaler sozialer Hemmungen, was u.U. zu einem unangemessenen Verhalten führt
  5. vermindertes Schlafbedürfnis
  6. überhöhte Selbsteinschätzung oder Grössenwahn
  7. Ablenkbarkeit oder ständiger Wechsel von Aktivitäten und Plänen
  8. tollkühnes oder rücksichtsloses Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen nicht erkennen, z.B. rücksichtloses Fahren, Bezahlen von Lokalrunden, törichte Unternehmungen etc.
  9. gesteigerte Libido oder sexuelle Taktlosigkeit

Die diagnostischen Kriterien für eine depressive Episode finden Sie hier.

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**Die hier aufgeführten Kriterien finden sich im "Taschenführer zur Klassifikation psychischer Störungen. Mit Glossar und Diagnostischen Kriterien. ICD-10:DCR-10. Forschungskriterien. Hans Huber Verlag. Erste Auflage 1999. Herausgeber in deutscher Sprache: Prof. Dr. H. Dilling. Auf der Grundlage von J.E. Cooper - Diagnostic Criteria for Research ICD-10:DCR-10"

 


woman man sad shutterstock 130134731Im Kapitel der psychischen Störungen und Verhaltensstörungen der internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (zoom-link) findet man den Begriff "Depression" nicht als alleinstehendes Wort. Vielmehr wird entweder von "depressiver Episode" gesprochen oder von "depressiver Störung", was aber auf das Gleiche herausläuft.

Depression: Allgemeine Beschreibung der depressiven Episoden

Grundsätzlich unterscheidet die Psychodiagnostik zwischen "leichten" (F32.0), "mittelgradigen" (F32.1) und "schweren Episoden" (F32.2 und F32.3). Allgemein formuliert leiden betroffene Personen unter einer gedrückten Stimmung. Antrieb und Aktivität sind vermindert. Interesse an den Dingen, die Fähigkeit zur Freude sowie die Konzentration sind ebenso verringert. Anstrengungen, selbst geringe, führen schnell zu Müdigkeit. Oft ist der Schlaf gestört, ebenso der Appetit (meist vermindert), Ausnahmslos sind Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen deutlich verringert. Schuldgefühle und ein Grübeln über die eigene Wertlosigkeit sind bei allen drei Formen der depressiven Episode, auch bei der leichten, vorhanden. Eine Veränderung der gedrückten Stimmung ist nicht wirklich feststellbar, das heisst, sie verändert sich nicht von Tag zu Tag, auch nicht bei Veränderungen der Alltags- oder Lebensumstände. Diese negative Stimmung kann von sog. "somatischen" Symptomen begleitet werden, darunter Interessenverlust oder Unfähigkeit, sich zu freuen, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetit-, Gewichts- und Libidoverlust".

Allgemeine diagnostische Kriterien für alle Formen (G = general)

G1. Die depressive Episode sollte mindestens zwei Wochen dauern

G2. Es können keine manischen oder hypomanischen Symptome festgestellt werden, welche eine Diagnose für Manie oder Hypomanie erfüllten (F30)

G3. Ausschlussklausel: Die depressive Episode kann nicht auf einen Missbrauch psychotroper Substanzen zurückgeführt werden (F1)

Diagnostische Kriterien bei der "leichten depressiven Episode" - F32.0

Von einer "leichten depressiven Episode" wird gesprochen wenn:

A. die generellen Kriterien erfüllt sind (G1 - G3, siehe oben) erfüllt

B. Mindestens zwei der folgenden drei Symptome vorliegen, nämlich:

  1. depressive Stimmung, die meiste Zeit des Tages, deutliches Ausmass erreichend, fast jeden Tag, im Wesentlichen unbeeinflusst von den Umständen und mindestens zwei Wochen lang
  2. Interessenverlust oder Verlust der Freude an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren
  3. verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit

C. Eins oder mehrere zusätzliche der folgenden Symptome, so dass die Gesamtzahl aus B. und C. vier oder fünf ergibt:

  1. Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
  2. unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
  3. wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an Suizid, suizidales Verhalten
  4. Klagen über oder Nachweis eines verminderten Denk- oder Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit
  5. psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung
  6. Schlafstörungen jeder Art
  7. Appetitiverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung

Diagnostische Kriterien bei der "mittelgradigen depressiven Episode" - F32.1

A. Die allgemeinen Kriterien für eine depressive Episode sind erfüllt (G1- G3, siehe oben)

B. Mindestens zwei der drei Symptome von der Punkt-B-Liste sind vorhanden (siehe Punkt-B-Liste unter "leichte depressive Episode)

C. Zusätzliche Symptome sind bei Kriterienliste C vorhanden (siehe C-Liste oben "leichte depressive Episode) , so dass die Gesamtzahl aus B und C sechs bis höchstens sieben Symptome ergibt.

Diagnostische Kriterien bei der "schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome" - F32.2

A. Die allgemeinen Kriterien für eine depressive Episode sind erfüllt (G1- G3, siehe oben)

B. Alle drei Symptome sind vorhanden (siehe Punkt B "leichte depressive Episode)

C. Zusätzliche Symptome sind bei Kriterienliste C vorhanden (siehe oben "leichte depressive Episode) , so dass die Gesamtzahl aus B und C mindestens acht Symptome ergibt.

D. Keine Halluzinationen,Wahn oder depressiver Stupor

"Somatische" Symptome

Einige depressive Symptome haben eine allgemein anerkannte spezielle klinische Bedeutung und werden hier "somatisch" genannt. In anderen Klassifikationen verwendet man unter Umständen dafür das Wort "biologisch", "vital" oder auch "endogenomorph". Wenn mindestens 4 der unten stehenden Kriterien erfüllt sind, dann wird in der fünften Stelle des Codes für "leichte depressive Episode" sowie für "mittelgradig depressive Episode" noch eine Zusatzkodierung angefügt, um anzuzeigen, dass es starke "somatische" Begleiterscheinungen der jeweiligen depressiven Episode gibt. Bei der "schweren depressiven Episode" gehören diese Kriterien automatisch dazu und werden nicht extra kodiert. Da zahlreiche unter "somatisch" aufgeführten Kritieren bereits separat für die "leichte" sowie die "mittelgradige" depressive Episode speziell aufgeführt werden, gibt es hier automatisch Überschneidungen.

  1. deutlicher Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
  2. mangelnde Fähigkeit,, auf Ereignisse und Aktivitäten emotional zu reagieren, die normalerweise eine Reaktion hervorrufen
  3. Früherwachen, zwei Stunden oder mehr vor der gewohnten Zeit
  4. Morgentief
  5. psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit (von anderen bemerkt oder berichtet)
  6. deutlicher Appetitverlust
  7. Gewichtsverlust von 5% oder mehr zum vergangenen Monat
  8. deutlicher Libidoverlust

 

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**Die hier aufgeführten Kriterien finden sich im "Taschenführer zur Klassifikation psychischer Störungen. Mit Glossar und Diagnostischen Kriterien. ICD-10:DCR-10. Forschungskriterien. Hans Huber Verlag. Erste Auflage 1999. Herausgeber in deutscher Sprache: Prof. Dr. H. Dilling. Auf der Grundlage von J.E. Cooper - Diagnostic Criteria for Research ICD-10:DCR-10"

 


Einleitung

In ihrem Buch "Working with Emotions in Psychotherapy" (2003, p.84 ff) unterscheiden Greenberg und Paivio drei verschiedene Formen von "problematischen emotionalen Zuständen" (three different forms of problematic emotion states).

  1. Kein bewusstes Wahrnehmen (Unterbrechen) einer vorhandenen primären adaptiven Emotion
  2. Dominanz von sogenannten "bad feelings"
  3. Schmerzhafte Gefühle und traumatische Erlebensinhalte

Diese Zustände sind jeweils problematisch hinsichtlich der Art, wie der Klient seine Emotionen verarbeitet. Es sind also problematische Prozesse, die zu Stagnation und Leiden führen respektive das Leiden aufrecht erhalten. Das Identifizieren dieser unterschiedlichen problematischen emotionalen Zustände zieht unterschiedliche Behandlungsangebote nach sich. Endziel eines emotionsfokussierten therapeutischen Prozesses ist stets, dass der Klient seine primären adaptiven Emotionen wahrnimmt sowie das entsprechende Bedürfnis dazu. Dafür sucht man in der Therapie (und ausserhalb im "richtigen" Leben) einen geeigneten Ausdruck, welcher dann die gesunde Handlungstendenz, die in der primären adaptiven Emotion steckt, unterstützt.

Im Folgenden möchte ich diese drei verschiedenen problematischen Emotionsprozesse sowie deren psychotherapeutischen Umgang skizzieren.

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1. Kein bewusstes Wahrnehmen der bereits vorhandenen primären adaptativen Emotion

Dieser problematische Zustand könnte man damit umschreiben, dass eine "gesunde" emotionale Reaktion in Reichweite wäre. Allerdings wird diese emotionale Reaktion nicht wahrgenommen, ihr Wahrnehmen wird unterbrochen und bleibt unbewusst. Ein Beispiel wären Trauergefühle nach einem Verlust (gesunde emotionale Reaktion). Stattdessen herrschen sekundäre emotionale Zustände vor wie depressive Gefühle, eventuell sekundäre Wut.

1.1 Woran erkennt man diesen problematischen Zustand?

Der Haupthinweis (marker) dieses Zustands besteht darin, dass von Anfang an, aus Sicht des Therapeuten zumindest, im Ansatz eine gesunde Handlungstendenz sichtbar vorhanden ist, allerdings nicht umgesetzt werden kann. Sichtbar ist die gesunde, adaptive Handlungstendenz beispielsweise an ihren non-verbalen Ausdrücken: Trauer im Gesicht, im Tonfall der Stimme, in der Gestik und Körperhaltung. Bestimmte Wörter, die der Klient verwendet, können ebenfalls auf das nicht bewusste Vorhandensein der adaptiven primären Emotion hinweisen.

1.2 Was ist zu tun?

1. Durch empathische Bezugnahme sowie weitere Behandlungsangebote (beispielsweise Focusing) muss die Bewussstwerdung und Wahrnehmung der bereits vorhandenen gesunden emotionalen Reaktion gefördert werden.

2. Der Klient muss sich die Emotion aneignen und sie als solche für sich anerkennen (owning of the emotion).

3. Der Klient drückt die Emotion verbal gegenüber dem Therapeuten oder einem imaginierten bedeutsamen Anderen aus.

 

2. Dominanz von sogenannten "bad feelings"

Wenn sogenannte "schlechte Gefühle" (bad feelings) dominieren, dann ist damit gemeint, dass sich der Klient wertlos, hoffnungslos, hilflos, ungeliebt, als Versager, schuldig oder beschämt fühlt (die Auflistung ist hier nicht vollständig). Das sind alles sogenannte sekundäre Emotionen (meistens jedenfalls). Sekundäre Emotionen verweisen auf die primären Emotionen, allerdings ist es in diesem Anfangsstadium noch unklar, ob das darunter liegende primäre Emotionsschema adaptiv oder maladaptiv ist. Wenn das darunter liegende Emotionsschema maladaptiv ist, dann haben wir es häufig mit einer mehr oder weniger komplexen Sequenz von Gefühlen und Kognitionen (Werten, Erwartungen, Bewertungen) zu tun, die mit vergangenen Erfahrungen aus dem Leben zusammenhängen (Erinnerungen). Diese Sequenz muss exploriert werden, bis es gelingt, das maladaptive primäre Emotionsschema explizit wahrzunehmen, das heisst bewusst zu machen.

2.1 Woran erkennt man diesen problematischen Zustand?

Der Klient äussert von sich aus Gefühle der Wertlosigkeit, Hilflosigkeit und der Hoffnungslosigkeit. Er fühlt sich unerklärlich schuldig oder beschämt. Er kritisiert sich dafür innerlich und schwankt zwischen Resignation und Protest. Es ist offensichtlich, dass es sich um sekundäre Emotionen handelt (Marker), die auf ein maladaptives Emotionsschema verweisen.

2.2 Was ist zu tun?

1. Zuerst geht es darum, den emotionalen Zustand der "bad feelings" zu aktivieren. Meist ist das kein Problem, denn deswegen ist der Klient / die Klientin in der Therapie. Voraussetzung ist aber, dass der Klient / die Klientin sich sicher fühlt, solche Gefühle wie der eigenen Wertlosigkeit auch äussern zu können. Es braucht einen sicheren, vertrauenswürdigen Rahmen und die entsprechenden nicht-wertenden Haltungen des Therapeuten (personzentrierte Grundhaltungen nach Rogers).

2. Fast immer haben die Klienten einen inneren Dialog mit sich selber. Einerseits verspüren sie die "schlechten Gefühle", andererseits reagieren sie auch innerlich bereits darauf. Diesen inneren Selbstdialog gilt es zu nutzen und "hörbar" zu machen. Indem man verschiedene Stühle benutzt, um die unterschiedlichen emotionalen Schemas darzustellen, kann ein Bewusstmachen des inneren Dialogs erleichtert werden.

3. Die dahinter steckende maladaptive Emotion gilt es zu benennen, das heisst zu symbolisieren.

4. Der Klient ist immer auch "Erschaffer" dieser maladaptiven Emotion und der damit zusammenhängenden "Glaubenssätze", die ihn gefangen halten im Leiden. Es gilt, sich dieser Rolle bewusst zu werden.

5. Wenn dieser Bewusstwerdungsprozess gelingt, dann wird es möglich, nach neuen angepassteren Emotionen und "Glaubenssätze" zu suchen. Die bisher immer zu kurz gekommenen Bedürfnisse, welche hinter der maladaptiven Emotion versteckt waren, können nun mit der neuen, angepassteren Emotion verbunden werden.

 

3. Schmerzhafte Gefühle und traumatische Erlebensinhalte

Schmerzhafte Gefühle, psychische Schmerzen sowie unter Umständen damit verbundene traumatische Erfahrungen sind die dritte Kategorie der problematischen Emotionszustände. Diese Emotionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie der Klient eigentlich am liebsten vermeidet, um die damit verbundenen schmerzhaften emotionalen Inhalte nicht zu spüren und die traumatisierenden Erinnerungen aus der Wahrnehmung zu verbannen. Paradoxerweise sind hier Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit keine maladaptiven Emotionen, sondern sind angemessen. Es geht darum, sich diesen und anderen schmerzhaften Emotionen zu stellen und sie vollständig zuzulassen. Nur wenn dies gelingt, so kann der Klient sich psychisch erholen. Denn dann wird er in Kontakt treten mit seinem Überlebenswillen und seiner Lebenskraft im Allgemeinen und bereit sein, aus der Not eine neue Tugend zu machen.

3.1 Woran erkennt man diesen problematischen Zustand?

Am Auffälligsten ist natürlich der emotional empfundene Schmerz und die entsprechende Vermeidung, sich darauf einzulassen. Viele Strategien des Ablenkens und Nicht-Wahrnehmens kommen hier, je nach Klient, zum Zuge, inklusive das Konsumieren von psychoaktiven Substanzen, um den Schmerz zu "anästhesieren". Der Marker für diesen Zustand ist häufig ein altes, nicht befriedigtes Bedürfnis oder Anliegen, so dass die adaptive Handlungstendenz nicht zur Geltung kommen konnte und unterdrückt werden musste/muss aufgrund der traumatisierenden Interaktionen von damals.

3.2 Was ist zu tun?

1. Annäherung an den Schmerz ermöglichen, Vermeidung abbauen

2. Aneignung der Tatsache, dass man selber die Vermeidung aktiv betreibt (agency of interruption) und erkennen, wie man die Wahrnehmung der Emotion unterbricht. Welche negativen "Glaubenssätze" über einen selber und über sein Leben helfen beim Unterbrechen?

3. Bewusstmachung des nicht befriedigten Bedürfnisses oder des ignorierten emotionalen Anliegens zum Zeitpunkt der schmerzhaften Erfahrung.

4. Ermutigung, dass involvierte Drittpersonen in symbolischen Handlungen die Verantwortung auf sich nehmen müssen - symbolisches von sich Weisen falscher Zuständigkeit, Verantwortung und Schuld

5. Loslassen des Schmerzes, Selbstbehauptung und Kontakt mit dem positiven Überlebenswillen

Literaturnachweis

Leslie S. Greenberg, Sandra C. Paivio (1997): "Working with Emotions in Psychotherapy". Paperback Edition (2003). The Guilford Press

 


freundlichsein Urheber: de.123rf.com/profile_sabinezia|Standardlizenz erworben|Foto verändert durch Autor fmFreundlich sein und Selbstachtung - psychologisch-philosophische Betrachtung

In seinem Bestseller "Wer bin ich, und wenn ja, wieviele?" schrieb Richard David Precht**, dass viele Philosophen vor Kant die Notwendigkeit von Moral als Verpflichtung gegenüber Gott begründeten (p. 167). Kant selber aber, so Precht, löste die Frage der Moral von der Religion. Kants "Pointe" vom moralischen Gesetz im Menschen bestünde darin, dass der Mensch aus Selbstachtung moralisch handeln sollte, denn der Mensch solle "sich selber verpflichtet sein". Also beispielsweise freundlich sein als praktischer Ausdruck der Moral, weil es letztlich dem Menschen (mir selber) entspricht respektive meinem menschlichen Wesen. Und nicht etwa, weil es eine Verpflichtung darstellt gegenüber einem höheren Wesen .

Zwar räumt Precht ein, dass sich die Selbstachtung mit den Nöten der Selbstbehauptung kreuzt. Genau so wie die Selbstachtung ein wesentlicher Teil eines jeden Menschen ist, so ist auch die Selbstbehauptung ein wesentlicher Teil der menschlichen Natur. Wenn aus der Selbstachtung abgeleitet werden darf, dass ich zu anderen Menschen freundlich sein sollte, dann muss ich aus der Selbstbehauptung ableiten, dass ich anderen Menschen manchmal Grenzen setzen muss. Das eine verträgt sich dann nicht zur gleichen Zeit respektive in der gleichen Situation mit dem anderen.

Wertvoller Gedanke: Freundlich sein als Selbstachtung

Abgesehen aber von diesem Fall finde ich den Gedanken Kants (respektive Prechts) sehr wertvoll für die Gestaltung von zwischenmenschlichem Verhalten. Und damit auch für die Gestaltung von meinem Verhalten gegenüber anderen. Wenn "freundlich sein" als ein möglicher Ausdruck von moralisch richtigem Verhalten nicht metaphysisch zu begründen ist (ich wüsste nicht, wie man überhaupt etwas metaphysisch begründen kann), sondern vielmehr mit meiner menschlichen Natur zu tun hat, denn entsteht allenfalls eine neue Verpflichtung: Nämlich die Verpflichtung, freundlich zu sein gegenüber meinen Mitmenschen. Und wenn ich diese Verpflichtung ernst nehme, dann deshalb, weil ich meine menschliche Natur, in der moralisches Verhalten angegelegt ist, ernst nehme.

Freundliches Verhalten ist übrigens gemäss neuerer Hirnforschung deshalb in der menschlichen Natur angelegt, weil wir über die vom italienischen Hirnforscher Giacomo Rizzolatti 1992 entdeckten und so benannten Spiegelneuronen verfügen. Wir empfinden grundsätzlich das Gleiche, ob wir es nun an uns selber erleben (z.B. Schmerz) oder ob wir es einfach passiv nachvollziehen, zum Beispiel durch Beobachtung. Mitgefühl ist im Tierreich weit verbreitet. Und wir sind aus der Evolution des Lebens entstandene (Säuge-) Tiere.

Freundliches Verhalten hat mit Selbstachtung in dem Sinne zu tun, wie es eben zu unserer über die Evolution entwickelten menschlichen Natur gehört. Wenn die Notwendigkeit der Selbstbehauptung nicht gegeben ist, dann habe ich eigentlich stets die Möglicheit, freundlich zu sein oder zumindest einigermassen freundlich zu bleiben. Und zwar nicht, weil es meinen Mitmenschen (z.B. meiner Partnerin) so am besten geht. Sondern weil ich dadurch auch mich selber achte. "Es gibt kein 'moralisches Gesetz' im Menschen, wie Kant meinte, das ihn zum Gutsein verpflichtet. Aber moralisches Handeln ist entstanden, weil es sich oft für den Einzelnen und für seine Gruppe lohnt", so Precht (p. 176)

Ich finde diesen Gedanken sehr wertvoll. Gerade im Zusammenhang mit nahen und uns wichtigen Beziehungen. Bleiben Sie freundlich, so sind Sie am ehesten sich selber!

Literaturnachweis

** Richard David Precht (2007): "Wer bin ich und wenn ja, wie viele?" Goldmann Verlag

richarddavidprecht

 

 


fremdgehenMein Partner hat mich betrogen

Der Umgang mit Sexualität ausserhalb der Beziehung ist unter anderem davon abhängig, welche Werte und welche Art von Beziehung die Partner führen möchten. Für einige ist eine “freie” Sexualität vorstellbar und auch lebbar. Für viele ist das aber nicht der Fall.

Wenn einer der Partner den andern sexuell betrogen hat, das heisst, eine Affäre, eine Liason, bezahlten Sex oder einfach ein sexuelles Abenteuer hatte, so reagieren die meisten von uns sehr verletzt und gekränkt. Für viele ist es ein Scheidepunkt. Kann ich noch mit meinen Partner weiter zusammen sein? Was mache ich mit meinen Gefühlen zu ihm? Weshalb ist das passiert? Der emotionale Schmerz ist sehr gross, manchmal fast nicht zum Aushalten.

Passive Traumatisierung

Betrogen worden sein kann wie eine Traumatisierung empfunden werden. Dies hat mit dem Bindungsgefühl zu tun, das wir für unserem Partner haben. Ein Bindungsgefühl ist dann intakt, wenn wir sicher sind, dass wir den Partner “haben”, uns wichtig und bedeutsam fühlen für ihn und davon ausgehen können, dass er respektive sie da ist, wenn wir den Partner brauchen. Das, was also das Bindungsgefühl ausmacht, wird durch Fremdgehen häufig tief erschüttert. Wir geraten in eine Art Alamzustand. Wir haben auch das Gefühl, einen Schaden erlitten zu haben. Dieses Gefühl macht besonders hilflos, weil der betrogene Partner im ersten Moment keinen offensichtlichen Zusammenhang herstellen kann zwischen dem Fremdgehen und der eigenen Beziehung. Bei länger andauernden Affären, die “aufliegen”, entsteht auch die Situation, dass vieles, was gemeinsam erlebt worden ist, auf einmal in einem andern Licht erscheint. Als ob alles, was man gemeinsam erlebt hatte, nicht mehr gilt respektive sich entwertet anfühlt.

Die emotional grösste Schwierigkeit für einen betrogenen Partner ist es, den Schmerz nicht dauernd in Wut und Ärger umzuwandeln

Fremdgehen als Rückzug von der eigenen Beziehung

Wenn man die Geschichte der Beziehung anschaut, so taucht häufig ein Punkt auf, bei dem derjenige, der fremd gegangen ist, sich innerlich von der Beziehung zurückgezogen hat. Dieser Rückzug wurde aber nicht wirklich sichtbar für den betrogenen Partner, es wurde nicht wirklich darüber geredet. Solche Rückzüge können langsam, schleichend entstehen und mit der Zeit ein grosses inneres Vakuum entstehen lassen, in das dann eine Affäre oder ein sonstiges Fremdgehen “hineinschlüpft”.

Für Paare, die weiter zusammen bleiben wollen, ist es am besten, das Fremdgehen als Symptom für eine negative Beziehungsdynamik anzuschauen. Was drückt das Symptom aus? Wie entstand die negative Nähe, welche Bindungsbedürfnisse wurden frustriert, wie war das mit der Sexualität in der Beziehung?

Den Schmerz überwinden – Scham und Schuld auf sich nehmen – Vertrauen fassen

Die emotional grösste Schwierigkeit für einen betrogenen Partner ist es, mit dem Schmerz umzugehen und ihn nicht dauernd in Wut und Ärger umzuwandeln. Ebenso gross ist die Schwierigkeit, die Angst, es könnte wieder passieren, zu regulieren. Viele Betrogene tun sich deshalb schwer mit der Situation, weil es ihren Selbstwert angreift. Was hat der andere, die andere, was ich nicht habe? Einen Teil in ihnen quält sich und wertet sich massiv ab. Nur wenn diese Selbstabwertung gestoppt werden kann, dann ist es auch möglich, dem Ereignis in die Augen zu schauen und sich zu fragen: Was brauchen wir, was fehlte uns, was ist für die Zukunft wichtig, was lernen wir daraus? Der Partner, welche fremd gegangen ist, muss emotional wirklich nachvollziehen, was er respektive sie ausgelöst hat. Er muss der andern Person zeigen können, dass er den Schmerz nicht nur versteht, sondern dass er / sie emotional auch die Verantwortung auf sich nimmt. Es geht hier um Scham und Schuld. Scham, die Bindung verletzt zu haben, und Schuld (respektive Verantwortung), der andern Person zumindest im ersten Moment emotionalen Schaden zugefügt zu haben. Dieses Bild kann sich im Verlauf des Prozesses noch ändern. Meistens ist es sogar zwingend, dass man von der rein persönlichen auf die Beziehungsebene wechselt. Einen konstruktiven Umgang mit diesen Emotionen ist eine grosse Herausforderung.

Eine Paarberatung kann helfen

Eine Paarberatung kann helfen, die Wut, die Enttäuschung und die Verletzung, die Hinterfragungen und Selbstzweifel aufzufangen. Sie kann helfen, dass ein konstruktiver Ausdruck dieser Gefühle und Gedanken gelingt, ohne dass noch mehr Geschirr zerschlagen wird. Eine Paarberatung kann auch helfen, das Verständnis davon, welche Art von Nähe für die Partnerschaft wirklich wichtig ist, zu fördern, so dass Rückzug oder Angriff-Rückzugs-Schemas in der Partnerschaft sich nicht mehr auf die gleiche Art wiederholen. Wenn Selbstzweifel des betrogenen Partners und der Schmerz daraus sehr stark sind, können Einzelsitzungen helfen, das Ereignis des Betrogenworden-Seins ins richtige Licht zu rücken. Es ist nämlich nicht so, dass Fremdgehen primär etwas über die Person und ihren Wert aussagt. Fremdgehen sagt primär etwas über die gemeinsame Beziehung aus: Was gefehlt hat, was wichtig gewesen wäre, über die Art und Weise, wie in der Beziehung mit Verletzungen umgegangen wird, ob Rückzug und Angriff dominierten statt die Fähigkeit, eigene negative Emotionen offen zu legen und auszudiskutieren, ohne dass Bindungsalarm entsteht.

 

 


Die Essstörungen werden in der International Classification of Mental Disorders (ICD-10) den sogenannten “Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren” zugeordnet (diagnostische Kodierung: F5). Dazu gehören die Anorexia nervosa (Anorexie, F50.0), die atypische Anorexia nervosa (F50.1), die Buliimia nervosa (Bulimie, F50.2), die atypische Bulimia nervosa (F50.3) sowie “Essatacken bei sonstigen psychischen Störungen (F50.4).

anorexieAnorexie kann im Endstadium tödlich sein. Eine Psychotherapie ist in jedem Fall angezeigt. Je nach Alter und Partnerkonstellation kann auch eine Familientherapie sowie eine Paartherapie indiziert sein. Im Folgenden soll das klinische Störungsbild der Anorexia nervosa kurz beschrieben werden. Die Anorexie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Gewichtsverlust absichtlich selbst herbeigeführt oder aufrechterhalten wird (zum Beispiel nach einer durchaus sinnvollen Diät). Die spezifische Psychopathologie, mit der die Krankheit verbunden ist, betrifft die Angst vor einem dicken Körper und einer zu schlaffen Körperform als eine tiefverwurzelte überwertige Idee. Diese fixe Idee ist Auslöser für das Festlegen einer sehr niedrigen Gewichtsschwelle, um die die Betroffenen ringen. Betroffen sind vor allem junge Frauen und Mädchen, zu einem geringeren Anteil junge Männer (beide Geschlechter ab Pubertät). Frauen können bis zur Menopause davon betroffen sein. Auch vorpubertäre Anorexien sind möglich. Zu den Symptomen gehören die eingeschränkte Nahrungsauswahl, übertriebene körperliche Aktivitäten, selbstinduziertes Erbrechen und Abführen sowie der Gebrauch von Appetitzüglern und Diuretika.

Diagnose

Die Diagnose Anorexie wird aufgrund des Erfüllens folgender fünf Kriterien gestellt: 1. Tatsächliches Körpergewicht ist mindestens 15% unter dem erwarteten Gewicht, oder es wird ein BMI von unter 17,5 gemessen (ursprünglich auch Quetelet-Index genannt). 2. Der Gewichtsverlust ist selbst und willentlich herbeigeführt. 3. Körperschema-Störung in Form einer spezifischen psychischen Störung: die Angst, zu dick zu werden. 4. Endokrine Störung (Amenorrhoe bei Frauen, Libido- und Potenzverlust bei Männern). 5. Bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte verzögert oder gehemmt (z.B. Wachstumsstopp, Geschlechtsmerkmalwachstum verzögert).

Presse:

* International Classification of Mental and Behavioural Disorders, herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation WHO

 

 


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depersonalisation

Das Syndrom der Derealisation respektive Depersonalisation wird von der ICD-10* als eine eher selten anzutreffende Störung repertoriert. Bei dieser psychischen Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit seiner selbst klagen betroffene Personen spontan darüber, dass sich die Qualität seines Körpergefühls, die Wahrnehmungsqualität seiner Umgebung, aber auch seiner mentalen Aktivitäten verändert haben. Die Patienten berichten dabei, dass ihre Wahrnehmung ihnen selber als “unwirklich” erscheint.

Ebenso gehört zur Patientenschilderung, dass sie alles wie in “weite Ferne gerückt” wahrnehmen, insbesondere die Qualität ihrer Körperwahrnehmung, zusätzlich zur Wahrnehmung der Umgebung und ebenso ihrer geistigen Aktivität.

Das ICD-10 beschreibt alternativ zur Wahrnehmungseigenschaft “Ferne” die Eigenschaft “automatisiert”. Das heisst, Patienten berichten, dass ihnen ihre Wahrnehmung wie “automatisiert” vorkommt, also ihrer Willenseinwirkung vollkommen entzogen. Betroffene können demnach das Gefühl haben, ein von ihnen nicht mehr steuerbares, automatisiertes Erleben zu besitzen.

Betroffene beklagen sich oft, dass sie einen entsprechenden Verlust an Emotionen erleben. Sie erleben auch eine Art Entfremdung und eine “Losgelöstheit” vom persönlichen Denken, das bisher immer als das eigene Denken wahrgenommen werden konnte.
Wichtig ist bei diesem dramatischen Störungssyndrom, dass sich die Personen durchaus der veränderten inneren Lage bewusst ist. Sie können deutlich sagen, dass sie es selber als unwirklich empfinden. Das heisst, sie haben die Fähigkeit, einen Vergleich zwischen “früher” und “jetzt” zu ziehen und weisen also ein Kontrasterleben zum Zustand auf, als die Unwirklichkeitsgefühle noch nicht vorhanden waren. Entsprechend ist die Möglichkeit des emotionalen Ausdrucks der Personen unverändert normal geblieben. Sie können über ihren Zustand Bescheid geben und ihn Drittpersonen in der Regel verbal vermitteln oder zu erklären versuchen.

Unterscheidungen

Die oben beschriebene Störung muss von verschiedenen Störungsbildern unterschieden werden. Bei der Persönlichkeitsänderung handelt sich oft um eine Zustands- und “Charakter-“veränderung der Person aufgrund einer Krankheit oder aufgrund einer Jahre andauernden belastenden Situation, die tiefe Spuren in der Person hinterlassen musste (F62.0, andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung wie Folter, Gefangenschaft etc.). Ebenso davon unterschieden werden müssen alle dissoziativen Störungen, Schizophrenie oder beginnende Demenz. Selbstredend sind alle Störungsformen, die dem geschilderten Depersonalisationssyndrom ähnlich sind, aber aufgrund von Einnahme von psychoaktiven Substanzen, entstehen, ausgenommen.

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf).

 

 


psyaspect

Autor: psyaspect© Reto Mischol, MSc Fachpsychologe FSP

Das Leben fordert mehr als nur Raum für Aufmerksamkeit dem Partner oder der Partnerin gegenüber. Job, Hausarbeit, Kinder und vieles mehr lassen das früher ‚Wichtigste und Liebste’ oft im Hintergrund verblassen. Rückzug, Kränkung und Enttäuschung sind mögliche Folgen. Neuorientierung und Rückbesinnung auf das faszinierende Zweisame werden wichtig – aber wie?

Vieles beginnt bei sich selbst – Das machen Sie für sich alleine!

– Erinnern Sie sich an das was Ihnen an Ihrem/r Partner/in in der Kennenlernphase besonders gefallen hat. Versuchen Sie sich an das Besondere und Einzigartige zu erinnern das Sie angesprochen hat. Nutzen Sie dafür auch Fotos und Filme aus dieser Zeit. Oft sind es genau diese faszinierenden Eigenschaften, die auch später

 Herausforderungen darstellen gut damit umzugehen. Z.B. das selbstsichere Auftreten, das schlussendlich auch eine klare Vorstellung dessen beinhaltet was man will!

– Nehmen sie sich im Alltag regelmässig eine Auszeit, 1‐2 Stunden, die nur Ihnen zur Verfügung stehen, jenseits aller Verpflichtungen und Sachzwänge. Sie brauchen eine gute eigene Basis, um auch gut im Kontakt mit Ihren Mitmenschen, im Besonderen mit Ihrem Partner, zu sein. Oft leidet das Paarklima auch unter der Belastung in anderen Lebensbereichen. Wer sich auf der Grenze zum Burnout bewegt ist kaum in der Lage in einer Paarbeziehung zu geben und zu nehmen. Das Wohlbefinden des Einzelnen ist auch bedeutsam für eine gute Paarbeziehung.

– Befindet sich Ihr Partner in einer akuten Krise, so achten Sie gut darauf was sie ihm bieten können und was nicht. Oft sind wir mit Problemen unserer Mitmenschen stark belastet bis überfordert. Stehen Sie zur Verfügung, motivieren Sie jedoch auch Hilfe andererseits in Anspruch zu nehmen.

– Seinen Sie sich Ihrer destruktiven Kraft bewusst. Paare, die bereits seit längerem Konflikte erleben kennen die Schwachpunkte ihres Gegenübers ganz genau. Schwere emotionale Verletzungen werden so leicht zugeführt. Leben Sie auch in Konflikten Fairness im Gegensatz zum absoluten Anspruch zu siegen’!

Vieles macht zu zweit mehr Spass ‐ Das machen Sie gemeinsam!

– Teilen Sie sich Ihrem Partner mit! Es ist wichtig, dass sie voneinander wissen was für Gedanken im Raum stehen. Sie brauchen Orientierung bez. in der gemeinsamen Welt. Was wird gedacht, gefühlt und wo werden Freuden aber auch Ärger wahrgenommen.

– Kommunizieren Sie achtsam und wertschätzend. Teilen Sie sich in der ’Ich‐Form’ mit! Du‐ Botschaften sind wenig geeignet in belasteten Problemfeldern. Lassen Sie Ihren Partner ausreden, hören Sie aufmerksam zu. Antworten Sie erst dann. Bleiben Sie mit Ihren Aussagen soweit möglich im Hier und jetzt, vermeiden Sie es alte Geschichten ins Feld zu führen.

– Planen Sie ‚Paarzeiten’ ein, die nur für Sie beide zur Verfügung stehen. Achten Sie jedoch auch darauf, dass Sie nicht Situationen wählen, die überfordernd sind. Am Anfang eignet sich das stumme Sitzen im Kino oft besser als das frontale sich gegenüber Sitzen bei einem Candellight-Dinner, um wieder etwas miteinander zu erleben. Auch ein Abend unter guten Freunden kann gemeinsame Zeit bedeuten, achten Sie dabei jedoch darauf auch wirklich das Gemeinsame zu pflegen.

– Intimität steht in Krisenzeiten oft nicht im Zentrum, trotzdem ist es wichtig sich auch in seinem Bedürfnis nach Nähe und auch Sexualität wahrgenommen zu fühlen. Sind wir frisch verliebt ergibt sich vieles von selbst. Befinden wir uns aber als Paar in einer schwierigen Phase helfen diesbezüglich klare Ich‐Botschaften und auch gemeinsame Vereinbarungen wann Nähe möglich sein soll, wann aber auch nicht.

– Versuchen Sie wertschätzend und aufmerksam für die Kleinigkeiten im Paaralltag zu sein. Machen Sie wieder einmal ein Kompliment oder ein kleines Geschenk. Erinnern Sie sich dabei auch was Ihrem Partner früher Freude gemacht hat.

– Versuchen Sie dabei sich selbst und Ihren Partner nicht unter Druck zu setzen. Probieren Sie gemeinsam Neues aus und erlauben Sie sich auch grosszügig Fehler zu machen.

– Überlegen Sie sich ob begleitete Gespräche hilfreich sein könnten.

Paarberatung findet jedoch nicht nur bei Krisen statt, sondern dient auch der Beziehungspflege.

Mögliche Themenkreise sind…

– Beratung bezüglich des Zusammenlebens, der Kommunikation und zur Entwicklung einer neuen Paarkultur

– Begleitung in Krisenzeiten und zur Bewältigung von akuten Konflikten

– Klärung bei Trennung und Scheidung

– Bereich Sexualität – Sexualtherapie

– allgemeine Beratung.

Bedürfnisse, Wünsche, Partnerschaftsprobleme und Enttäuschung, Hoffnung und Liebe können im neutralen Raum angesprochen werden und ein neues Verständnis für einander aufgebaut werden.

Ziele

– sich Sorgen und Ängste von der Seele reden

– neue Lösungsmöglichkeiten finden, sich danach besser und freier fühlen

– die alten Spannungen und Muster zwischen Mann und Frau entschärfen

– die eigenen und gemeinsamen Energien wieder finden.

Gemeinsam werden in der Beratung Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede geklärt. Ziel ist die Wiederherstellung von Freude und Lust aneinander und Übereinstimmung in Zukunftsfragen. Stehen Trennung und Scheidung bevor, so werden einvernehmliche Regelungen angestrebt.

 Der Artikel wurde zugesandt, August 2011 by www.psyaspect.com 

 

 


Einleitung

Die Unterscheidung in „körperliche“ und „psychische“ Abhängigkeit ist eine sehr populäre Vorstellung. Zu Recht, wie ich finde. Der menschliche Organismus scheint nämlich eine spontane Tendenz zu haben, Handlungen zu begünstigen, die zu einer möglichst schnellen Entspannung führen können. Oder anders ausgedrückt: Es ist für den menschlichen Organ-

ismus wichtig, Anspannungen aufgrund von Lebensproblemen und den dazugehörigen Stresssymptomen schnell loszu-

werden. Dabei sind dem Organismus auch “Lösungen” recht, die zu massiven Nebenwirkungen, geradezu zu Lebensbeeinträchtigungen führen können. Psychoaktive Substanzen (Drogen) sind eine solche “Lösung”: Sie können das Erleben der Anspannung relativ schnell verändern, ohne dass deswegen die Problemursachen aktiv angegangen werden müssen.

kiffencannabis

Psychoaktive Substanzen

Psychoaktive Substanzen können sowohl auf körperlicher wie auch auf psychischer Ebene zu Abhängigkeiten führen. Diese beiden Ebenen spielen ineinander. Wer dieses Ineinander-

spielen verstehen will, muss die Ebenen zuerst einmal getrennt anschauen. Unter psychoaktiven Substanzen versteht man alle Arten von Substanzen, die zu einer Veränderung des Verhaltens und Erlebens führen können, welche ohne die Zufuhr der Substanz nicht erfolgt wäre. Typische psycho-aktive Substanzen sind zum Beispiel Nikotin, Alkohol, Cannabis (THC), alle Opiate wie Kokain und Heroin, aber auch bestimmte Medikamente aus dem Bereich der Psychopharmaka. Im Folgenden geht es darum, die zwei unterschiedlichen Mechanismen der Abhängigkeit am Beispiel von Nikotin und Cannabis (THC) aufzuzeigen.

Wirkmechanismen der physischen Abhängigkeit

Der Grad der „körperlichen“ Abhängigkeit von einer Droge hängt von verschiedenen Faktoren: Wie hoch ist Absorbtionsgeschwindigkeit der Substanz durch den Körper? Wie schnell die Abbaugeschwindigkeit? Wie hoch ist (war) die (jeweilige) Dosierung? Wie gross ist die grundsätzliche neurobiologische Effektstärke der psychoaktiven Substanz ist? Wie lange dauert der regelmässige Konsum bereits? Das Zusammenspiel dieser Faktoren bestimmt die Ebene der körperlichen Abhängigkeit. Je nach Substanz, aber auch je nach Einnahmegewohnheit sind diese Faktoren unterschiedlich stark „im Spiel“.

Wirkmechanismus der psychischen Abhängigkeit

Die psychische Abhängigkeit entsteht hingegen ereignisgesteuert. Es braucht ein spezifisches Ereignis oder eine kontigente Ereigniskette. Unter „kontigent“ versteht man Ereignisse, die zeitlich und räumlich zusammenhängend wahrgenommen werden. Desweitern braucht es Lebensumstände und Probleme, die zu einer psychophysischen Anspannung und zu so genannten Stresssymptomen führen. Unter Stresssymptomen sind hier erhöhter Adrenalinausschuss, erhöhter Puls, mehr Transpiration, erhöhte galvanische Hautspannung, Pupillenerweiterung etc gemeint. Unter psychophysischer Anspannung verstehe ich folgendes: Unlust, Niedergeschlagenheit, Zorn, Ängste und Befürchtungen, pessimistische Gedanken etc. Psycho-physisch nenne ich diese Anspannungen deshalb, weil solche Gefühle und Gedanken eben auch ein körperliches Substrat haben. Sie tragen zu den messbaren Stresssymptomen bei und bilden die Verbindung zwischen der biologisch-körperlichen und der psychologischen Abhängigkeit.

Wenn nun in einem Zustand der psychologischen Anspannung eine psychoaktive Substanz konsumiert wird, so entsteht durch die Einnahme der Substanz ein real erlebter Abbau der Anspannung. Ebenso werden die Stresssymptome weniger deutlich wahrgenommen, es ensteht der Eindruck einer (Pseudo-) Reduktion. Dieser Spannungsabbau erfolgt dank der Droge. Er erfolgt nicht dank der Problemlösung. Das psychologisch Tückische an psychoaktiven Substanzen ist deren Fähigkeit, Stresssymptome und psychologische Anspannungen zu verändern, ohne das dazu passende (Lebens-) Problem verändern zu müssen.

Mit Lebensproblemen sind Probleme am Arbeitsplatz, in wichtigen Beziehungen oder auch Probleme im Zusammenhang mit einer als düster empfundenen Zukunftsaussicht gemeint. Solche Anspannungen respektive deren Ursachen, die Probleme eben, gehören zum Leben und können nicht einfach „abgeschafft“ werden. Sie sind im Gegenteil häufig wichtige Herausforderungen, an denen jede einzelne Person sich reibt und daran auch wachsen kann respektive wachsen muss (z.B. Entwicklungsaufgaben wie Berufsfindung im Jugendalter, Beziehung und Sexualität, Selbstwertentwicklung etc.)

Körperliche Abhängigkeit am Beispiel von Nikotin

Nikotin erzeugt, unter Berücksichtigung aller Faktoren, eine eher geringe körperliche Abhängigkeit. Allerdings sind die beiden Faktoren „Absorbtionsgeschwindigkeit“ und „Abbaugeschwindigkeit“ sehr ausgeprägt wirksam. Sie führen zu einem typischen Konsumverhalten, welches stark „physisch“ geprägt ist. Eine Dosis Nikotin in einer Zigarette wirkt nach ein paar Inhalationen bereits (im Sekundenbereich). Die Gesamtmenge einer Zigarette ist in ca. einer ¾ bis einer Stunde wieder abgebaut. Deshalb besteht bei vielen Rauchern auch das Bedürfnis, stündlich eine Zigarette zu konsumieren, damit der Nachschub an Nikotin für die neuronale Stimulierung gewährleistet bleibt. Der Abbau kann durch Trinken von Wasser noch deutlich beschleunigt werden, da Nikotin eine wasserlösliche Substanz ist.

Das „Verheerende“ an der Nikotinsucht ist also ihre schnelle Aufnahme und der schnelle Abbau. Dieser fast schon „frenetische“ Rhythmus bestimmt die körperliche Suchtkomponente bei Nikotin. Die Nikotin-Dosis ist hingegen in der Regel gering, die Effektstärke von Nikotin ebenso. Selbstverständlich kann man auch eine Nikotinvergiftung erleiden, allerdings sind solche Fälle selten. Dies zeigt, dass selbst bei massivster Dosierung der erzeugte Effekt nicht vergleichbar ist mit anderen Substanzen. Die Dauer der Einnahme von Nikotin spielt bei der körperlichen Abhängigkeit ebenso eine eher geringe Rolle, weil die Abbaugeschwindigkeit von Nikotin zu hoch ist. Deshalb darf zurecht behauptet werden, dass der Rauchstopp vor allem eine Frage der erfolgreichen Umstellung von Gewohnheit ist. Rauchstopp ist viel stärker eine psychologische Fragestellung und weniger eine Frage des klassischen Entzugs.

Körperliche Abhängigkeit am Beispiel von Cannabis

Anders verhält es sich mit Cannabis, deren psychoaktive Substanz abgekürzt THC genannt wird (Tetrahydrocannabinol). Die Aufnahmegeschwindigkeit durch den Körper von THC ist deutlich langsamer als bei Nikotin. Besonders auffällig ist aber die sehr langsame Abbaugeschwindigkeit. THC lagert sich bevorzugt im Fettgewebe des Körpers ab und wird aufgrund dessen nur sehr langsam abgebaut. Insbesondere deshalb, weil die Ablagerung in solchen Fettgeweben erfolgt, die zum „eisernen“ Bestand eines jeden Körpers gehören. Ein einmaliger Cannabis-Konsum kann so auch noch nach drei bis vier Wochen in einem Urin-Test nachgewiesen werden. Der sehr langsame Abbau wird vom Körper selber nicht mehr wahrgenommen. Es entsteht also kein vom Organismus geprägtes Verlangen nach einer erneuten neurobiologischen Stimulierung durch THC. Anders verhält es sich, wenn wir den Faktor „Dauer der Konsumgewohnheit“ hinzunehmen.

Wer seinen Körper regelmässig, unter Umständen während mehreren Monaten oder gar Jahren mit THC voll pumpt, wird dennoch auch körperliche Entzugserscheinungen verspüren, sollte er den Cannabis-Konsum reduzieren oder ganz damit aufhören. Dies hat aber mit der schieren Menge an aufgenommenen THC zu tun. Die THC-Depots sind dann über den Körper verteilt und nicht mehr nur bei den Fettzellen alleine. Ein solcher Abbau wird spürbar werden, allerdings ist die Heftigkeit des körperlich empfunden Entzugs dem von Nikotin vergleichbar (also eher gering). Dies umso mehr, da Cannabis häufig mit Nikotin/Tabak vermischt konsumiert wird und deshalb ein genuiner Zusammenhang zwischen Cannabis und Nikotin bestehen kann.

Die physische und psychische Abhängigkeit zusammen

Das Zusammenwirken dieser beiden Ebenen ist also höchst komplex. Grundsätzlich kann man als Faustregel folgendes sagen: Je höher die physische Abhängkeit, desto wahrscheinlich wird ein vorgängiger Entzug. Erst dann kann die psychische Abhängigkeit bearbeitet werden. Diese muss mit psychologisch-psychotherapeutischen Mitteln angegangen werden. Bei bestimmten Süchten wie Heroin oder Alkohol muss ein Substanzersatz oder im Falle von Alkohol ein Substanzeinnahmehemmer diese psychotherapeutischen Bemühungen unterstützen.

 

 


Aspects généraux

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Carl Rogers (1902 – 1987)

La psychothérapie centrée sur la personne constitue un concept psychologique appliqué au travail thérapeutique ainsi qu’à l’activité de conseiller auprès de patient/es et client/es. La théorie et les concepts thérapeutiques ont été développés dès 1940 par le psychologue américain Carl Rogers (1902–1987). Son travail visait à la fois à développer des concepts alternatifs à la Psychanalyse régnant presque sans partage dans les cabinets psychiatriques de l’époque et de contrer l’enseignement universitaire trop carré et technique de la Psychologique aux Etats-Unis, dominée par les “comportementalistes” (behavioristes).

Depuis lors, à travers les recherches scientifiques et les travaux universitaires de psychologues à travers le monde, l’approche a pu démontrer son efficacité dans la cure psychologique et a considérablement enrichi l’enseignement, non seulement de la Psychologie, mais aussi de la Pédagogie. Une innovation importante dans le domaine de la recherche scientifique des sciences sociales furent les enregistrements sur bande magnétique d’innombrables entretiens thérapeutiques et de consultations éducatives. Rogers et ses collaborateurs pouvaient ainsi analyser sur la base de milliers d’entretiens enregistrés ce qui aidait les patients et ce qui ne les aidait pas. Les premières publications et conclusions pour une psychologie et psychothérapie rénovées ont été le fruit de ces recherches approfondies. A l’époque ce type de recherche avait été considéré comme une intrusion dans les cabinets et fut combattu par les médecins psychiatres notamment. Aujourd’hui cette technique de relevé de données est une méthode standard.

Parmi les approches psychothérapeutiques, la psychothérapie centrée sur la personne est considérée comme étant la troisième voie à côté de la thérapie cognitivo-comportementale et des approches de type psychanalytique (ajoutons encore les approches systémiques, devenues en quelque sorte la 4e voie…). L’approche centrée sur la personne s’inscrit dans une perspective humaniste, ensemble avec les approches de type Gestalt. Elle a mis au centre de son intérêt la notion et la variable de recherche complexe qu’est la relation psychothérapeutique. Ce faisant elle a essayé de mieux définir les interactions psychothérapeutiques aidantes, constructives et positives et d’identifier les types de relations patient-thérapeute qui ne le sont pas ou moins (notamment les relations trop hiérarchiques entre médecin „savant“ et patient „ignorant“). Travailler dans cette approche requiert une formation postgrade portant sur plusieurs années. Cette formation comprend également une thérapie didactique centrée sur la personne. Généralement, des études universitaires en Psychologie ont été effectuées avec à la clef une maîtrise avant d’entamer la formation postgrade.

Les attitudes de base : générateur d’interactions thérapeutiques

L’approche met au centre la relation thérapeutique entre le client ou patient et le thérapeute. De la part du thérapeute, cette relation est marquée par la mise en oeuvre des trois attitudes de base centrées sur la personne. Les attitudes de base génèrent dans leur ensemble une multitude d’interactions aidantes et thérapeutiques à chaque fois différentes et adaptées à la personne en quête d’aide. Ces interactions facilitent l’épanouissement de la faculté inhérente à chaque personne de se développer. Ce sont ces interactions qui définissent le traitement psychothérapeutique centré sur la personne.

Par attitude centrée sur la personne nous entendons les attitudes intérieures profondes du thérapeute, qui permettront au client de dépasser ses blocages qui entravent son épanouissement, de poursuivre son chemin vers un accomplissement personnel plus harmonieux et de faire face avec davantage de sérénité aux défis que pose la vie. Ces attitudes fondamentales et indissociables peuvent être décrites brièvement comme suit:

  1. L’acceptation et la considération positive inconditionnelle de la personne telle qu’elle entend se montrer et dévoiler face au thérapeute.
  2. L’empathie centrée sur la personne souffrante, la capacité d’entrer dans le monde de l’autre et de le comprendre avec justesse comme si on y était, avec tous ses problèmes et dans toute sa complexité, et de pouvoir communiquer cette compréhension. De cette communication naît le sentiment d’être accompagné dans sa quête de soi. Les effets de clarification, de meilleure compréhension et de conscientisation qui en résultent, aident le développement personnel.
  3. L’authenticité du thérapeute permet bien souvent un dialogue sincère et constructif direct entre thérapeute et client, le thérapeute n’étant plus seulement expert du champ de la psychologie et de la psychothérapie mais aussi lui-même une personne qui se communique à son client au service du développement personnel de celui-ci.

S’ajoutent trois conditions supplémentaires aux trois attitudes de base génératrices des interactions thérapeutiques. Dans l’ensemble cela forme les six conditions nécessaires et suffisantes pour la modification thérapeutique. Les trois conditions supplémentaires sont les suivantes:

  • Un contact doit être établi entre le patient et le thérapeute
  • Le patient doit être dans un état dit d’incongruence entre son concept de soi et l(es) expérience(s) qu’il vit
  •  Le patient doit être en mesure de percevoir chez le thérapeute les trois attitudes de base à l’oeuvre. Cette perception par le patient-client peut être uniquement embryonnaire.

L’impact sur le monde de la Psychothérapie qu’a eu la formulation des six conditions a été considérable, avant tout celui des attitudes de base. Mais aussi la notion de “contact”, banal en soi et conceptualisé en partie déjà ailleurs, a donné lieu à d’importants développements théoriques et pratiques dans la psychothérapie avec des handicapés mentaux et les schizophrènes, population souffrante notamment au niveau du contact primaire: La pré-thérapie de Prouty a été un de ces développements remarqués à partir de la catégorie-condition “contact”.

Aspects philosophiques de l’approche centrée sur la personne

Sur un plan philosophique, l’approche comprend l’être humain comme une personne qui se trouve pendant toute sa vie dans une interdépendance existentielle entre ses besoins d’autonomie et ses besoins d’être en relation avec autrui et avec la société. Les philosophes de références sont Kierkegard, Buber et Lévinas. Les deux besoins sont considérés comme vitaux et également essentiels à la vie humaine. La personne est donc une entité à la fois autonome (individuelle) et relationnelle (sociétale). Une personne n’existe pas en dehors d’un contexte relationnel, groupal, de société. Mais elle a un fonctionnement autonome aussi, individuel, avec ses spécificités qui le rendent unique. Un des buts majeurs de la thérapie centrée sur la personne est d’aider la personne en quête d’aide à trouver les moyens de son équilibre dans cette interdépendance et à y développer son plein fonctionnement social et psychologique.

L’étymologie de la notion « personne » est d’origine grecque et désigna le masque que montrèrent les acteurs au public-spectateurs assis dans les gradins. Le masque ne servit pas à dissimuler, mais à dévoiler ! Il dévoila ce qui n’était pas visible aux yeux du public, le masque ayant été le reflet de l’intérieur de celui qui interpréta un rôle donné. Ce n’était que bien plus tard au Moyen Âge que la tradition du « masque dévoilant » a cédé à la signification du masque d’aujourd’hui : le masque qui « masque » en effet quelque chose. Cela dit, dans la tradition de la mise en scène théâtrale, le masque a toujours aussi servi à montrer, à dévoiler la face cachée, celle qui ne pouvait être rendue visible autrement que par une représentation scénique (notamment dans la tradition du théâtre de Brecht). La personne au sens d’une catégorie philosophique se réfère à la signification du masque de l’Antiquité.

Intégration d’autres méthodes au besoin

La psychothérapie centrée sur la personne est sous-tendue conceptuellement par une phénoménologie personnaliste et herméneutique. Elle ne vise pas à penser dans un modèle théorique à catégories préétablies auxquelles sont versées les observations faites sur des patients ou clients. Cette dernière attitude est contraire à la Psychologie centrée sur la personne. Cela ne veut pas dire pour autant que la pensée strictement diagnostique ne soit pas familière aux psychologues centrés sur la personne. Leur parcours universitaires les a suffisamment formés à cet égard. L’ouverture d’esprit qui résulte de l’approche centrée sur la personne est bénéfique pour l’intégration d’autres théories, notamment systémiques. Sur le plan des techniques thérapeutiques, des emprunts auprès de la thérapie cognitivo-comportementaliste sont possibles. Ces transferts ne peuvent cependant se faire sans que le thérapeute centré sur la personne ne tienne compte des attitudes de base. Ils doivent se faire en respect du cadre de référence du client et celui-ci ne peut être correctement perçu par le thérapeute en dehors des attitudes centrées sur la personne.

 

 


untreuepartnerdilemmaEmotionale Hin- und Hergerissenheit zwischen alter und neuer Partnerschaft

Oft kommen Menschen in die Beratung, die sich im Dilemma “Ehepartner(in)-oder-Geliebte(n)” befinden. Sie wissen weder ein noch aus und haben das Gefühl, dass sie irgendwann eine Entscheidung treffen müssen. Wie geht man psychologsich-therapeutisch mit dieser Situation um? Im Folgenden eine kurze Schilderung der möglichen Ausgangssituationen sowie der psychologisch-therapeutischen Arbeit mit dieser Situation aus der Sicht dessen, der eine Aussenbeziehung eingeht.

Man verliebt sich, hätte damit aber gar nicht unbedingt gerechnet oder, gerade umgekehrt, man ist aufgrund des Zustandes der Partnerschaft nicht erstaunt, dass dies einem passierte. Gerade in langjährigen Beziehungen mit vielfälltigen Verquickungen ist eine solche Situation auch für den “nach aussen” verliebten Partner eine unter Umständen grosse Belastung.

Kurze Schilderung von möglichen Ausgangssituationen

Es gibt verschiedene Ausgangslagen, die zu einer solchen Situation führen können. Häufigste Ausgangslage ist eine Unzufriedenheit mit der bestehenden Partnerschaft. Die “brennnenden” Themen wurden zwar immer wieder besprochen, doch es hat sich nichts verändert. Oder im Gegenteil: Heiklen Themen wurde zu lange ausgewichen, aus Angst, den andern zu verletzen oder aus der Furcht, man würde sowie so nicht verstanden werden.

Genau so oft kann ein Auseinanderleben, das zum Beispiel beruflich oder aber aufgrund familiärer Umstände bedingt ist, ein Auslöser für eine neue Verliebtheit sein. Die Ehe oder die Partnerschaft funktioniert zwar, aber sie ist zunehmend ohne Seele. Der sich nach “aussen” verliebende Partner hat das Gefühl, nur noch ausserhalb der bestehenden Beziehung Glück und Zufriedenheit zu finden. Selbstverständlich sind auch jene Paarsituationen anfällig, in denen die Partner sehr unglücklich sind und an der Beziehung leiden.

Schliesslich kann es auch einfach so geschehen, ohne dass der Wunsch da wäre, die bestehende Beziehung wirklich zu beenden. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob es wirklich so “zufällig” passierte. Auch in einer solchen Situation stellt sich die Frage, was an der bestehenden Partnerschaft dem sich nach aussen verliebenden Partner fehlt.

Genau so wie diese Personen Angst haben können, den bestehenden Partner zu verletzen, haben Sie auch Angst, die Chancen und Versprechungen der neuen Beziehung nicht packen zu können

Gefühlslage

Es gibt Paarsituationen, in denen der neu verliebte Partner sehr klar sagen kann, dass er aufgrund dieser neuen Beziehungsperspektive in jedem Fall seine alte Beziehung beenden möchte. Dies hat häufig mit einem Verlauf der bestehenden Paarbeziehung zu tun, der zu viel Unzufriedenheit und Frustration, zu Defiziten und Ärger geführt hat. Sogenannte ungelöste Konfliktzyklen zwischen den Partnern haben sich verkrustet und scheinen nicht mehr auflösbar.

Oft befindet sich aber ein Partner in einem emotionalen Dilemma. Sie haben Angst, ihren langjährigen Partner zu verletzen. Sie fürchten sich davor, dass er/sie es erfährt oder müssen mit dem Gefühl klar kommen, ihren Partner verletzt zu haben, wenn er/sie bereits Bescheid weiss. Sie können nachts oft nicht schlafen. Sie üben sich im Verbergen der neuen Beziehung oder müssen mit Vorwürfen des betrogenen Partners leben.

Gleichzeitig können sie grosse Glücksgefühle wegen dieser neuen Beziehung verspüren: Allesamt Gefühle, von denen sie glaubten, sie würden sie nie mehr erleben können oder von denen sie wissen, dass eben diese Empfindungen und Gefühle über eine lange Zeit viel zu kurz gekommen sind in der bestehenden Partnerschaft. Genau so wie diese Personen Angst haben können, den bestehenden Partner zu verletzen, haben Sie auch Angst, die Chancen und Versprechungen der neuen Beziehung nicht packen zu können – aus Rücksicht vor der alten Beziehung, aber auch aus Unsicherheit, ob sich die neue Frau oder der neue Mann wirklich für ein Beziehungsleben “eignet”.

Therapeutisches Vorgehen: Bearbeitung des emotionalen Splits

Dieses Dilemma ist eine emotionale Zweigeteiltheit (Split), welche psychologisch-therapeutisch gezielt bearbeitet werden kann. Es kann sehr schwer sein, all die sich widersprechenden Gefühle unter einen Hut zu kriegen und wirklich Gewissheit zu erlangen, in welche Richtung es geht. Die Vergangenheit mit dem bestehenden Partner, mögliche Zukunft mit dem neuen Partner, Finanzen, gemeinsame Kinder, Wohnung/Haus, das Beziehungsumfeld, die Verwandten und Familien etc: Sehr viele Themen, die sehr viele Gefühle auslösen, welche sich widersprechen.

Um hier Klarheit zu finden, in welche Richtung es gehen kann, hat sich eine psychologisch-therapeutische Herangehensweise bewährt, welche die Problematik in eine Art emotionale Zweigeteiltheit überführt. Ziel ist mit fachlicher Anleitung des Psychologen, den Teil, der “gehen will”, mit dem Teil, der “bleiben will” in einen expressiven Dialog zu bringen. Die darunter liegenden emotionalen Schemata werden so aktiviert, was zu einer Veränderung führen kann. Diese beiden Dialog-Teile sind jene Teile, die sich sowieso im Innenleben des betroffenen Partners befinden.

Meistens ist man aber entweder im einen Teil, oder im andern Teil. Die Verbindung zwischen den beiden Anteilen herzustellen ist aber die therapeutisch-psychologische Aufgabe, so dass deutlicher die Bedürfnisse, Motivationen und Handlungstendenzen herauskommen. Dies kann das Finden der nächsten Schritte sowie die Entscheidungsfindung erleichtern respektive ermöglichen.

Von einer Paarberatung ist in solchen Fällen eher abzuraten, solange der emotional hin und hergerissene Partner nicht recht weiss, was er/sie will. Es gibt auch Situationen, in denen von Anfang an transparent ist, dass ein Partner eine Aussenbeziehung hat. Der andere Partner ist dennoch bereit, in gemeinsame Sitzungen einzuwilligen. Meistens stellt sich aber heraus, dass der “bindungsunsichere” Partner besser einige Male alleine in die Sitzungen kommt, um diese Frage zu klären. Anschliessend wird auch deutlich, ob und mit welchen Inhalten die Paarberatung fortgesetzt werden kann.

Offen ist beim beschriebenen Vorgehen, was für den hin- und hergerissenen Partner herauskommt. Dies kann nicht vorhergesagt werden. Das muss es auch nicht. Die Vorgehensweise unterstützt kein mögliches Resultat vorneweg, sondern nimmt alle bewussten und unbewussten emotionalen Vorgänge in diesem Dilemma gleich ernst. So gelingt es der betroffenen Person, sein emotionales Dilemma zu entschärfen und auf eine emotional konstruktive Basis zu stellen.

Literatur

The Dynamics of Emotion, Love, and Power. Leslie S. Greenberg, Rhonda N. Goldman (2008). American Psychological Association.

 

 


Einleitung

genegendlinEugene T. Gendlin (* 25. 12.1926 Wien)
Begründer "Focusing"
Focusing ist lernbar und besteht im Prinzip aus sechs verschiedenen Schritten. Der erste Schritt soll Raum schaffen, um dem Gefühl des Felt Sense auf die Spur zu kommen. Das Wahrnehmen-Können des Felt Sense stellt im klassischen Vorgehen des Focusing der zweite Schritt dar. Vielen bereitet dieses Finden des Felt Sense Mühe. Es braucht Übung. Hier eine Anleitung aus erster Hand.

Felt Sense

Wenn Sie irgendeine Sorge, die Sie haben, auswählen, können Sie Ihre Aufmerksamkeit und Wahrnehmung auf das "Innere" Ihres Körper richten. Das ist die Ausgangslage, um einen Felt Sense entstehen zu lassen. Versuchen Sie daraufhin, "in Ihren Körper hineinzugehen". Sie versuchen mit dem Ort, an dem Sie die Sorge oder das Problem körperlich verspüren, in Kontakt zu treten. In der Regel sind das die Bereiche des Oberkörpers inkl. Becken und Hals. Dieses meist noch vage körperliche Empfinden des "Problems" oder der Situation, die Sie sich vorstellen, ist der Felt Sense. Gendlin (1998) schreibt dazu (p. 119 ff):

"Was Sie auch über die ausgewählte Sorge bereits wissen mögen, da es ein Problem ist, hat es auch einen ungelösten Rand, einen Felt Sense des Unbehagens, der Ungelöstheit oder eines impliziten Reichtums, der über das hinausgeht, was Sie völlig begreifen können. Um diesen unklaren Rand zu finden, tun Sie Folgendes:

    Dieses vage körperliche Empfinden des "Problems" oder der Situation, die Sie sich vorstellen, ist der Felt Sense

  • Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in Magen und Brust
    und schauen Sie, was für ein Gefühl die ganze Angelegenheit Ihnen dort gibt, welche körperliche Qualität sie dort hat.
  • Sagen Sie einfach: Ich habe wirklich ein gutes Gefühl bei dieser Sache, richten Sie die Aufmerksamkeit in den Körper und warten Sie ab. Schauen Sie, was kommt, wenn Sie das sagen.
  • Die undeutliche, unklare, unbefriedigende vage Empfindung, die auftaucht, mag völlig unbedeutend erscheinen. [Aber], wenn das da ist, ist dies ein Felt Sense. [...]
  • Nun haben Sie diesen gespürten Rand vielleicht verloren. Lassen Sie die Aufmerksamkeit in die Körpermitte zurückkehren. Sobald das Gefühl wiederkommt, seien Sie willens, eine Minute lang bei dieser unklaren Empfindung zu bleiben (eine Minute ist ein langer Zeitraum). Berühren Sie sie immer wieder.

Dieser Schritt ist der schwierigste Teil. Sie müssen etwas spüren, das ziemlich konkret und bedeutender ist, als Sie bisher ausdrücken oder definieren konnten. Falls bisher nichts aufgetaucht ist, versuchen Sie Folgendes:

  • Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer grossen Mauer. Sie müssen zurücktreten, um sie ganz zu sehen. Diese Mauer ist ein Bild für die ganze Angelegenheit. Warten Sie auf das Bild. Was für ein Bild taucht auf? Spüren Sie nun, welches Gefühl dieses Bild in Ihrem Körper auftaucht?
  • Falls Ihnen das Bild keinen konkreten Felt Sense vermittelt hat, versuchen Sie, eine wahre Aussage hinsichtlich des Problems zu treffen. Wiederholen Sie diese immer wieder und sehen Sie, was als Reaktion darauf in Ihrem Körper auftaucht."

Leslie Greenberg (2007), ein wichtiger moderner Vertreter der Emotionstheorie und wesentlicher Wegbereiter der emotionsfokussierten Psychotherapie (EFT) schreibt zum Felt Sense (p. 175 ff):

  • "[...] Jetzt lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in Ihrem Körper an den Ort, an dem Sie das Gefühl verspüren. Schauen Sie sich genau an, was Sie im Moment dort spüren. Achten Sie auf Ihre körperlichen Empfindungen. [...] Die Wahrnehmung des "felt sense" geschieht körperlich; es ist eine physische, somatische Empfindung. Oft verspüren Menschen etwas in der Brust oder in der Kehle, an einem bestimmten Ort, üblicherweise in der Körpermitte. Es handelt sich dabei um eine innere Empfindung, und es ist wichtig, einen Unterschied zwischen dieser und zwischen äusseren körperlichen Empfindungen zu machen, wie z.B. angespannte Muskeln oder einem Kitzeln in der Nase. [...] Versuchen Sie dann, das Gefühl oder die Art der Empfindung zu beschreiben, die in Ihrem Körper vor sich geht. Wo in Ihrem Körper findet das Ganze statt? Legen Sie Ihre Hand an diese Stelle Ihres Körpers und beschreiben Sie, was vor sich geht. [...] Beschreiben Sie Ihre körperliche Empfindungen, wie z.B. Anspannungen, ein Knoten, Leere oder Schwere - oder Schmerz."

Gerade dieser Versuch zu beschreiben, was vor sich geht, kann unter Umständen erleichtert werden, wenn man sich vorstellt, durch diese Empfindung hindurch zu reden. Manche Personen können sich auch gut vorstellen, dass diese Empfindung "selber" reden würde. Wieder andere bemerken, dass in Ihnen Bilder entstehen, seien es Bilder, die mit Ihrer Vergangenheit zu tun haben, seien es Bilder, die einfach "bildhaft" die Empfindung wieder geben. So kann ein Bewusstsein dessen entstehen, was die Empfindung ausmacht: "Einen Griff finden", wie es in der Fachsprache nach Gendlin heisst. Dies wäre dann der dritte und therapeutisch weiterführende Schritt.

Literatur

Eugene T. Gendlin: Focusing-orientierte Psychotherapie. Ein Handbuch der erlebensbezogenen Methode. Leben lernen 119. Pfeiffer (1998).

Leslie S. Greenberg: Emotionsfokussierte Therapie. Lernen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. dgvt-Verlag (2007)

 

 


Les Greenberg und Sue Johnson haben viel zu problematischen Verhaltensmustern bei Paaren im Zusammenhang mit Emotionen und Bindung geforscht.

Carl Rogers

Carl Rogers hat dem Konzept der Empathie in der menschlichen Kommunikation zu einem weltweiten Durchbruch verholfen.

carl rogers 1902-1987

Seine pionierhaften Forschungs- und Publikationstätigkeit seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts konnten die Wichtigkeit von Empathie in den gesamten Humanwissenschaften und deren Anwendungsgebiete wissenschaftlich-empirisch belegen (vor allem Psychologie, Psychotherapie, Pädagogik etc.).

Biografie und Personzentrierte Psychotherapie PCA

Einleitung

Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte sind psychotherapeutische Methoden und Theorien entwickelt worden, die nicht so sehr die Kognitionen und das Denken ins Zentrum stellen, sondern auf der Basis einer Emotionstheorie zu verstehen versuchen, wie Emotionen verändert werden können. Insbesondere dank der Kombination von personzentriertem Ansatz (Carl Rogers) und der Gestalttherapie (Pearls) konnten Autoren, Forscher und Praktiker wie Leslie Greenberg und Sue Johnson Vorgehensweisen entwickeln, die spezifische emotionale Verarbeitungsprobleme aufgreifen und Lösungen zuführen. Weitere wichtige Autoren, mit denen Greenberg gemeinsam publizierte, sind Elliot, Watson und Rice (siehe Literatur-Hinweise und Links unten).

Der folgende Text ist ein Versuch, Übersicht über das Thema zu schaffen. Inhaltlich werden vor allem die wissenschaftlichen Zusammenhänge mit der Einzelpsychotherapie berücksichtigt. Vor allem Greenberg und Johnson haben auch zur Paartherapie sehr wertvolle und eigenständig-mutige Beiträge aus emotionstheoretischer Sicht erarbeitet.

Das psychologische Modell dahinter: Emotionstheorie

Grundlage des Emotionsmodells sind die Affekte, welche allen menschlichen Lebewesen, unabhängig von Kultur und Herkunft, biologisch mitgegeben werden. Die Wissenschaft geht von circa sechs bis sieben Grundaffekten aus, wobei der wissenschaftlich Streit, was zu den Grundemotionen gehört und was nicht, weiterhin kontrovers geführt wird (Stand 2016). Zu den positiven Affekte gehören “Interesse/Neugierde” und “Freude”/Glücksgefühle”. Die negativen Basisaffekte sind “Trauer”, “Wut/Zorn”, “Ekel” und “Angst”. Ausgehend von diesen Grundaffekten entwickeln sich weitere Grundemotionen, insbesondere die “Scham”, der "Stolz" (wichtige Komponente des "Selbstwertgefühls"), "Liebe" etc.

Weiterentwicklungen von diesen Basisaffekten entstehen immer durch die Erfahrung, welche das Kleinkind innerhalb von Beziehungen zu seinen wichtigen Bezugspersonen macht (Interaktionen). Eine Weiterentwicklung dieser Basisaffekte und der dadurch entstandenen emotionalen Schemas entsteht ebenso durch Rückbezüglichkeit. Damit ist gemeint, dass gemachte Erfahrungen, die innerhalb von Interaktionen entstanden sind, durch die Person selber nochmals weiter verarbeitet werden, indem sie innerlich auf das Erlebte Bezug nimmt (Weiterentwicklung durch Selbstbezug oder Reflexivität).

Die Grundaffekte kombiniert mit den interaktionellen Erfahrungen bringen sogenannte emotionale Schemas hervor, welche im Laufe einer Biografie immer zahlreicher werden, zunehmend durch Erfahrung und Erinnerungen angereichert sind und sich ausdifferenzieren. Emotionale Schemas beinhalten unsere emotionalen Reaktionen auf eine Auslösersituation, sie beinhalten Wünsche und Bedürfnisse, die aktiviert werden, und sie beinhalten eine Handlungtendenz (Motivation), welche mit den aktivierten Bedürfnissen in Zusammenhang stehen. Solche emotionalen Schemas sind in der Regel angepasst und “gesund” und integrieren fortlaufend neue Erfahrungen, welche zum bereits erstellten Schema passen. Sie können aber auch Schmerz und Leiden beinhalten, welche ebenso als Erfahrungswerte integriert werden mussten.

Werden Schemas aktiviert, die Schmerz und Leiden beinhalten, so erlebt der Mensch entsprechend Probleme und fühlt sich psychisch unter Druck und unter Anspannung. Es kann dann zu dysfunktionalen Erlebens- und Verhaltensweisen kommen, die je nach Schweregrad behandlungsbedürftig sind (sogenannte psychische Störungen).

Das emotionale Erleben ist die Psyche

Das innere Erleben besteht wesentlich aus der Wahrnehmung von aktivierten Emotionschemas. Das Wort "Emotionsschema" kann insofern in die Irre führen, als damit zu wenig deutlich ausgedrückt wird, dass Kognitionen (Bewertungen und Erwartungen), Motivationen (Handlungstendenzen) und Bedürfnisse mitgemeint sind. Da aber die affektive Tönung oder eben der emotionale Gehalt sich auch mit der Kognition, der Motivation oder dem Bedürfnis verknüpft, macht es Sinn, das ganze aktivierte Schema  "Emotionsschema" zu nennen. Die Art der Kognition, die Art des Bedürfnisses oder auch die Art der Motivation wird durch die Person jeweils an seinem emotionalen Gehalt erkannt und als solches identifiziert (innere Warhnehmung).

Die innere Wahrnehmung der aktivierten Schemas wird durch die Selbstorganisation (operatives Selbst) gewährleistet. Wieviel vom emotionalen Erleben der Person gewahr werden kann, hängt wiederum vom Selbstkonzept ab. Das Selbstkonzept ist quasi das Steuerungsorgan des operativen Selbst. Das Selbstkonzept ist geprägt von Sprache, den Erinnerungen, den Denk- oder kognitiven Schematas und kulturellen “Angeboten” an Wahrnehmung und Erklärung. Es ist aber auch von seiner “Fähigkeit” abhängig, auf das Erleben, das das operative Selbst bereitstellt, zurückgreifen zu können, ohne an Abwehrmechanismen zu scheitern (condition of worth). Was am Schluss von der Person tatsächlich artikuliert wird, sowohl gegenüber sich selber wie auch gegenüber der Mitwelt, ist also nur ein (kleiner) Teil dessen, was an emotionalem komplexen Erleben vorhanden ist. Aber es ist in der Regel immer soviel “gefiltertes Erleben” vorhanden, dass eine Reaktion von der Person selber erfahren werden kann, und es ist immer auch soviel, dass gegenüber der Mitwelt eine Erfahrung (Reaktion) artikuliert wird. Die nach aussen artikulierte Reaktion kann natürlich beträchtlich differieren von der tatsächlich erfahrenen inneren Reaktion. Was nach aussen artikuliert wird, hängt wie gesagt stark vom Selbstkonzept ab.

Emotionen entstehen durch eine “automatische”, mehr oder weniger vorbewusste Bewertung von Situationen, welche die Person in Zusammenhang bringt mit den Bedürfnissen und Zielen, die sie im Moment der Situationswahrnehmung verspürt. Emotionen sind weder rational noch irrational, sie sind einfach jeweils der Situation angepasst oder können auch als nicht angepasst empfunden werden, und zwar sowohl von der Person selber, die die Emotion erlebt wie auch von der Mitwelt, die die Emotion aufgrund von Nachempfindung sekundenschnell nachzuvollziehen hat, damit der Kontakt zwischen Person und Mitwelt aufrecht erhalten bleibt. Der "materielle" Entstehungsprozess ist eigentlich ein neurologischer, stark mit dem lymbischen System (Amigdala) verknüpft.

Gemäss Prinz J. (2004) entstehen Emotionen erster Ordnung aus physiologischen Veränderung des Körpers, die dem Wahrnehmenden Informationen liefern über das unmittelbare Verhältnis des Individuums zu seiner Umwelt. Diese physiologischen Veränderungen betreffen viszerale Veränderungen wie Herzfrequenz, Atmung, Muskelanspannung, Schwitzen etc. bis zu Hormonausschüttungen und Neurotransmitterübertragungen. Wenn ein Körper eine Veränderung von "wenig Muskelanspannung" zu "mehr Muskelanspannung" erfährt aufgrund einer (körperlich) verspürten Veränderung des Umfelds, dann bildet sich diese physiologische Veränderung im Hirn schliesslich als Emotion ab.

Psychotherapeutische Interaktionen zur Veränderung: Interaktionstheorie oder Interventionstherorie

Greenberg identifiziert im gegenwärtigen Stand der Forschung sechs verschiedene grundlegende Prozesse, welche Emotionen verändern helfen oder verändern können. Diese sechs Prozesse kann man in drei Kategorien unterteilen.

Erste Kategorie: Zur Emotion Zugang finden

1. Intensität erhöhen: Wenn man beispielsweise die Intensität erhöhen kann, mit welcher eine Person die Emotion im Kontext einer bedeutsamen persönlichen Erzählung erlebt, so kann durch die Erhöhung der Intensität alleine die Emotion eine Veränderung erfahren. Die Veränderung gelingt in der Regel deshalb, weil nur durch eine erhöhte Intensität überhaupt die ganze Emotion, auch deren eher vorbewussten Teile, erfahren werden kann.

2. Emotion ausdrücken: Wenn die Emotion zum Ausdruck kommt, in der Regel durch geeignete Verbalisierung oder eine andere Symbolisierung, dann kann eine Veränderung dieser Emotion erfahren werden. Diese Art der Veränderung gelingt, weil bisher die Emotion nur intrapsychisch erlebt wird, aber noch in keiner Weise bewusst ausgedrückt wurde. Sie wurde zum Beispiel bisher noch nicht vor einem Mitmenschen erlebt und mit ihm geteilt. Dies reichert die Emotionen in der Regel mit neuem Erleben an.

Zweite Kategorie: Die Emotion modulieren respektive regulieren

3. Emotion regulieren: Wenn man die Emotion bewusst “reguliert”, dann kann eine Veränderung derselben möglich sein. Zum Beispiel werden Atmungsübungen explizit parallel eingeführt. Dadurch wird die Emotion rereguliert. Es können auch Visualisierungen, die bewusst parallel zur Emotion eingeschaltet werden, benutzt werden. Dazu gibt es viele psychotherapeutische “Übungen”, gerade auch aus der experienziellen Tradition (Focusing, aber auch kognitiv-verhaltenstherapeutische Übungen).

4. Emotion spiegeln: Wenn Emotionen empathisch korrekt gespiegelt werden (im Rogerianischen Sinne), so können mächtige Emotionsveränderungen erfahren werden. Es entsteht in der Regel eine neue Sinngebung, Einsicht und eine neue “narrative Konstruktion” der Wirklichkeit. Das heisst, die Person erzählt nach gelungener empathisch-personzentrierter Therapie-Session die gleiche Geschichte anders als vorher.

Dritte Kategorie: Die (schmerzhafte) Emotion (gezielt) verändern

5. Emotionen durch Emotionen verändern: Emotionen können am besten mit Emotionen verändert werden: “Change Emotion with Emotion” heisst hier das Leitwort. Hier werden vor allem schmerzhafte Emotionen zugespitzt angegangen, um mit ihnen bewusst zu arbeiten. Gute Techniken dafür kommen aus der Gestalttherapie (Zwei-Stühle-Technik). Emotionen beinhalten immer verschiedene Teile. Es werden die “Einzelteile” einander gegenüber gestellt und in einen Dialog gebracht. Dieser “Dialog” ist eigentlich ein Dialog, wie er genau in der Person selber abläuft, aber kaum auf eine bewusste Art. Der innere Dialog wird nach aussen gestülpt, und es entstehen dann in der Konfrontation dieser Emotionsanteile neue Emotionen. In der Regel sind es Synthesen dieser Anteile. Meistens läuft es auf eine Harmonisierung, auf eine Versöhnung unversöhnlicher Anteile und auf mehr Selbst-Verständnis hinaus.

6. Emotionen durch Begegnung verändern: Emotionen können letztlich auch durch neue interpersonale Erfahrungen verändert werden. Es sind Korrektur-Erfahrungen, die von der Person integriert werden können, weil ein Anderer über seine Art der Emotion echt und ehrlich Auskunft und sie adäquat in der Beziehung ausdrückt. Dies kann die eigene Emotion relativieren und erweitern, somit verändern.

In der Emotionsfokussierten Therapie nach Greenberg wird vor allem versucht, innerhalb der dritten Kategorie zu arbeiten und dem Klienten oder Patienten emotionsfokussierte Veränderungsangebote zu machen, die gezielt die schmerzhaften Emotionen angehen. Dabei wird mittels des empathisch-rogerianischen Verstehens versucht, innerhalb der sogenannten “Narrative”, also der Schilderung des Klienten, herauszuhören, ob bestimmte Indikatoren darin vorkommen, welche dem Therapeuten einen Hinweis geben, wie er mit den Emotionen gezielt umgehen soll. Diese Emotionen sind in der Regel schmerzhaft. Greenberg nennt sie “maladaptive emotional schemes”. Sie stellen für den Klienten das entscheidende psychische Problem dar. Diese Hinweise nennen Greenberg et al. auf Englisch “marker”, also Wegmarken. Je nach identifizierter Wegmarke wird dann ein Bearbeitungsangebot gemacht. Greenberg et al. hat gemäss dem aktuellen Stand der Forschung etwa sechs solche Marker und entsprechende Bearbeitungsangebote herausgearbeitet (siehe Literaturhinweise).

Die therapeutische Interaktion aufgrund eines identifizierten Markers wählen

Greenberg, Rice und Elliot haben eine ganze Reihe von emotionalen Problematiken identifiziert und klassifiziert. Klienten versuchen, diese emotionalen Probleme zu lösen, sie stellen sich diesen wie Aufgaben, haben aber das Gefühl, daran zu scheitern. Greenberg et al. haben bisher insgesamt sechs verschiedene "Marker" identifizieren können, an denen Bewältigungs- und Verarbeitungs- versuche erkannt werden können. Wird ein solcher "Marker" identifiziert, so wird dieser als entscheidender Hinweis für den Thera- peuten verstanden, wie er am effektivsten mit dem emotionalen Verarbeitungsproblem umgehen soll. Daraus entstehen konkrete Vorschläge des Therapeuten, wie er dem Klienten helfen könnte. Greenberg et al. betonen, dass ein solcher "emotionaler Marker" nur durch korrekt angewendete personzentrierte Empathie im Rogerianischen Sinne erkannt werden kann. Wissenschaftlich-empirische Studien im evidenzempirischen Sinne haben belegen können, dass diese Interventionsformen als sehr effektiv zu gelten haben. In der Folge werden sechs emotionalen Grundproblematiken kurz benannt:

Verschiedene Marker des "emotion processing" - Beispiele

Vulnerabilität (1)

Wird ein Marker für emotionale Vulnerabilität durch den Therapeuten wahrgenommen, dann hat die Behandlung derselben Vorrang vor allem andern. Die emotionale Vulnerabilität soll nicht exploriert werden, sondern einfach durch den Therapeuten anerkannt, "gesehen" werden und als "Gesehene" und "Erkannte" dem Klienten kommunikativ-empathisch in der Beziehung mitgeteilt werden. Vulnerabiltätsmarker sind zum Beispiel, dass ein Klient am liebsten nichts mehr sagen möchte, dass er verstummt, dass er anfängt, still zu weinen oder non-verbale Zeichen von Bestürzung, Kränkung oder versuchter Verschlossenheit von sich gibt, als ob er sagen wolle: Bitte hier nicht weiter, es tut gerade sehr weh! Hier muss behutsam darauf eingegangen werden. Explorationen an den Rand des Gewahrwerdens sollten vermieden werden. Ziel soll sein, durch die geteilte oder durch den Therapeuten vorgelebte Anerkennung der Verletzlichkeit zu erleichtern, dass der Klient sich derselben mit weniger Angst zuwenden kann. Er kann so abwehrfreier auf die Verletzlichkeit eingehen und deren Hintergründe, Auslöser etc. in der Beziehung zum Therapeuten aussprechen.

Systematisch-evozierendes Entfalten von problematischen Reaktionen (2)

Wer hat nicht auch schon erlebt, dass bestimmte Situationen (oder Aspekte davon) starke Reaktionen in einem selber auslösen können, ohne dass man im Nachhinein versteht, weshalb man heftig mit Rückzug, Ärger und Wut oder Angst (etc.) reagiert hat. Wenn Klienten von solchen Reaktionen berichten und dabei betonen, dass sie sie nicht verstehen würden, aber die Reaktion spontan in einem Zusammenhang mit sich selber sehen , dann können die auslösenden Situationen neu evoziert werden und Punkt für Punkt durchgegangen, auseinander gefaltet werden. Einmal von der Aussenseite her (Stimulus-Seite quasi) und einmal von der Innenseite her. Dieses Auseinanderfalten, wenn es gelingt, verschafft der Person neue Einsichten über grundsätzlich problematische, Leiden schaffende Reaktionen seines Selbst.

Somatisch empfundenes Problemerleben (3)

Dieser Marker ist nichts anderes als ein Hinweis für den Therapeuten, mit Gene Gendlins Focusing weiterzumachen.

Drei verschiedene Konfliktspaltungen (4-6)

Eine oft anzutreffende Konfliktspaltung ist jene, bei der der Klient zwei emotionale Hauptschemas gleichzeitig aktiviert hat. Das eine Schema beinhaltet tendenziell eher Sollensforderungen und Selbstzwänge, häufig emotional durch Angst und wenig Einfühlung geprägt. Auf der andern Seite steht ein Schema gegenüber, das eher die Bedürfnisseite (Ziele, Anliegen etc.) beinhaltet. Diese Doppel-Aktivierung führt zum Konflikterleben mit einem in der Regel grossen impliziten Anteil an Erleben auf beiden emotional aktivierten Seiten.

Zum Beispiel: Ein Thema wie "Mutter am Sonntag besuchen gehen" löst in der Person verschiedene emotionale Schemas aus, jedes mit seiner Handlungstendenz, seinem Bedürfnis, seiner affektiven Tonalität und seinen Bewertungen und Erwartungen (Kognitionen). Diese unterschiedlichen, im Widerspruch zueinander stehenden emotionalen Schemas können mittels gestalt- therapeutischer Zwei-Stuhl-Technik verdeutlicht werden. Der Klient redet einmal laut aus einer Emotion heraus ("sollte hingehen") und imaginiert sich den andern Teil auf dem leeren Stuhl gegenüber ("will nicht hingehen").  Anschliessend wird der Dialog fortgesetzt, aber vom andern Stuhl aus und aus dem andern emotionalen Schema heraus. Diese Explizierung dessen, was an "innerem Dialog" oder "inneren Stimmen" in der Person vorhanden ist, führt in der Regel zu einer Konfliktentschärfung, fördert das Entstehen eines neuen, dritten Schemas, das als Synthese aufgefasst werden kann. Es können zu Beginn aber einfach auch nur "positive Brücken" zwischen den zwei aktivierten Schemas entstehen, so dass ein verständnisvollerer Selbstbezug möglich wird.

Weitere Konfliktspaltungen sind jene des "Unterbrechers", welche Emotionen quasi-physisch am Erleben hindern (passiver und aktiver Erlebensteil) sowie die sogenannten "unerledigten Angelegenheiten" ("unfinished business") oder "unerledigtes Erleben", welches der Klient aus früheren Beziehungen mit bedeutsamen Personen unverarbeitet, aber abgewehrt "mit sich trägt". Unerledigtes kann ebenso durch die Zwei-Stuhl-Technik respektive durch die "leere-Stuhl-Technik" besser verarbeitet werden, in dem der ganze emotionale Prozess, welcher in der Vergangenheit nicht abgeschlossen werden konnte, nochmals aufgenommen und ausgedrückt werden kann. So können z.B. Versöhnungen mit nicht mehr Wiedergutzumachendem ermöglicht werden oder Vergangenes, das in der Aktualität immer wieder Leiden schafft, kann als solches endlich ins Selbst aufgenommen werden, ohne ständig Abwehr zu erzeugen (und somit Spannungen und psychische Störungen verursachend).

Personzentrierte Psychotherapie und Emotionsfokussierte Psychotherapie

Die EFT gehört zum humanistisch-experienziellen Ansatz, wobei innerhalb der Personzentrierten Psychotherapie-Gemeinschaft (PCA) Unklarheit bestehen dürfte, wie der PCA zu Greenbergs Ansatz steht. Die Antworten dürften je nach Standpunkt ungleich ausfallen. Auch die Gestalttherapeuten dürften sich Fragen stellen, in welchem Masse die EFT sie herausfordert und ergänzt respektive theoretische Schwierigkeiten bezüglich Akzeptanz verschafft. In dem Masse, in dem das Erleben des Klienten ins Zentrum gestellt wird, das möglichst frei von Hintergrundtheorie empathisch begleitet werden soll, ist jede (therapeutische) Begegnung im wahrsten Sinne humanistisch-experienziell. Sobald es aber um Bearbeitungsangebote geht, entsteht aus “rogerianischer" Sicht ein Problem.

Bearbeitungsangebote können gerade den experienziellen Prozess, der möglichst frei ablaufen soll, auch zum Stocken bringen. Der frei ablaufende, nicht zielgerichtete experienzielle Prozess, in dem sowohl der Klient (als Bedürfnis) wie auch der Therapeut (als Bereitschaft) offen für persönliche Veränderungen sind, soll idealtypisch zur Heilung verhelfen. Freilich ist das Ziel von Bearbeitungsangeboten genau das Gegenteil als das Blockieren von emotionalen Prozessen. Das Ziel ist gerade das Deblockieren, Erleichtern und Ermöglichen von Verarbeitung.

Es bleibt aber die Frage offen, wie mit der Situation umgegangen werden soll, wenn der freie experienzielle Prozess gerade in der Person selber blockiert ist. Es bleibt zudem die Frage offen, wie mit Personen umgegangen werden soll, die die schmerzhaften Emotionen um jeden Preis vermeiden, gleichzeitig aber um jeden Preis sich wünschen, dass diese schmerzhaften Emotionen endlich verändert werden. Selbstverständlich ist damit ein rein personzentrierter Umgang möglich. Die Erfahrung zeigt aber, dass Therapie-Fortschritte auf sich warten lassen respektive das Leiden verlängern, wenn der Therapeut die Selbstgesteuertheit des Klienten in einer dogmatischen Art und Weise handhabt (Prinzip der Non-Direktivität).

Es scheint ein zumindest akademischer Widerspruch zu bestehen, den es aufzulösen nicht gelingen dürfte. Es muss den (psychologischen) Psychotherapeuten überlassen werden, welche Ziele und "mentalen Landkarten" sie mit sich führen, um Interaktionsvorstellungen gegenüber konkreten Klienten (als hilfreiches Angebot) umzusetzen. Dabei scheinen mir Widersprüche zwischen solchen Vorstellungen als letztlich zwingend und unvermeidbar.

Die EFT hat für sich bereits Position bezogen und fasst sich als eigenständiger Ansatz auf, mit einem eigenständigen Psychopathologie-Modell, eigener Interaktionsstrategie (Praxeologie) und eigenem Verständnis von "gesundem psychischen Funktionieren". Es wäre sehr zu begrüssen, wenn die Verbundenheit des EFT mit dem Personzentrierten Ansatz und den humanistischen Ansätzen im Allgemeinen weiterhin stark bleibt.

Literaturhinweise

Greenberg, L.S., Rice, L. N., & Elliott , R. (1993). Facilitating emotional change: The moment by moment process. New York: The Guilford Press.

Elliott, R., Watson, J.C., Goldman, R.N. & Greenberg, L.S. (2004/2007): Praxishandbuch der Emotionsfokussierten Therapie. München: CIP-Medien. - Standardwerk, ein idealer Einstieg in EFT.

Greenberg, L.S. (2005). Emotionszentrierte Therapie: Ein Überblick. In: Psychotherapeutenjournal, 4, 324-. 337. - Überblicksartikel

Leslie S. Greenberg, Rhonda N. Goldman (2008): The Dynamics of Emotion, Love, and Power. American Psychological Association.

Prinz Jesse J. (2004): Gut Reactions. A Perceptual Theory of Emotion. Oxford University Press

Bradley, B., Furrow J. (2013). Emotionally Focused Couple Therapy For Dummies. John Wiley & Sons Canada, Ldt

www.emotionsfokussiertetherapie.ch

www.emotions-fokussierte-therapie.de

www.emotionfocusedtherapy.org

 

 


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Paartherapien können, bei vorhandener Motivation beider Partner, eine Lösung sein, um Schwierigkeiten in der Beziehung, Krisen und Beziehungsstress zu entschärfen und das gegenseitige Verständ­nis zu erhöhen.

Paare und binationale Paare

Dies ist in Beziehungen nicht anders, in denen die Partner unterschiedliche Muttersprachen sprechen und sich in der Regel auf eine der Sprachen als Gebrauchssprache geeinigt haben. Stellen sich aber Schwierigkeiten ein, so kann es zu zusätzlichen Kommunikationsengpässen kommen. Eine Paartherapie oder Paarberatung für binationale Paare ist einfacher, wenn sie von einem Therapeut geführt wird, der diese Sprachen gut beherrscht.

Der paartherapeutische Prozess

Das Beziehungs-Erleben wird in das Dreieck „Partner/eigene Person/Therapeut“ hineingegeben und muss verstanden und vom Partner emotional und gedanklich nachvollzogen werden. Dieses Verstehen ist ein wichtiger Motor für den Fortschritt. Unter Umständen kann es auch zu einer konstruktiven Konfrontation der Perspektiven, Einschätzungen, Bewertungen und unterschiedlichen Bedürfnissen sowie Handlungen führen. Erst dank dessen ist es oftmals möglich, den andern wieder als Person in ihrem je eigenen Erleben zu akzeptieren. Jeder der Partner muss beispielsweise überprüfen, ob er respektive sie sich zu oft in Dominanzkonflikte hinein begibt, um die eigenen Präferenzen und Sichtweisen als für beide gültig durchzusetzen. Es geht also immer auch darum, sein eigenes Verhalten und seine eigenen Haltungen zu hinterfragen. Oftmals entstehen die dafür notwendigen Annäherungen zwischen den Partnern.

Den eigenen Gefühlshaushalt regulieren zu lernen ist für das Gelingen einer Paarbeziehung ebenso wichtig wie das gegenseitige Verstehen und Eingehen auf Nähe-Bedürfnisse

Genau so entscheidend kann es sein, dass wichtige Kerngefühle ohne Beschuldigungen dem Partner mitgeteilt werden können: Zum Beispiel das Gefühl der Angst um die Bindung oder des grenzsetzenden Ärgers bei „Verletzungen“ desIdentitätsgefühls. Oder das Gefühl der Verletztheit und Scham, wenn sich einer der Partner gedemütigt fühlt. Ebenso das Gefühl der Traurigkeit oder Verlassenheit bei mangelndem Bindungserleben oder mangelndem Interesse und Wertschätzung etc. Es ist die Aufgabe des Therapeuten, den Ausdruck dieser Gefühle zu erleichtern. Bei diesem Ausdruck der Kerngefühle geht es auch darum, bei sich selber zu entdecken, ob hinter einer “Wut” eher Angst und Verletzlichkeit steckt, welche ausgedrückt werden sollte (statt der “vorgeschobenen” Wut” oder des “falschen” Ärgers). Manchmal erkennen die Partner, dass hinter dem Gefühl, „Opfer“ zu sein, und hinter den Tränen, die deswegen vergossen werden können, auch „gesunder“ Ärger steckt. (Greenberg, 2008).

In einer Paarberatung geht es darum, sich für den andern Partner zu öffnen, seine Sichtweisen und Präferenzen wertzuschätzen oder zumindest deren Tatsache anzuerkennen. Aber es geht auch darum, nicht nur Bedürfnisse dem andern gegenüber zu formulieren, sondern zu lernen, mit gewissen, unweigerlichen Frustrationen alleine fertig zu werden, weil der Partner nicht immer zur Verfügung stehen kann. Den eigenen Gefühlshaushalt regulieren zu lernen ist für das Gelingen einer Paarbeziehung ebenso wichtig wie das gegenseitige Verstehen und  Eingehen auf die Nähe-Bedürfnisse.

Der Therapeut wird darauf achten, dass jeder Partner sich für das Verstehen des Anderen Zeit nimmt. Manchmal wird er sogar darauf bestehen müssen, so dass ein zu schnelles Voranschreiten im Gespräch unterbrochen wird zugunsten einer Wiederaufnahme des bereits Gesagten. So versucht der Therapeut, bestimmte Kommunikationsmuster zu unterbrechen, die bisher zu Belastungen oder zu Unzufriedenheit führten. Diese Vorgehensweise erlaubt, die sogenannten „Konfliktzyklen“ des Paares genauer zu benennen. Werden die Konfliktzyklen besser erkannt, so besteht die Möglichkeit, aus diesen Mustern „auszutreten“ und neue, „gesündere“ Interaktionsmuster anzubahnen. In den Konfliktzyklen stecken immer implizite, nicht-mitgeteilte oder zu wenig wahrgenommene Kerngefühle, die den Bereich der Bindung (Sicherheit, Vertrauen) und den Bereich der Identität (Wertschätzung, Anerkennung) betreffen. Das genaue Vorgehen wird im Detail zu Beginn der ersten Sitzung erläutert. Zusätzlich kommen auch noch weitere Hilfestellungen des Therapeuten zum Einsatz. Auch diese werden im ersten Gespräch erläutert.

Ich orientiere mich vom paartherapeutischen Vorgehen her vor allem am personzentrierten Ansatz (Carl Rogers) sowie an der emotionsfokussierten Paartherapie (Leslie Greenberg und Rhonda Goldman).

Erstgespräch

Wie in jeder Paarberatung oder auch Paartherapie gilt es zuerst einmal eingangs folgende Punkte zu klären:

  • Wie stehts um die Motivation für eine Paarberatung eines jeden? Diese können unterschiedlich sein. Das ist normal und sollte zu Beginn von beiden Seiten akzeptiert werden.
  • Was sind die konkreten Anlässe für eine Paarberatung?
  • Wie stehts mit den Zielvorstellungen? Diese können unterschiedlich sein. Manchmal ändern sich die Zielvorstellungen auch. Dem muss Rechnung getragen werden.

Wann macht eine Paartherapie Sinn?

Eine Reihe von Gründen kann eine Paartherapie sinnvoll machen. Hier eine Auswahl davon:**

  • Wenn einer oder beide Partner sich oft verletzen oder sich in der Beziehung verletzt fühlen.
  • Wenn immer nur einer bestimmt oder im Wesentlichen die Entscheidungen fällt. Dieser Grund wiegt umso schwerer, je mehr Bereiche davon betroffen sind (Geld, Ferien, Freundeskreis, Erziehung, sexuelle Aktivitäten…)
  • Bei mangelnder gegenseitiger Unterstützung
  • Wenn sich einer oder beide oft unverstanden oder missverstanden fühlt/fühlen
  • Wenn Enttäuschung und Kritik nicht oder nicht mehr ausgesprochen werden können
  • Wenn wichtige Wünsche eines Partners nicht mehr angesprochen oder erfüllt werden
  • Wenn einer oder beide Partner sich häufig kritisieren oder kritisiert werden
  • Wenn Ziele oder Pläne für die Zukunft weit auseinander gehen
  • Wenn in der Beziehung die sexuelle Befriedigung bei einem oder bei beiden sehr oder völlig fehlt
  • Wenn es kaum noch gemeinsame Interessen gibt
  • Wenn der Partner eine Aussenbeziehung eingeht
  • Wenn der Partner aufgrund der bestehenden Beziehung psychosomatische Beschwerden entwickelt.

Zusammenbleiben oder Trennung?

Schliesslich kann eine Paartherapie auch dem Zweck dienen, herauszufinden, ob man zusammen­bleiben oder sich trennen will. Dies gilt umso mehr für Partner, die sich mit dieser Entscheidung schwer tun und innerlich hin- und herschwanken – manchmal sogar ohne die Zweifel dem andern wirklich mitzuteilen. Das ist für eine Beziehung eine grosse Belastung. Bei sehr unterschiedlichen Ausgangslagen ist es schwierig, eine Paarberatung zu machen: Wenn der eine Partner sich trennen, der andere aber die Beziehung retten will. In diesem Fall kann es Sinn machen, dass zuerst nur mal einer in die „Paarberatung“ kommt, um mit dem Therapeuten das Vorgehen zu klären.

Literatur

Leslie S. Greenberg & Rhonda N. Goldmann (2008): Emotion-Focused Couples Therapy. The Dynamics of Emotion, Love, and Power. American Psychological Association. University of Iowa Press.

 Fussnote

 ** Ich habe mich von  der Site www.partnerschaft-beziehung.de  bei dieser Auflistung inspirieren lassen. Besten Dank!

 

 


Bewertung: 4 / 5

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abhaengigepersoenlichkeit

Persönlichkeitsstörungen sind häufig länger sich aufrechterhaltende “psychische” Zustände und Verhaltensmuster, die in der Persönlichkeit tief verankert sind. Nebst funktional zahlreichen notwendigen und sinnvollen Mustern gibt es auch solche, die sogenannt dysfunktional sind. Dann redet man von einer Störung, die oft nur über eine Psychotherapie von langer Dauer korrigiert werden kann. Gute Prognosen respektive Erfolgsaussichten, um die Störung zu beheben, sind mässig, häufig geht es auch um ein sich Arrangieren. Alle von der wissenschaftlichen Forschergemeinde akzeptierten Persönlichkeitsstörungen werden unter anderem im ICD-10* detailliert beschrieben:

Personen mit einer Persönlichkeitsstörung weisen gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Denken und Fühlen auf , insbesondere gibt es auffällige psychologische Unterschiede in der Beziehungsgestaltung und der Fähigkeit, in Beziehungen zu andern zu stehen. Das bedeutet, dass die Interaktionsmuster der Persön-
lichkeitsgestörten vom Umfeld als problematisch erlebt

werden. Der Interaktionsstil erscheint Dritten häufig als unberechenbar und insgesamt belastend. Für die Persönlichkeitsgestörten selber ist er oft eine Quelle von viel Leiden.

Die abhängige Persönlichkeitsstörung

Personen mit einer Persönlichkeitsstörung, deren Grundmerkmal „Abhängigkeit“ aufweist, verlassen sich bei Lebensentscheidungen passiv auf ihre Mitmenschen – dies kann sowohl für die “kleinen” Entscheide des alltäglichen Lebens wie auch für wichtige Entscheidungen gelten . Die ICD-10-Klassifikation führt die „abhängige Persönlichkeitsstörung“ unter F.60.7 auf. Menschen mit dieser Störung haben die Neigung, ihr Beziehungsnetz so zu „organisieren“, dass sie Entscheidungen jeweils Dritten, „den andern“ oder den Personen, zu denen sie in Abhängigkeit stehen, delegieren können.

Auffallend ist zudem ebenso, dass dies auch kleine Entscheidungen betrifft. Zum Beispiel bei alltäglichen Verrichtungen wie Einkaufen gehen oder Rechnungen bezahlen. Die Störung ist unter anderem auch gezeichnet durch heftig aufgretende, immer wiederkehrende Trennungsängste und durch ein “umfassendes” Gefühl der persönlichen Imkompetenz. Die Passivität, welche die abhängige Persönlichkeit auszeichnet, ist ein Schutz vor den zu treffenden Entscheidungen und auch Schutz vor den häufig verspürten Ängsten und Überforderungsgefühlen. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass solche Personen häufig dem Wunsch, sich andern unterzuordnen, nachgeben.

Nicht selten versuchen sie, ältere Menschen in ihr Leben einzubinden. Daraus entsteht die Situation, dass sie sich deren Wünsche unterwerfen, weil sie quasi als Kompensation ja deren Sicherheit und Struktur geniessen. Häufig stellen Aussenstehende eine Art Kraftlosigkeit im intellektuellen Bereich fest sowie ein Treibenlassen in emotionalen Belangen, auch dann noch, wenn es um ganz persönliche Dinge gehen mag, die sie unmittelbar angehen – also auch zum Preis von spürbarem Leiden.

* International Classification of Mental and Behavioural Disorders, herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation WHO

 

 


Einführung

Das Selbstkonzept nimmt einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ein. Wenn sich eine Person beispielsweise als untalentiert oder unbegabt einstuft, wird sie allen Situationen auszuweichen versuchen, bei denen sie erhöhte Leistungsanforderungen befürchtet. Nähme man gerne eine Einladung zu einer Party an, wenn das Selbstkonzept Probleme bei der Kontaktnahme und Anteilnahme an Gesprächen signalisierte? Wer sich für gesellschaftlich ungeschickt hält, hat die Tendenz, solche sozialen Kontakte der Zwischenmenschlichkeit zu meiden.

Personen, die sich für zwischenmenschlich ungeschickt, unbeliebt, ängstlich oder für leistungsschwach halten, können Erfahrungen sammeln, die den eigenen Erwartungen auf einmal nicht entsprechen. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sie ihr bislang entwickeltes Selbstkonzept konservieren: Erfahrungen, die nicht im Einklang mit dem Selbstkonzept sind, werden deshalb nicht selten für eine Ausnahme der Regel(-erfahrung) gehalten. Ein Mensch, der sich für unbegabt hält, jedoch in einer Leistungssituation die Aufgabe bewältigt hat, neigt z.B. dazu, den Erfolg auf das Konto „Glück“ zu buchen. Dadurch muss der das Selbstkonzept nicht in Frage stellen.

Es kann deshalb nicht erstaunen, dass Selbstkonzepte über lange Zeitperioden bestehen bleiben, letztlich sogar über Jahrzehnte. Das hat mit den dazugehörigen Abwehrmechanismen zu tun. Ein Selbstkonzept ist immer mit Abwehrmechanismen behaftet, damit es Infragestellungen nicht zu direkt und ungefiltert, quasi schockartig, erfahren muss. Das hat zweifelsohne Vorteile. Es verschafft dem Selbstkonzept die lebensnotwendige Stabilität. Aber es hat auch schwerwiegende Nachteile, weil es neue Erfahrungen, die unter Umständen sehr konstruktiv sind und die ein Persönlichkeitswachstum erlauben würden, verunmöglichen.

Wenn eine Erfahrung nicht bedingungslos vom Selbstkonzept wertgeschätzt werden kann oder zumindest nicht als solche akzeptiert werden kann, dann wird diese Diskrepanz zwischen Selbstkonzeptwahrnehmung und tatsächlicher Erfahrung Inkongruenz genannt. Solche Inkongruenzen sind das, was man in der Umgangssprache „psychische Probleme“ nennt. Je nach Chronizität, je nach Entstehungszusammenhang und je nach Stärke der jeweiligen Inkongruenzmuster entstehen daraus die sogenannten psychischen Störungen.

In einigen Fällen hilft zur Veränderung des Selbstkonzeptes nur noch eine Psychotherapie. Eine Psychotherapie ist damit nichts anderes als eine Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln oder gemachte Erfahrungen neu zu bewerten, so dass Widerspruch oder Neues zu dem bisherigen Klassifikationssystem von Erfahrungen (= Selbstkonzept) erlebt werden kann. Dadurch wird eine Neuordnung des Selbstkonzeptes ermöglicht.

 

 


Bewertung: 4 / 5

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spielsucht

Das pathologische Glücksspiel gehört zu den sogenannten „Abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“. Das ICD-10 (International Classification of Mental Disorders, Hrsg. WHO) klassifiziert diese Verhaltensstörung unter den „verschiedenen Verhaltensstörungen“. Dazu rechnet man zum Beispiel auch die Pyromanie (pathologisches Brandstiften), die Kleptomanie (pathologisches Stehlen) und die Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreissen).

Ein Glücksspielverhalten gilt dann als pathologisch, wenn es häufig, also wiederholt stattfindet und zwar so, dass es die Lebensführung der betroffenen Menschen ausserordentlich stark beherrscht und zunehmend zum vollständigen Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Verantwortlichkeiten führt.

Dabei ist vor allem entscheidend, dass die Betroffenen eine innere, fast zwanghafte „Bereitschaft“ verspüren, ihren Beruf oder Anstellung sowie ihr Ansehen auf Spiel zu setzen. Sie gehen dabei oft hohe Schulden ein, nur um an Geld zu kommen. Oft handeln sie ungesetzlich und lügen, ebenso um an Geld zu kommen.

Die betroffenen selber beschreiben einen intensiven Drang nach dem Spiel. Ihr Innenleben und ihre Fantasie ist häufig stark besetzt von Vorstellungen bildlicher Art, wie sie spielen und in welchen Umständen das Spiel jeweils stattfindet.

Es besteht zudem ein klarer Zusammenhang zwischen der Stärke, mit der sie sich gedanklich und real mit dem Spiel beschäftigen und belastenden Lebenssituationen. Nehmen letztere zu oder werden von den Betroffenen als sehr belastend erlebt, dann nimmt auch das Spielverhalten zu respektive die innere Beschäftigung mit dem Spielen (Vorstellungswelt). Damit entsteht dann auch ein „innerer“ Teufelskreis. Das Spielen selber führt wegen der Verschuldung zur Belastung. Dadurch wird aber wieder vermehrt gespielt, weil es bizarrerweise von der Belastung ablenkt, die durch das Spielen selber entstanden ist.

Der Begriff „pathologisches Spielen“ und der Begriff „zwanghaftes Spielen“ werden synonym verwendet.

Therapie

Entscheidend bei einer erfolgreichen Therapie ist die Erkenntnis, dass sich Suchtverhalten meist aufgrund eines ersten Erfolges (man hat gewonnen) eingestellt hat. Dies fand häufig während einer Zeit von Frustrationen und Belastungen statt. Dadurch ist ein Kontrasterleben entstanden, das wiederholt werden möchte (was natürlich nicht gelingen kann). Eine personzentrierte und experienzielle Psychotherapie kombiniert mit verhaltenstherapeutischen und soziotherapeutischen Massnahmen kann den Betroffenen helfen, sich von dieser Drangstörung zu befreien.

 

 


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Die dissoziativen Störungen oder auch Konversionsstörungen gehören gemäss ICD-10* zu den sogenannten "neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen".

Allgemeine Kritieren (F44)

Zu den allgemeinen Charakteristika einer dissoziativen Störung gehört der partielle oder unter Umständen vollständige Verlust der Erinnerung an die Vergangenheit. Damit ist nicht so ehr gemeint, dass die Erleb- nisse, an die man sich erinnern könnte, fehlen, sondern dass diese Erlebnisse nicht ins Gedächtnis integriert werden können - sie besteh- en, falls überhaupt, wie losgelöst. Das Gleiche gilt für das Bewusstsein seiner eigenen Identität, für die Wahrnehmung von unmittelbaren Empfindungen und für die Kontrolle von Körperbewegungen. Landläufig stellt man sich Schizophrenie als "Abgespaltenheit" vor oder als "Zwei- gespaltenheit" der Person. Während dies für schizophrene Störungen gar nicht so sehr zutrifft, so kann man im Falle von dissoziativen Stör- ungen diese populäre Vorstellung viel eher bemühen, um einiger- massen zutreffend die psychischen Zustände, die zu dieser Störung passen, zu beschreiben.

Diagnostische Kriterien

In den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts wurden diese Störungen auch als "Hysterie" bezeichnet respektive als "Konver- sionsneurose". Die Störungen gelten als ursächlich psychogen, immer in enger zeitlicher Verbindung mit traumatisierenden Geschehnissen, nicht auflösbaren schwerwiegenden persönlichen Konflikten oder schwer gestörten Beziehungen respektive "Beziehungserleben". Dieser chrono- logische Zusammenhang zwischen Traumatisierung und Dissoziation muss als überzeugend imponieren (erstes diagnostisches Kriterium). Ärztliche Untersuchungen ergeben zudem keine Hinweise auf soma- tische oder neurologische Erkrankungen (zweites diagnostisches Kri-

terium). Die Symptome, welche die Betroffenen beschreiben respektive welche beobachtbar sind, entsprechen sehr häufig dem Bild, das die Betroffenen von "Krankheit" ganz allgemein haben. Das heisst, sie entwickeln häufig Symptome, die ihrem eigenen Krankheitskonzept entsprechen.

Ausprägungen nach ICD-10

  1. Dissoziative Störungen haben, unterschiedslos zu ihren spezifischen Ausprägungen, die Tendenz, nach einigen Wochen oder Monaten wieder spontan zu verschwinden. Insbe- sondere dann, wenn der Beginn mit einem "life-event" zu tun hat, das traumatisierend auf die Person einwirkte. Es gibt aber auch eine chronische Entwicklung von dissoziativen Störungen, vor allem dann, wenn der Beginn derselben mit unlösbaren Problemen oder Beziehungs- schwierigkeiten (sogenannte "interpersonelle Schwierigkeiten") zusammen hing.
  2. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Ausprägungen von dissoziativen Störungen. Darunter können im Einzelnen folgende aufgezählt werden:
  3. Dissoziative Amnesie (F44.0): Verlust der Erinnerung für meist wichtige aktuelle Ereignisse. Die Amnesie bezieht sich auf Traumatisierendes. Sie übersteigt die normale Vergess- lichkeit.
  4. Dissoziative Fugue (F44.1): Ausprägendes Kriterium ist hier das Organisieren einer Reise, welche zu einer beträchtlichen Entfernung von zuhause führt. Die Selbstversorgung der Person (Essen, Schlafen, Hygiene) bleibt erhalten, die Erinnerung daran allerdings ist mangelhaft bis fehlend (Amnesie).
  5. Dissoziativer Stupor (F44.2): Ausprägendes Kriterium ist eine Re- duktion oder Abwesenheit von willentlichen Bewegungen, von Sprache sowie kaum Reaktion auf Licht, Geräusche oder Berührung.
  6. Trance- und Besessenheitszustände (F44.3): Ausprägendes Kriterium ist die vorübergehende Bewusssteinsveränderung (kein Gefühl für die persönliche Identität, eingeengtes Bewusstsein auf die unmittelbare Umgebung, eingeschränkte Bewegungen und repetitives kleines Sprechrepertoire). Dies geschieht unfreiwillig. Es ist von bewusster Induktion von Trancezuständen zu religiösen Zwecken zu unter- scheiden. Bei der Besessenheit greift die Überzeugung in der Person die Überhand, von einer äusseren Macht beherrscht zu werden. Sowohl Trance wie Besessenheit müssen ungewollt und belastend sein. Schizophrenie ist Ausschlusskriterium. Den nun folgenden Ausprägungen ist gemein, dass sie Symptome aufweisen, welche die Betroffenen zu ihrem grundlegenden "Krankheitskonzept" zählen. Es handelt sich also um eine Phänomenologie, die dem Selbstkonzept "wenn jemand krank ist, dann ist er so wie ich" entspricht:
  7. Dissoziative Bewegungsstörung (F44.4): Kompletter oder teilweiser Verlust der Bewegungsfähigkeit, einschliesslich der Sprache (keine Mund- und Zungenmotorik mehr).
  8. Dissoziative Krampfanfälle (F44.5): Plötzliche und unerwartete Krampfanfälle, erinnern stark an epileptische Anfälle, dabei tritt aber kein Bewusstseinsverlust auf. Keine Hämatome, kein Zungenbiss oder Urininkontinenz.
  9. Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (F44.6): Es handelt sich hier um eine Art psychogener Schwerhörigkeit und Taubheit, inklusiver Unempfindlichkeit der Hautareale.
  10. Multiple Personlichkeitsstörung als weitere Ausprägungsart

    Zu guter Letzt gehört auch die in Film und Fernsehen bekannt gewordene "multiple Persönlichkeitsstörung" zu den sogenannten dissoziativen oder Konversionsstörungen. Hier darf mit Fug und Recht das populäre Bild der "Zweigespaltetheit" der Person bemüht werden. Es ist dies aber, nicht wie vielleicht zu erwarten wäre, keine eigenständige, völlig unabhängige Störung, die ein separates Kapitel in der Klassifikation von psychischen Störungen füllen würde. Im Gegenteil gilt die "multiple Persönlichkeitsstörung" im ICD-10 als Unter-unter-Kategorie der dissoziativen Störungen, als eine weitere Ausprägungsvariante.

  11. Multiple Persönlichkeitsstörung (F44.81): Zwei oder mehr Persönlichkeiten, die sich voneinander unterscheiden, werden von derselben Person dargestellt respektive von ihr zu unterschiedlichen Zeitpunkten erlebt und führen zu Verhalten und Einstellungen, die gelebt werden. Jede Persönlichkeit hat ihr Erinnerungsvermögen und übernimmt während einer bestimmten Dauer die volle Kontrolle der Person. Es herrscht eine Unfähigkeit, sich an persönliche Sachverhalte zu erinnern, vor, egal, welche "Persönlichkeit" gerade die Kontrolle übernommen hat. Entzugssymptome, Epilepsie oder Intoxikationen müssen ausgeschlossen werden können.

 

 


spielsucht

Einleitung

Das pathologische Glücksspiel gehört zu den sogenannten „Abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“. Das ICD-10 (International Classification of Mental Disorders, Hrsg. WHO) klassifiziert diese Verhaltensstörung unter den „verschiedenen Verhaltensstörungen“. Dazu rechnet man zum Beispiel auch die Pyromanie (pathologisches Brandstiften), die Kleptomanie (pathologisches Stehlen) und die Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreissen).

Ein Glücksspielverhalten gilt dann als pathologisch, wenn es häufig, also wiederholt stattfindet und zwar so, dass es die Lebensführung der betroffenen Menschen ausserordentlich stark beherrscht und zunehmend zum vollständigen Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Verantwortlichkeiten führt.

Dabei ist vor allem entscheidend, dass die Betroffenen eine innere, fast zwanghafte „Bereitschaft“ verspüren, ihren Beruf oder Anstellung sowie ihr Ansehen auf Spiel zu setzen. Sie gehen dabei oft hohe Schulden ein, nur um an Geld zu kommen. Oft handeln sie ungesetzlich und lügen, ebenso um an Geld zu kommen.

Die betroffenen selber beschreiben einen intensiven Drang nach dem Spiel. Ihr Innenleben und ihre Fantasie ist häufig stark besetzt von Vorstellungen bildlicher Art, wie sie spielen und in welchen Umständen das Spiel jeweils stattfindet.

Es besteht zudem ein klarer Zusammenhang zwischen der Stärke, mit der sie sich gedanklich und real mit dem Spiel beschäftigen und belastenden Lebenssituationen. Nehmen letztere zu oder werden von den Betroffenen als sehr belastend erlebt, dann nimmt auch das Spielverhalten zu respektive die innere Beschäftigung mit dem Spielen (Vorstellungswelt). Damit entsteht dann auch ein „innerer“ Teufelskreis. Das Spielen selber führt wegen der Verschuldung zur Belastung. Dadurch wird aber wieder vermehrt gespielt, weil es bizarrerweise von der Belastung ablenkt, die durch das Spielen selber entstanden ist.

Der Begriff „pathologisches Spielen“ und der Begriff „zwanghaftes Spielen“ werden synonym verwendet.

Therapie

Entscheidend bei einer erfolgreichen Therapie ist die Erkenntnis, dass sich Suchtverhalten meist aufgrund eines ersten Erfolges (man hat gewonnen) eingestellt hat. Dies fand häufig während einer Zeit von Frustrationen und Belastungen statt. Dadurch ist ein Kontrasterleben entstanden, das wiederholt werden möchte (was natürlich nicht gelingen kann). Eine personzentrierte und experienzielle Psychotherapie kombiniert mit verhaltenstherapeutischen und soziotherapeutischen Massnahmen kann den Betroffenen helfen, sich von dieser Drangstörung zu befreien.

 

 


erstgespraech PBei einem Erstgespräch achte ich darauf, dass die Auslöser für die Therapieanfrage benannt werden. Daraus ergeben sich dann die Ziele und die Motivationen. Es ist wichtig, den aktuellen Belastungsgrad und die Gefühle der seelischen Beeinträchtigung zu bestimmen respektive zu benennen. Daraus kann man in etwa abschätzen, ob es eine sehr kurze Therapie wird oder ob man die Frage der Dauer fürs Erste offen lassen muss.

Zu einem Erstgespräch gehört auch, dass ich mein gesprächspsychotherapeutisches Vor- gehen beschreibe, so dass der Klient/die Klientin ein gewisses Sicherheitsgefühl bezüglich der Sitzungen erlangen kann. Untenstehend finden Sie eine Liste mit den wichtigsten Punkten, die in einem Erstgespräch häufig angesprochen werden.

Stichworte zu zentralen Punkten eines Erstgesprächs

  • Ich frage nach den Auslösern für die Therapie und den Themen, welches Ihr emotionales Wohlbefinden beeinträchtigen.
  • Wir versuchen, den aktuellen „Schweregrad der Belastung“ ungefähr zu bestimmen (mit Worten)
  • Welche Ziele möchten Sie erreichen? Und was motiviert sie dabei am meisten?
  • Welche Gefühle haben Sie als Klient/Klientin bezüglich der Therapie/Beratung selber (Hoffnungen, Erwartungen, Stress etc.)
  • Biografisches, Geschichtliches, Anamnestisches, zum Beispiel familiäre Hintergründe
  • „Technische“ Daten wie Sitzungstermine, Tarife, Dauer einer Sitzung, Rechnungsstellung, Zusatzversicherungen etc. müssen ebenso geregelt werden.

Stichworte zu meinem therapeutischen Vorgehen

  • In der Tendenz übernehme ich die Verantwortung für den Prozess, der Klient die Verantwortung für die Inhalte/Themen
  • Inhaltlich zentral sind im Zusammenhang mit den vorgebrachten Inhalten grundsätzlich die intensiven, bedeutsamen Emotionen sowie die damit verbundenen Bedürfnisse, (Selbst-) Bewertungen, (Selbst-) Zwänge, Motivationen und Handlungstendenzen.
  • Bestimmte emotionale Problemstellungen, für welche es deutliche Hinweise gibt, werden in der Regel auch spezifisch bearbeitet. So können Konflikte (sogenannte Konfliktspaltungen) spürbar sein, bei denen die Person ein “Einerseits-Andererseits”-Gefühl hat. Diese Konflikte können oft gut inszeniert werden, indem man beide Seiten explizit anspricht und den inneren Dialog nach aussen kehrt und laut verbalisiert. Eine andere spezifische emotionale Problemstellung kann die Schwierigkeit betreffen, überhaupt einmal innerlich zu verspüren, um welches psychische Bedürfnis es gehen könnte und wie sich dies konkret anfühlt (Focusing-Technik). Weitere konkrete emotionale Fragestellungen betreffen sogenannte problematische Reaktionsketten, Verletzlichkeit, emotionale Unterbrechungen des Wahrnehmens und Ausdrückens, unerledigtes Erleben bezüglich früherer wichtiger Bezugspersonen etc. Für alle diese Problemstellungen kann es effektiv sein, spezifische Bearbeitungsmethoden hinzuzuziehen. Ich betrachte es als meine fachliche Verantwortung, solche Vorgehensweisen vorzuschlagen, plausibel zu erklären und dem Klienten / der Klientin behilflich zu sein, diese Methoden auch anzuwenden.
  • Vage sowie nicht unmittelbar benennbare Eindrücke und Gefühle bekommen einen wichtigen Platz. Wir versuchen gemeinsam, diese Eindrücke zu verbalisieren
  • In der Tendenz gilt „Hier und Jetzt“ statt „Dort und Gestern“. Kein intellektuell geprägtes „Wühlen“ in der Vergangenheit.
  • Wir achten uns, ob und inwiefern Blockierendes und Einengendes aus der Vergangenheit auf Ihr aktuelles Leben wirkt.
  • Falls Träume da sind, werden sie auf die „Wachbedeutung“ abgeklopft (welcher Zusammenhang besteht mit dem bewussten Erleben in der Wachzeit?)
  • Die Therapiestunde soll Ihnen für die entscheidende Zeit zwischen den Sitzungen Impulse und Ideen geben können
  • Themen, die die Therapie selber betreffen, sollten nicht zu lange ausgeblendet, sondern dürfen/sollen möglichst unmittelbar angesprochen werden

Ich spreche aus, was mich wie im Zusammenhang mit Ihrer Therapie beschäftigt, und bringe meine Person und mein Fachwissen konstruktiv und 

 

 


erstgespraechLors de la première consultation une série de points doit être abordée respectivement clarifiée.

Les points centraux d’une première consultation:

  • Nous essayons de déterminer les événements déclencheurs pour votre demande de consultation.
  • Nous déterminons le degré de charges psychosociales auxquelles vous êtes momentanément confronté (crise larvée, crise aiguë, souffrance, tensions)
  • Quels sont les buts que vous voulez atteindre en faisant une thérapie?
  • Quels sont vos sentiments par rapport à la démarche thérapeutique (stress, espoir,
    attentes, peurs etc.).
  • Éléments biographiques (anamnèse), y compris votre situation de vie actuelle.
  • Paramètres „techniques“ tels que le tarif, fréquence des séances, caisse-maladie
    complémentaire

La première consultation est aussi l’occasion d’expliquer ma méthode de travail. Ceci est en général bénéfique pour qu’un processus puisse démarrer:

  • Dans la tendance vous prenez la responsabilité pour les thèmes que vous voulez  abordez. Je prends la responsabilité pour qu’un processus s’enclenche le long des thèmes que vous amenez.
  • Nous nous centrons sur les émotions significatives et généralement intenses liés aux thèmes.
  • Nous nous centrons également sur toutes les émotions que vous percevez plus ou moins clairement sans pour autant pouvoir les nommer. Nous essayons de les verbaliser ensemble. Les émotions vagues mais tangibles sont les trésors du progrès thérapeutique.
  • Il y a certaines problématiques relevant de blocages des émotions qui peuvent être traitées plus effectivement avec des méthodes spécifiques. Ainsi, certains conflits psychiques dont la structure est dichotomique peuvent être plus effectivement traités par un procécé combinant l’approche centrée sur la personne à l’approche gestaltiste (les méthodes dites de la thérapie centrées sur les émotions de Leslie Greenberg / EFT**). Ces conflits se caractérisent par le fait que la personne vit en elle deux parties vécues comme opposées l’une à l’autre. Afin de faciliter leur traitement ces conflits peuvent être mis en scène explicitement au moyen de “chaises vides” (élément typiquement gestaltiste). Une autre problématique émotionnelle spécifique est celle de ne pas être en mesure de verbaliser ce que l’on vit alors que les émotions-sensations sont pourtant là, voir peuvent être intenses (la méthode choisie est ici le focusing de G. Gendlin). A mentionner aussi la problématique du “vécu inachevé” provenent de relations familiales ou de partenaires. Là aussi, une technique de l’approche centrée sur les émotions peut être très effective dans le traitement. Je considère comme étant de ma responsabilité de proposer des manières de procéder qui peuvent s’avérer effectives pour le client / patient afin qu’il puisse avancer dans son évolution.
  • Nous nous centrons davantage sur le „ici et maintenant“ et moins sur le „là-bas et hier“. Des retours sur la passé familial (les relations mère/père/fratrie) ne sont pas forcés intellectuellement. Cela n’amène qu’à peu de résultats.
  • Cela dit, nous sommes très attentifs à d’éventuels blocages et schémas peu constructifs qui ont leurs sources dans le passé et qui agissent sur votre vie active actuelle.
  • Le temps qui s’écoule entre les séances joue souvent un rôle important. Nous veillons à ce que vous puissiez réaliser des objectifs pour ce temps, objectifs que nous déterminons durant la séance.
  • En cas de narration de rêves nous nous centrons sur les liens qu’ils ont avec votre vie active (vie éveillée) et essayons de les verbaliser ensemble.
  • Nous essayons d’intégrer toute émotions concernant la thérapie elle-même et thématisons ce que vous ressentez à son égard.
  • Je verbalise la manière dont votre thérapie me touche. Je veille particulièrement à ce que cela se fasse d’une manière constructive et adaptée à votre personne afin de pouvoir vous fournir des impulsions positives appuyant votre processus.

** EFT signifie “Emotion-Focused Therapy”. Les représentants principaux sont Greenberg, Elliot, Rice et quelques autres.

 

 


carl rogers1902 1987Carl Rogers (1902-1987)

Aspectos generales

La psicoterapia centrada en la persona constituye un concepto sicológico aplicado al trabajo terapéutico con pacientes y clientes en búsqueda de ayuda sicológica. Ha sido creado por el sicólogo norte-americano Carl R. Rogers (1902 – 1987), Profesor de Psicología a partir de los años 40 del siglo 20. Es uno de los métodos mas investigados al nivel científico desde entonces y ha dado sus pruebas de eficacidad para la cura sicológica. Las investigaciones científicas y universitarias en muchas partes del mundo permitieron también el desarrollo sintomático de esta orientación psicoterapeutica. En Suiza, la Sociedad Suiza para la psicoterapia centrada en la persona hace parte de las grandes escuelas de psicoterapia de este país (SGGT – SPCP). El que hace un posgraduado en psicoterapia centrada en la persona es generalemente un psicólogo con licencia universitaria.

El concepto central de la terapia centrada en la persona consiste en las tres actitudes de base del terapeuta y pone en su centro la relación mutua entre terapeuta y paciente. Las tres actitudes definen la relación y el tratamiento psicoterapeutico de los problemas y del sufrimiento con los cuales el cliente se presenta.

Una relación definida por las actitudes de base genera una multitud de interacciones terapéuticas cada vez adaptadas a la relación con el paciente, a su persona y su situación particular y favorece la capacidad natural e inherente en cada persona de poder desarrollarse de manera constructiva.

1. La acceptación y consideración incondicionalmente positiva de la persona en búsqueda de ayuda. Se acepta sin condición ninguna su manera en que ella está dispuesta a revelarse y demostrarse en la relación frente al terapeuta.

2. La empatía centrada en la persona sufriente. Es la capacidad del terapeuta de entrar en el mundo del cliente y de comprender con exactitud sus vivencias como si el terapeuta fuese el otro. Esta comprensión empatica facilita la conscientisación, favorece el acompañamiento terapéutico y da impulsos al  desarrollo personal.

3. La autenticidad del terapeuta permite a menudo un dialogo sincero y constructivo directo entre el terapeuta y el cliente. El terapeuta sigue siendo el experto, pero él se comunica también como ser humano al servicio del cliente sufriente.

Filosofía y historia

En un sentido filosófico, los terapeutas centrados en la persona consideran el ser humano como una persona que, durante su vida entera, vive en una interdependencia entre sus necesidades de autonomía y sus necesidades de estar relacionado con los demás y con la sociedad. Las dos necesidades son existenciales. Uno de los objetivos de la terapia centrada en la persona es ayudar al paciente a encontrar su equilibrio en esta interdependencia y de desarrollar en ella su pleno funcionamiento social y síquico.

Interacción con otros métodos

Algunas veces puede ser útil de „practicar“ una mirada abierta, sistemica que tome en cuenta todos los actores y todas las situaciones sociales a las cuales se enfrenta el paciente. Es abrir la relación terapéutica a la sociedad que llevamos todos adentro de nuestro ser. En el caso de terapías para adolescentes o de pareja, esta mirada llamada „sistemica“ puede conducir a la integracíon directa de otras personas en la terapia como son los padres o es la pareja.

Otras veces puede ser útil de practicar ejercicios conductuales a fuera de la terapia, es decir en la vida real y volver con tal experiencia a la próxima consulta. Esta consulta puede entonces profundizar emocionalmente la nueva experiencia y enriquecer la terapia con nuevo „material“ para su desarrollo personal. También pueden ser útiles técnicas terapéuticas como el focusing o la desensibilisación sistematica en caso de bloqueos síquicos fuertes como angustia, pánico etc.

 

 


wissenschaftpsychologieEinleitung

Im Folgenden soll eine Ausgangsdefinition dessen gegeben werden, was wissenschaftlich unter Psychologie in der Regel verstanden wird. Anschliessend sollen die wichtigsten Wissens- sowie die Anwendungsgebiete der Psychologie stichwortartig erläutert werden.

Die Psychologie ist, wenn man es auf einen Punkt bringen will, die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des einzelnen Menschen. Diese gängige Lehrdefinition schliesst bewusst den ganzen interaktionellen Bereich, der konstitutiv zur Psychologie gehört, aus. Damit ist der ganze Bereich der Interaktionen wie Kommunikation und Beziehungswelten gemeint. Diese zwischenmenschlichen Bereiche werden im Rahmen dieser Definition immer nur aus der Sicht des einzelnen Menschen angeschaut. Das heisst aber nicht, dass der zwischenmenschliche Bereich, den so viele mit „Psychologie“ ganz automatisch in Verbindung bringen (zu Recht!), ausgeschlossen bleibt. Dies heisst nur, dass aus der Sicht des einzelnen Menschen das Zwischenmenschliche wieder im Rahmen des je eigenen Erlebens und Verhaltens erfasst und wissenschaftlich analysiert wird.

Selbstverständlich kann man die Definition von wissenschaftlicher Psychologie von Anfang an auf das Interaktionelle, das Zwischenmenschliche, ausweiten. Mit andern Worten: Die klassische Definitionnimmt bewusst eine Einschränkung in Kauf. Sie hat einzig zum Vorteil, dass dadurch wirklich der einzelne Mensch, um den es letztlich im Kern bei der Psychologie geht, im Zentrum stehen bleibt. Dies bedeutet aber auch, dass die Definition häufig fast zwangsläufig erweitert werden muss, wenn der Mensch aus psychologisch-wissenschaftlicher Sicht ganzheitlich erfasst werden will. Diesem Umstand trägt die moderne, auf Forschung ausgerichtete, empirisch orientierte Psychologie Rechnung.

Eine wissenschaftlich orientierte Psychologie ist letztlich Teil der Biologie respektive fusst auf deren Erkenntnisse, insbesondere der Evolutionsbiologie und Evolutionspsychologie, der Neurobiologie und Neuropsychologie.

Eine wissenschaftlich orientierte Psychologie ist Teil der Biologie und fusst auf deren Erkenntnisse, insbesondere der Evolutionsbiologie und Evolutionspsycho-logie, der Neurobiologie und Neuropsychologie.

Erleben und Verhalten: Die Grundkategorien der Allgemeinen Psychologie

Erleben“ und „Verhalten“ kann man als aufeinander angewiesene „Gegenteile“ auffassen, ähnlich wie „innen“ und „aussen“. Erleben ist innen. Es ist der von aussen nicht sichtbare Teil der Psyche. Er ist höchstens aufgrund von Beobachtung erschliessbar. Hingegen ist es für die eigene Person völlig klar, dass sie etwas „erlebt“ (auch wenn es nicht immer so klar für einem selber sein mag, was man gerade erlebt…). Derjenige, der „erlebt“, kann natürlich andern davon erzählen. Allerdings ist jede Schilderung von Erleben an Sprache und mitteilbaren Bildern und Gesten gebunden und somit immer nur eine Annäherung an das, was man erlebt.

Das je eigene Erleben ist ontologisch gesehen nicht mitteilbar. Das heisst, niemand kann mein Erleben und meine Art, etwas zu spüren und zu erfahren, erleben. Genau so wenig kann ich das Erleben eines andern wirklich selber erleben. Ich kann es nur nachvollziehen, mir vorstellen, es nach-erleben. In der gemeinsamen Verständigung darüber kann ich mich absichern, ob ich mit meinem Gegenüber das Erleben teile oder ob wir Unterschiedliches erleben. Aber auch diese Bemühung ist nicht gleichzusetzen mit tatsächlichem Miterleben. Erleben ist immer different, es ist nie identisch, weder mit jenem Erleben eines Andern, sei er noch so nahe, noch ist es identisch mit sich selber: Auch die ähnlichste Erfahrung, die ich zum Dutzendsten Male wiederhole, ist nie genau die gleiche. Das Verhalten hingegen ist aussen. Es ist im Prinzip gut sichtbar für Dritte, für einen Beobachter, auch für mich selber. Natürlich kann ich auch Verhalten verbergen. Das kann mehr oder weniger gut gelingen. Aber wie es schon im Wort „verbergen“ steckt: Im Prinzip ist Verhalten etwas Sichtbares.

Aspekte des Verhaltens – Aspekte des Erlebens

Das psychologische „Erleben“ im Sinne der Psychologie kann ausdifferenziert werden, zum

Beispiel in folgende Bereiche:

– Motivation (innere Antriebe)

– Emotion und Affekte (Fühlen)

– Denken und „Kognitionen“ (von daher abgeleitet ist die kognitive Verhaltenstherapie)

– Innere Bilder und bildhaftes Erleben (z.B. Fantasien, Vorstellungen, Träume)

– Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Unbewusstes

– Alle Arten der Wahrnehmung und Sinneseindrücke

– Das Gedächtnis und deren Prozesse (erinnern, sich merken etc)

„Verhalten“ hinwiederum ist eine sehr breite Kategorie. Grundsätzlich ist alles, was man an einem Menschen beobachten kann, „Verhalten“. Man ist sich vielleicht nicht immer einig untereinander, wie man das beobachtete Verhalten am besten benennen kann, aber in vielen Fällen ist es eindeutig, zum Beispiel:

– essen, trinken

– gehen, rennen, stehen bleiben

– reden, schweigen

– blinzeln, die Lippen zusammen pressen

– etc.

Handeln und Verhalten

In diesem Sinne ist Verhalten ein sehr allgemeiner Begriff, der die Absicht, die Zielorientiertheit des Menschen nicht wirklich wieder gibt. Deshalb wird auch unterschieden zwischen Handeln und Verhalten. Handlungen sind absichtliche, zielgerichtete Verhaltensweisen und die aus psychologischer Sicht wohl wichtigste Unterkategorie des Verhaltens. Grenzgebiete zwischen Erleben und Verhalten sind Handlungen wie „Lernen“, Sprechen und Reden sowie fast jede Form von Interaktion und Kommunikation. Diese Verhaltensweisen entsprechen auch vielmehr einem Handeln im obigen Sinne. Denn zu diesen Verhaltensweisen gehören Absichten. Wir verfolgen damit Ziele.

Wissensgebiete

Im Wissensgebiet der Psychologie gibt es eine Vielzahl von wissenschaftlichen Bereichen, die sich mit verschiedenen Aspekten von Verhalten und Erleben beschäftigen. Ein grosser Teil der oben unter „Erleben“ aufgelisteten Bereiche gehören zur Lehre der Allgemeinen Psychologie: Motivationslehre, Gedächtnistheorien und darüber hinausweisend die Kognitionswissenschaften, Emotionsmodelle, Bewussteinsforschung etc. Auch die Spracherforschung (Psycholinguistik) gehört dazu, genau so wie die Fragestellung, was für psychologische Voraussetzungen es braucht, damit man eigentlich zählen und schliesslich rechnen lernt. Der wohl am meisten beachtete Wissensbereich ist die sogenannte Klinische Psychologie mit der Psychopathologie, der Diagnostik und dem Hauptanwendungsgebiet der Psychotherapie. Besondere Wichtigkeit haben im vergangenen Jahrzehnt die Grenzgebiete der Psychologie zu Medizin und Biologie erlangt. Darunter zählen vor allem die Neuropsychologie mit einem eigenen diagnostischen Apparat, aber auch die medizinische Psychologie, welche sich zum Beispiel mit den psychologischen Aspekten von Schmerz und Schmerztherapie beschäftigt. Selbstverständlich kann man das bereits schon traditionelle Gebiet der Psychopharmakologie ebenso hier erwähnen. In der Regel separat gelehrt werden die Kinder- und Jugendpsychologie, die Entwicklungspsychologie, die Sozialpsychologie sowie die Arbeit- und Organisationspsychologie. Psychologie als Wissenschaft basiert auf der Biologie, insbesondere der Evolutionsbiologie und Evolutionspsychologie.

Wichtige Anwendungsgebiete in den Bindestrichpsychologien

„Verhalten und Erleben“ kommt überall dort vor, wo Menschen am Werk sind. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass es ausserordentlich viele Gesellschaftsbereiche gibt, die für die Wissenschaft der Psychologie interessant sind. Sie sind deshalb interessant, weil es um praktische Anwendung geht. Solche Fachgebiete sind zum Beispiel die pädagogische Psychologie: Welche Lehrbücher für die Schulen wie gemacht werden müssen, was den Kindern in welchem Alter kognitiv zugemutet werden kann: Das erforscht die pädagogische Psychologie. Deren Empfehlungen werden von den Erziehungsdirektionen aufgenommen und umgesetzt. Wie ein Gutachten über Straftäter am besten geschrieben werden soll, so dass ein Gericht wirklich die nötigen Schlussfolgerungen ziehen kann: Dazu kann die Rechtspsychologie Auskunft geben. Und dass die A1-Autobahn in der Schweiz bei Baustellen aufmunternde „Smiles“ auf grossen Tafeln hinstellt, damit die Verkehrsteilnehmer sich im Stau nicht unnötig aufregen: Diese Idee wurde ziemlich sicher von Verkehrspsychologen vorgeschlagen…

 

 


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anpassungsstoerung

Anpassungsstörungen gehören zu den am häufigsten diagnostizierten Störungsbildern überhaupt. Ihr klinisches Anwendungsgebiet ist sehr breit gestreut. Durch die möglichen Zusätze wie „mit kurzer depressiver Reaktion“ oder „mit längerer depressiver Reaktion“ sowie auch „mit Angst und depressiver Reaktion gemischt“ können sie ein Breitbandspektrum an Beeinträchtigungs- und Belastungsbildern abdecken.

Die Diagnose „Anpassungsstörung“ wird im ICD-10* mit F43.2. kodiert. Zusätze wie „Anpassungsstörung mit kurzer depressiver Reaktion“ respektive „längerer depressiver Reaktion“ erhalten die Kodierung F43.20 respektive F43.21.

Die Diagnose ist einerseits wegen ihres breit definierten Anwendungsgebietes sehr häufig, aber wahrscheinlich auch aufgrund der Tatsache, dass der Begriff „Anpassungsstörung“ relativ unverfänglich ist und nur wenig Stigmatisierendes an sich hat. Diese Unverfänglichkeit kommt auch vielen Patient/-innen und Psychologen/innen entgegen, da die oft von den Krankenkassen eingeforderten Berichte selbstredend auch Diagnosen beinhalten müssen. Das unangenehme Gefühl, Diagnosen an Krankenkassen mitteilen zu müssen, welche den Datenschutz, zum Beispiel in der Schweiz, schon mit Füssen getreten haben, wird mit einer eher unverfänglichen Diagnose ein bisschen gemildert.

Nichtsdestotrotz beschreibt die Diagnose „Anpassungsstörung“ sehr relevante, manchmal auch gravierende Belastungsstörungen und psychische Beeinträchtigungen, die einen hohen Leidensgrad für die Betroffenen nach sich ziehen können.

Diagnostische Grundkriterien

Das erste Kriterium umschreibt eine „identifizierbare psychosoziale Belastung, von einem nicht aussergewöhnlichen oder katastrophalem Ausmass“ (ansonsten redet man von posttraumatischer Belastungsstörung). Der Beginn der Symptome ist innerhalb des vergangenen Monats festlegbar. Das zweite Kriterium umschreibt Symptome und Verhaltensstörungen (ausser Wahngedanken und Halluzinationen) wie sie z.B. bei affektiven Störungen vorkommen. Aber diese Symptome erfüllen die Kriterien einer einzelnen affektiven Störung nicht (z.B. Depression). Das dritte Kriterium umschreibt die Dauer. Die Symptome dauern nicht länger als sechs Monate nach Ende der Belastung oder ihrer Folgen, ausgenommen ist die Anpassungsstörung mit einer längeren depressiven Reaktion (F43.21). In der Realität wird dieses dritte Grundkriterium eher large gehandhabt, weil das ICD-10 explizit auch die Möglichkeit einer vorläufigen Diagnose einräumt, so dass dieses Zeitkriterium eher ein schwaches ist.

Beispiele

Es geht bei einer Anpassungsstörung immer um Zustände einer subjektiven Bedrängnis und einer emotionalen Beeinträchtigung. Diese Beeinträchtigung behindert das Wahrnehmen von sozialen Funktionen und Leistungen. Entscheidend ist, dass ein zu erfolgender Anpassungsprozess ins Stocken geraten ist, nachdem ein lebensveränderndes Ereignis stattgefunden hat. Zum Beispiel ein Schulwechsel. Ein Jugendlicher wirkt depressiv, niedergeschlagen, leistungsbeeinträchtigt, zurückgezogen, seitdem er täglich eine halbstündige Fahrt in die Stadt zur Schule machen muss. Er kann am Mittag nicht mehr wie gewohnt nach Hause. Zudem hat der Schulwechsel zur Folge, dass er seine bekannten Schulkollegen nicht mehr sehen kann. Der neue Stundenplan hat zudem zur Folge, dass er sein Training im Sportverein nur noch am Dienstag besuchen kann. Donnerstag geht’s nicht mehr. Er kommt aufgrund einer obligatorischen späten Schulstunde erst um 18 Uhr nach Hause, zu spät für den Trainingsbeginn um die gleiche Zeit. Ähnliche Beispiele sind ein Arbeitsplatzwechsel oder der Beginn von Elternschaft nach der Geburt des ersten Kindes. Ebenso der Beginn des Ruhestandes oder das Umziehen in ein Altersheim. Hier geht es um Entwicklungsschritte oder Veränderungen der Lebensumstände als Auslöser von einer Anpassungsstörung.

Die Belastung kann auch durch die Beschädigung des sozialen und Beziehungsnetzes entstehen. So ist ein anderes klassisches Beispiel ein Todesfall in der Familie oder der Verlust des Partners.

* ICD-10 = International Classification of Mental and Behavioural Disorders (Klassifikation psychischer Störungen), Hrsg. ist die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf.

 

 


insomnia

Einleitung

Schlafstörungen, die psychogen verursacht sind, werden im ICD-10* unter der Kodierung F51 aufgeführt und mit “nichtorganischen Schlafstörungen” bezeichnet. Das Besondere bei “Schlafstörungen” ist die Tatsache, dass das Symptom meistens eine Folge einer andern psychischen oder körperlichen Beeinträchtigung ist. Eine Schlafstörung einer eigenen Störungskategorie zuzuordnen, ist diagnostisch gesehen meist nicht ganz einfach. Tatsache ist aber ebenso, dass die Betroffenen diese Beeinträchtigung häufig als eine Hauptquelle ihres Leidens anschauen.

In der Regel werden Schlafstörungen als eigenständige Kategorie meistens mit andern Störungsbildern, die ebenso vorhanden sind, kodiert. Wenn eine Schlafstörung zum Zeitpunkt des Abklärungsanfangs oder des Therapieanfangs im Zentrum steht als eine der Hauptbelastungen, so kann man sie separat diagnostizieren. Als psychogene Schlafstörungen gelten alle Störungen, deren Hauptauslöser emotionale Gründe sind. Sie beeinträchtigen oder verunmöglichen das Einschlafen, Durchschlafen sowie die körperlich-psychische, “natürliche” Erholung durch Schlafen. Je nach Ansatz der gewählten Psychotherapie wird der Fokus eher auf die emotionalen Gründe gelegt oder eher auf die Verbesserung der sogenannten Schlafhygiene. Selbstverständlich kann beides respektive müssten beide Foki gleichwertig beachtet werden. In der Regel kann aber bei Auflösung und Veränderung der emotionalen Auslöser und Gründe eine automatisch verbesserte Regulierung des Schlafenkönnens beobachtet werden.

Diagnostische Kriterien zur nichtorganischen Insomnie (F51.0)

Wenn das klinische Bild, das erhoben wird, durch folgende, untenstehende Beschreibungspunkte geprägt ist, dann kann von einer nichtorganischen (psychogenen) Insomnie oder Schlafstörung ausgegangen werden:

A. Der Betroffene klagt über Einschlafstörung, Durchschlafstörung oder eine stark beeinträchtigte Qualität des Schlafes.

B. Diese Beeinträchtigungen treten mindestens dreimal pro Woche auf, und dies während mindestens eines Monats.

C. Der Betroffene spürt deswegen einen Leidensdruck, mit dem er nicht fertig wird. Der Leidensdruck wiederum wirkt sich auf seine Funktionen im sozialen und beruflichen Leben störend aus.

D. Es fehlen organisch feststellbare Faktoren, die das Kriterium A. (mit-) verursachen. Die Einnahme psychotroper Substanzen (Drogen, inklusive Nikotin) kann als Auslöserin ausgeschlossen werden.

Bei Kindern ist Vorsicht geboten, wenn es um diese Diagnose geht. Kinder haben häufig keine Schlafstörung, sondern mangelnde Routine und zu wenig Grenzen setzende Pädagogik, wenn es ums Insbettgehen geht. Schwierigkeiten der Kinder, ins Bett zu gehen, gehören rein fachlich nicht zur Kategorie “Schlafstörungen”. Vielmehr sollte eine ungenügende elterliche Kontrolle und Überwachung diagnostiziert werden, wenn Kinder partout nicht ins Bett gehen können. Hier gilt es, die Kinder pädagogisch anzuleiten und selber als Erwachsene vorbildhaft zu sein.

Diagnostische Kriterien zur nichtorganischen Hypersomnie (F51.1)

Im Unterschied zur nichtorganischen Insomnie ist die Hypersomnie geprägt durch exzessives Schlafen und Müdigkeit während des Tages sowie durch sogenannte Schlafattacken. In der Regel ist dieses Störungsbild immer mit einer andern psychischen Beeinträchtigung verbunden. Es gehört dazu, dass der Betroffene übermässige Klagen äussert in Bezug auf seine Schläfrigkeit während des Tages oder darüber klagt, dass er ausserordentlich lange Übergangsphasen erlebt, bis er sich nach dem Aufwachen einigermassen wach fühlt. Ebenso müssen organische Ursachen ausgeschlossen werden können.

Diagnostische Kriterien der nichtorganischen Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus (F51.2)

Hier geht es um eine mangelnde Abstimmung zwischen Wach- und Ruhe- respektive Schlafzeiten. Häufig findet eine Umkehr dieses Rhythmus’ statt. Dazu passende Begriffe sind zum Beispie die “psychogene Schlafumkehr” oder die “psychogene Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus” respektive die “psychogene Umkehr des zirkadianen Rhythmus”.

A. Das Wechselmuster zwischen Wachen und Schlafen wird von den Betroffenen als nicht synchron erlebt, als unerwünschte Verschiebung zwischen Tag und Nacht. Dabei gilt es zu beachten, dass die gesellschaftliche Umgebung, vor allem die Arbeitswelt, ein bestimmtes Muster favorisiert, nämlich früh morgens fit zu sein und spät abends schläfrig. Dieses Muster scheint den Betroffenen völlig abhanden gekommen zu sein.

B. Als Folge davon erleben die Betroffenen während der Hauptschlafperiode Schlaflosigkeit und, umgekehrt während der Hauptwachzeit, eine Art übergrosse Schläfrigkeit oder Müdigkeit. Dies muss fast täglich der Fall sein, wärhend mindestens eines Monats oder wiederholt während kürzerer Phasen.

C. Dadurch entsteht ein Leidensdruck, der sich wegen der nicht zufriedenstellender Dauer, Qualität und aufgrund des jeweiligen unpassenden Zeitpunkts der Schläfrigkeit einstellt. Die Beeinträchtigung ist im sozialen und beruflichen deutlich spürbar.

D. Es fehlen organische Faktoren, die als verursachend gelten können.

Zu beachten ist, dass nicht alle Menschen eine gleichen “Bio-Rhythmus” haben. Es gibt Menschen, die am Morgen deutlich leistungsfähiger sind, während andere später “wach” werden. Solche natürlichen Unterschiede gilt es zu berücksichtigen.

Literatur

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf). Es gibt eine für Schlafstörungen umfassendere Klassifikation: International Classification fo Sleep Disorders, herausgegeben von der American Sleep Disorders Association, 1990

 

 


Diagnostik – Psychopathologie

manieManische Störungen oder manische Beeinträchtigungen des psychischen Erlebens und Verhaltens werden im ICD-10* im Kapitel F3 aufgeführt. Das gesamte Kapitel ist den affektiven Störungen gewidmet, von denen die manischen Störungen den ersten Abschnitt bilden. Affektive Störungen haben als Hauptsymptomatik eine Stimmungsveränderung entweder hin zur Depression oder hin zur gehobenen Stimmung.

Entsprechende Stimmungsschwankungen sind für affektive Störungen typisch. Viele sich daraus ergebenden Symptome sind auf diesem Hintergrund zu verstehen. Die Manie ist nun jener Teil der Stimmungsschwankung, welche mit “gehobener” Stimmung umschrieben werden kann. Nichts gegen eine gehobene Stimmung! Das Problem bei einer manisch-gehobenen Stimmung ist, dass die Gehobenheit inadäquat, unpassend ist.

 

Eine manische Episode kennt grundsätzlich drei verschiedene Ausprägungen. Die Hypomanie, gekennzeichnet mit F30.0, die Manie ohne psychotische Symptome (F30.1) und die Manie mit psychotischen Symptomen (F30.2). Die Hypomanie ist durch eine anhaltende, leicht gehobene Stimmung, mindestens ein paar Tage hintereinander, charakterisiert. Damit einher geht ein gesteigerter Antrieb und eine Aktivitätsfülle oder Aktivitätsdichte, die sich durch eine gewisse Hektik und Rastlosigkeit kennzeichnen lässt. Der Hypomanische fühlt sich dabei auffällig wohl und empfindet seine Leistungsfähigkeit, sowohl seelisch wie körperlich, als sehr gross. Es herrscht eine gesteigerte Geselligkeit, eine gesteigerte Gesprächigkeit, eine teilweise überbordende Vertraulichkeit vor, ebenso eine erhöhte Libido und ein geringes Schlafbedürfnis.

All diese Merkmale führen aber nicht soweit, dass es zum Abbruch oder Unterbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen würde. Anstelle der euphorischen Gefühle können manchmal eine gewisse Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und unter Umständen auch flegelhaftes Verhalten treten. Die betroffene Person ist frei von Halluzinationen oder Wahn.

Bei der Manie ohne psychotische Symptome redet man dann, wenn die oben beschriebenen Symptome mindestens eine Woche ununterbrochen beobachtet werden können. Zusätzlich ist bei betroffenen Personen eine starke Ablenkbarkeit, Grössenideen und übersteigerter Optimismus vor risikoreichen Situationen feststellbar. Häufig ist auch der Verlust von sozialen Hemmungen.

Die Manie mit psychotischen Symptomen weist ergänzend zum bereits beschriebenen Störungsbild auch Wahn, Grössenwahn oder Halluzinationen auf (in der Regel Stimmen, die zum Betroffenen unmittelbar sprechen, also eine Art fiktiver Dialogpartner). Die Ideenflucht und die Erregung können Extreme annehmen, durch die die betroffene Person nicht mehr ansprechbar wird.

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf).

 

 


schluesselEin Felt Sense ist wie ein Schloss. Die Schlüssel sind Wörter und Bilder, die man aktiv sucht, um den Schlüssel ein bisschen zu drehen, ev. das Schloss zu öffnen...

Indikation

  • Wenn vage Gefühle und Intuitionen da sind, aber nicht wirklich dem Verstehen zugänglich sind.
  • Wenn es darum geht, den körperlichen Empfindungen für eine Situation oder ein Problem nachzuspüren (Vorbewusstes), um die emotionalen Informationen nach und nach bewusst zu machen.
  • Wenn viele verschiedene Themen da sind und es schwierig ist, eine Auslegeordnung zu machen.
  • Wenn es sich leer anfühlt, als ob nichts da wäre und trotzdem ist da irgendetwas…

Focusing: Wissenschaftlicher Hintergrund

Wurde entwickelt in den fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts von Eugene T. Gendlin und Carl R. Rogers. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass bestimmte Patienten/Klienten spontan mehr als andere von Psychotherapie und Beratung profitieren. Gendlin und Rogers haben durch die Analyse von Hunderten von Therapiesitzungen herausgefunden, dass jene Patienten, welche vage und noch unklare emotionale Erlebnisinhalte als solche ins Bewusstsein zulassen (felt sense), ohne sie sofort zu analysieren, eine bessere Prognose haben bezüglich eines konstruktiven Therapieprozesses. Focusing vermittelt (ironischerweise) auf eine analytische Art, in 5 bis 6 methodischen Schritten, wie dieses Zulassen von „felt sense“ und dessen Übersetzen in bewusstes Verstehen vor sich geht.

Praktische Anleitung zum Erzeugen eines Felt Senses mittels eines Paradox

  1. Wählen Sie irgendein Problem, das Sie haben.
  2. Sagen Sie sich innerlich "laut", dass die Situation nicht besser sein könnte, "perfekt" ist, ideal und sie damit rundum glücklich sind.
  3. Die nun in ihrem Oberkörper entstehende körperliche Empfindung ist ein sogenannter Felt Sense (in diesem Fall spüren Sie, dass irgend etwas nicht stimmt mit der Behauptung, alles sei perfekt...)

Schritte vom Felt Sense zum Shift

1. Einen Raum schaffen

Entspannen Sie sich einen Moment. Nun achten Sie auf Ihr Inneres, auf Ihren Körper, vielleicht auf Ihren Magen oder Ihre Brust. Achten Sie darauf, was dort vor sich geht, wenn Sie fragen: "Wie steht es mit meinem Leben? Was ist im Moment für mich das Wichtigste?" Wenn etwas auftaucht, dringen Sie nicht hinein. Sagen Sie: "Ja, das ist da. Ich kann es hier fühlen." Lassen Sie einen kleinen Raum offen zwischen ihm und Ihnen. Dann fragen Sie, was Sie sonst noch fühlen. Warten Sie erneut auf die Antwort.

2. Felt Sense

Wählen Sie eines unter den soeben aufgetauchten Problemen aus. Dringen Sie aber nicht hinein. Natürlich hat das Problem, mit dem Sie sich beschäftigen, viele Aspekte – zu viele, um an jeden davon einzeln zu denken. Achten Sie auf die Stelle, an der Sie gewöhnlich Gefühle empfinden und sehen Sie, welches Gefühl das Problem in seiner Gesamtheit in Ihnen auslöst. Lassen Sie dieses komplexe Gefühl auf sich wirken.

Tipp, wie einen Griff finden

Fokussieren Sie auf Ihren Felt Sense so, als ob Ihr Leben jetzt gerade davon abhänge, etwas von diesem Felt Sense bewusst machen zu können...

3. Finden eines "Griffs"

Welcher Art ist dieser unklare "felt sense?" Lassen Sie ein Wort, einen Satz, ein Bild aus dem "felt sense" entstehen. Es kann ein Eigenschaftswort sein wie "eng, schmutzig, angsteinflössend, blockiert, schwer, nervös," ein Satz oder ein Bild. Bleiben Sie in Berührung mit dem "felt sense", bis Worte oder Bilder kommen, die genau dazu passen. Versuchen Sie, das körperlich empfundene Gefühl so zu fokussieren, als würde Ihr Leben davon abhängen, etwas davon zu verstehen…

4. Vergleich

Gehen Sie hin und her zwischen dem felt sense und dem Wort (oder Satz oder Bild). Prüfen Sie, wie gut beide zusammenpassen. Achten Sie darauf, ob ein kleines körperliches Signal Ihnen bestätigt, dass Sie das richtige Wort gefunden haben. Das Signal ist in der Regel ein leichtes Durchatmen, mehr "Luft".

5. Fragen

Nun fragen Sie: "Woran liegt es, dass dieses Problem in mir dieses bestimmte Gefühl hervorruft?“

Achten Sie dabei darauf, dass Sie den "felt sense" wieder spüren, frisch und lebendig. Wenn er da ist, fragen Sie: "Was ist in diesem Gefühl?" Sollten Sie darauf eine schnelle Antwort erhalten, ohne dass ein "shift" im "felt sense" eintrifft, lassen Sie diese Antwort an sich vorübergehen. Bleiben Sie in Kontakt mit dem "felt sense", bis die Antwort mit einem "shift", einer körperlichen Entspannung, eintrifft (i.d.R. atmen Sie erleichtert aus).

6. Aufnahme

Empfangen Sie alles, was mit einem "shift" kommt, in einer entgegenkommenden Haltung. Lassen Sie es eine Weile auf sich wirken, selbst dann, wenn es nur eine leichte Entspannung war. Was auch immer kommt, es handelt sich nur um einen einzelnen "shift" unter mehreren, die noch eintreffen werden. Nach einer kleinen Weile werden Sie weiterfahren wollen, doch vorerst halten Sie einen Moment ein.

focusingbuchWeiterführendes für Neugierige

 

 


neurasthenieEinleitung

Die Neurasthenie gehört zur Gruppe der “anderen neurotischen Störungen”, welche im ICD-10* unter F48 kodiert werden. Es zeigen sich bei dieser Störung erhebliche Unterschiede kultureller Prägung. Deshalb wird der Begriff Neurasthenie nicht als übliche diagnostische Kategorie verwendet. Dennoch gibt es Störungsbilder, die am ehesten noch auf die neurasthenische Beschreibung passen. Das ist auch der Grund, weshalb Neurasthenie dennoch zu den psychischen Störungen als eigenständige Kategorie gezählt wird.

Grundsätzlich unterscheiden die Diagnostiker zwei Formen von Neurasthenie:

1. Bei der einen Form ist die Klage über gesteigerte Übermüdung nach einer geistigen Leistung oder Anstrenung im Zentrum. Dabei kommt es in der Folge zu einer verminderten Arbeitsfähigkeit und einer verminderten Fähigkeit, alltägliche Dinge zu verrichten. Die Betroffenen beschreiben ihre Ermüdung häufig damit, dass sie sich weniger konzentrieren können, dass sich Gedanken und Erinnerungen auf unangenehme Weise aufdrängen und sie ablenken. Sie empfinden ihr Denken als ineffektiv und lahm.

2. Bei der andern Form drängen sich mehr Gefühle der körperlichen Beeinträchtigung auf, vor allem Schwächegefühle oder auch schnelle Erschöpfung, selbst dann, wenn die Anstrengung gering war. Betroffene dieser Form klagen häufig über Muskelschmerzen und leiden darunter, sich schlecht oder gar nicht entspannen zu können.

Beiden Ausprägungen gemeinsam ist die Empfindung von Schwindel, Spannungskopfschmerzen und eine innere Verunsicherung, die sich aus dem erlebten inneren Zustand ergibt. Es kommt zunehmend zu einer dominant werdenden Sorge, dass es um die geistige Frische und die körperliche Belastungsfähigkeit schlecht stehe. Interaktionelle Folgen, also Folgen im Zwischenmenschlichen, sind eine gewisse Reizbarkeit, Freudlosigkeit und Äusserungen von Angst und Sorgen. Bezüglich des Schlafes kann sowohl ein Bedürfnis nach viel Schlaf wie auch Schlaflosigkeit auftreten.

In gewisser Weise ist das Wort “Burn-Out” durchaus damit verwandt, auch wenn dessen Hauptmerkmal die Erschöpfung ist und entsprechende Arbeitsunfähigkeit, die sich daraus ergeben kann. Auch passt das Wort Erschöpfungsdepression, das ebenso mit “Burn-Out” im Zusammenhang steht, zum Störungskomplex der Neurasthenie. In zahlreichen Ländern würde für die umschriebenen Symptome der Begriff “chronisches Ermüdungssyndrom” verwendet werden.

Für eine Diagnose der Neurasthenie ist entweder ein “quälendes oder anhaltendes Erschöpfungsgefühl nach geringer geistiger Leistung” erforderlich oder eine “quälende und anhaltende Müdigkeit nach nur geringer körperlicher Anstrengung”. In jedem Fall muss eine Erschöpfung die Folge einer Anstrengung sein, sei es nun geistiger oder körperlicher Art, wobei die Leistung geringfügig sein muss, bei der normalerweise keine spürbare Erschöpfung zu verzeichnen wäre. Ein Beispiel wäre die Briefpost vor der Türe holen (ohne Treppensteigen) oder dem Nachbarn eine Auskunft geben, die er sich erfragt (kurze Interaktion).

Symptomliste

Folgende Symptome sind charakteristisch: Akute oder chronische Muskelschmerzen; Benommenheit; Spannungskopfschmerzen; Schlafstörung; Unfähigkeit, zu entspannen; Reizbarkeit. Mindestens eines dieser Symptome muss beim Betroffenen vorhanden sein. Weiter schaffen es die Betroffenen nicht, sich innerhalb eines zu erwartenden Zeitraumes zu erholen, auch dann nicht, wenn sie auf jede Anstrengung verzichten.

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf).

 

 


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Im Folgenden finden Sie eine Beschreibung der verschiedenen Funktionsweisen, bei denen die Betroffenen gemäss der Fachliteratur „nicht in der Lage sind, eine sexuelle Beziehung so zu gestalten, wie sie möchten.“* Die Fachliteratur, die sich um Diagnostik kümmert, teilt Funktionsstörungen der Sexualität unter "Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren" ein. Sexualstörungen gehören also in die gleiche Oberkategorie wie Essstörungen oder nichtorganische Schlafstörungen. Keinesfalls dürfen die untenstehenden Beschreibungen auch bewertend gelesen werden. Was einige als störend, ja quälend empfinden, können andere zum Glück viel gelassener annehmen, ohne es hinterfragen zu müssen. Das Akzeptieren-Können der eigenen Funktionsweisen ist eines der Merkmale einer psychologisch gesunden Sexualität.

Störungen des Sexualerlebens in der klinischen Psychologie

In der internationalen Klassifikation von psychisch bedingten Störungen (ICD-10) gibt es den Oberbegriff der nichtorganischen sexuellen Funktionsstörungen. Unter diesen Begriff fallen alle weiteren Störungen des sexuellen Erlebens und Funktionierens.

  1. Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen
  2. Der Mangel an sexuellem Verlangen muss selber die Hauptursache für alle andern Probleme mit der Sexualität sein. Es darf keine Folge sein von beispielsweise einer Erektionsstörung mit einer Partnerin (Erwartungsangst). Der Mangel äussert sich zum Beispiel auch darin, dass Masturbation oder jegliche sexuelle Stimulierung als überflüssig oder unattraktiv erlebt wird.

  3. Sexuelle Aversionen (Ablehnung) und mangelnde Befriedigung
  4. Damit meint man, dass die Vorstellung von einer sexuellen Partnerbeziehung stark negativ empfunden wird, sie Furcht oder Angst erzeugen kann und deshalb sexuelle Handlungen vermieden werden. Auch hier darf es sich nicht um eine Erwartungsangst handeln, woraus dann eine sexuelle Aversion enstanden wäre.

  5. Versagen genitaler Reaktionen
  6. Bei Männern bedeutet dies, dass beim Versuch, den Geschlechtsverkehr „auszuüben“, es zu keiner ausreichenden Erektion kommt. Dabei gibt es verschiedene Varianten:

    - am Anfang reicht die Erektion sehr wohl (vollständige Erektion), sie geht dann aber teilweise oder vollständig

    zurück, wenn der Geschlechtsverkehr versucht wird

    - Eine Erektion tritt nur unbeabsichtigt auf, nicht aber beim Versuch zum Geschlechtsverkehr.

    - Es kommt nur zu einer teilweisen Erektion

    - Es kommt zu keiner erhöhten Durchblutung des Penis (keine Erektion, mangelnde Tumuszenz).

    Bei Frauen bedeutet dies, dass die „Lubrikation“ entweder generell ausbleibt, nur am Anfang auftritt, aber sie nicht andauert oder nur situativ auftritt (z.B. nur mit einem bestimmten Partner, nur während der Menstruation oder wenn auf eine Penetration verzichtet wird).

  7. Orgasmusstörungen
  8. Eine Orgasmusstörung liegt dann vor, wenn er nicht eintritt oder nur stark verzögert. Auch hier gibt es verschiedene Varianten:

    - ein Orgasmus wurde nie erlebt, in keiner Situation

    - die Störung tritt auf nach einer Zeit relativ normaler sexueller Reaktion. Dabei kann sie generell sein (alle Situationen) oder nur situativ. Männer haben dann z.B. nur im Schlaf einen Orgasmus, nie im Wachzustand oder Frauen nur bei einem bestimmten Partner oder nur bei der Masturbation.

  9. Frühzeitiger Samenerguss (Ejaculatio praecox)
  10. Frühzeitiger Samenerguss bedeutet, dass es dem Mann nicht gelingt, die Ejakulation (Samenerguss) so zu kontrollieren, dass er zu einem befriedigenden Gefühl beim Geschlechtsverkehr kommt (das ist auch für die Frau unbefriedigend, was in der Regel die Belastung des Mannes erhöht). Der Samenerguss kommt immer viel zu früh, innerhalb der ersten 15 Sekunden nach Eindringen oder schon vor dem Eindringen in die Vagina der Frau. Ein frühzeitiger Samenerguss kann auch ohne Erektion geschehen. Als Ausschlusskriterium gilt eine Übererregtheit nach sexueller Abstinenz.

  11. Nicht-organischer Vaginismus
  12. Dabei handelt es sich um einen Krampf in der Beckenmuskulatur, welche die Vagina umgibt. Die vaginale Öffnung bleibt so verschlossen. Ein Eindringen ist nicht möglich oder mit Schmerzen verbunden. Häufig ist eine Erwartungsangst bereits vorhanden, weil vorhergehende schmerzhafte Erfahrungen gemacht wurden. Häufig ist die sexuelle Reaktion positiv, vorausgesetzt, es wird auf ein Eindringen verzichtet.

  13. Nicht-organische bedingte Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
  14. Solche Schmerzen können sowohl bei Männern wie auch bei Frauen auftreten. Wenn es keine eindeutigen organischen Ursachen dafür gibt, dann spielen emotionale, psychische Faktoren eine Rolle bei diesen Schmerzen.

  15. Gesteigertes sexuelles Verlangen
  16. Männer und Frauen, häufig im jungen Erwachsenenalter, können ihr sexuelles Verlangen als übersteigert empfinden und darüber klagen. Häufig kann dies als Symptom gesehen werden für eine affektive Störung. Dann geht es eigentlich nicht um ein gestörtes sexuelles Funktionieren.

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    * Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 1999, S. 201 ff

     

     


surrogattherapie

Einleitung

Surrogat- oder Ersatz-Partnerinnen sind Frauen, mit denen Männer unter anderem die Möglichkeit haben, sexuelle Aktivitäten schrittweise zu üben, ohne an einem Leistungsdruck zu scheitern oder vor Erwartungsangst zu verzagen. Die folgenden Überlegungen basieren auf therapeutischen Coaching-Erfahrungen und sind aus männlicher, heterosexueller Sicht geschrieben.

Im Rahmen der Diskussion über das Thema Sexualassistenz respektive „BerührerInnen für Behinderte“ wurde dieses Thema (in der Schweiz) bereits einmal kontrovers diskutiert (Pro Infirmis-Projekt). Für nicht-behinderte Männer und Frauen, die psychologische Schwierigkeiten mit der Sexualität haben, können Ersatzpartner/innen unter Umständen wertvolle Erfahrungen ermöglichen. Das Gefühl, keine positiven sexuellen Kontakte mit einer Partnerin haben zu können, kann den Selbstwert des Mannes stark angreifen. Selbst Aktivitäten wie die Selbstbefriedigung können im Wert gemindert werden, weil damit nicht nur das Gefühl der Befriedigung verbunden ist, sondern auch ein Gefühl des Vermeidens von geteilter Sexualität.

Für viele Männer stellt sich das Ganze als eine Art Dilemma dar, das sie nicht lösen können. Es sind in der Regel auch Männer, für die bezahlter Sex moralisch nicht in Frage kommt, oder sie tun sich sonst damit schwer.

Problemlagen

Psychische Probleme mit der Sexualität  trotz Wunsch nach derselben können Männer in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen treffen. Surrogat-Erfahrungen können somit auch als hilfreich erfahren werden, unabhängig von der konkreten Ausgangslage. Zum Beispiel für Männer, die in einer Ehe oder Partnerschaft sind, in der aber keine sexuellen Aktivitäten (mehr) vorkommen oder noch nie wirklich stattfanden. Dann Männer, die sich seit längerem sexuelle Erfahrungen mit Frauen wünschen, aber keine solche haben. Natürlich für Männer, die durchaus sexuelle Erfahrungen machen, die aber stets überschattet sind mit negativem Erleben, Erwartungsängsten und schliesslich Rückzug.

Für viele Männer stellt sich das Ganze als eine Art Dilemma dar, das sie nicht lösen können. Es sind in der Regel auch Männer, für die bezahlter Sex moralisch nicht in Frage kommt, oder sie tun sich sonst damit schwer. Nicht wenige tun sich übrigens schwer damit, weil beim bezahlten Sex aus Schutzgründen ein Präservativ notwendig ist. Gerade dies kann bezahlten Sex für sie unerreichbar machen, weil der Präservativ nicht selten mit zusätzlichem Stress in Verbindung steht.

Prostituierte als mögliche „Surrogat-„Partnerinnen

Trotz solcher Bedenken ist eine erste mögliche Surrogat-Lösung für solche Schwierigkeit im Bereich des bezahlten Sex zu suchen. Prostituierte oder Sex-Workerinnen können bei solchen Problemlagen durchaus eine Hilfe darstellen. Schwieriger, aber auch nicht ohne Erfolgsaussichten ist die Suche einer sexuell geprägten Übungsbeziehung übers Internet. Hier finden sich in der Regel Mann und Frau über geeignete Foren. Unter der Voraussetzung, dass man die Erwartungen klärt, kann auch dieser Weg zu sexuellen Beziehungserfahrungen führen.

Rolle des Coaching und der Therapie

Das Coaching bereitet den Klienten auf solche Kontakte vor und klärt die richtige Dosierung der sexuellen Aktivitäten: Von Anschauen, Reden über Berühren bis Geschlechtsverkehr ist es ein weites Programm. Das Passende muss ausgesucht und dann aufgrund positiver Erfahrungen langsam aufgebaut werden. Aufgrund solcher Coaching-Erfahrungen hat sich herausgestellt, dass, ein bisschen Ausprobieren und Suchen vorausgesetzt, die meisten Sex-Workerinnen sehr viel Verständnis haben für das Vorhaben, wenn der Kunde eingangs davon erzählt. Das ist erfahrungsgemäss überhaupt kein Hinderungsgrund. Bezahlt werden sie so oder so. Das Gleiche gilt bei einer privaten, nicht unbedingt mit Geld erkauften Intimbeziehung. Zwar sind die Möglichkeiten wie gesagt geringer, weil Frauen (aber auch viele Männer) aus emotionalen Gründen nicht Beziehungen suchen, bei denen der Sex von Beginn weg und absichtlich ins Zentrum gestellt wird. Aber auch hier hat die Erfahrung gezeigt, dass es mit einiger Geduld zu Kontakten kommen kann, die beidseits als stimmig und wertvoll erfahren werden.

Die therapeutische Arbeit besteht vor allem im Vertiefen, Begleiten und personzentrierten Verstehen dieser neuen und natürlich auch der alten, negativ geprägten Erfahrungen. Die neue, schrittweise aufbauenden und deshalb in der Regel positiven Erfahrungen ermöglichen das Aufbrechen von Schemata und (Selbst-) Bewertungen, welche sich bislang zu sehr im Kreis drehten und verhärtetes, strukturgebundenes Erleben bedeuteten. Mit “strukturgebunden” ist gemeint, dass kein flexibles, kein neues Erleben mehr wahrgenommen werden kann. Gerade neue, positivere Erfahrungen erleichtern ein therapeutisches Arbeiten in diesem Zusammenhang.

Weitere interessante Informationen unter: -> wikipedia/Surrogatpartnerschaft

Ich habe die Möglichkeit, mit professionellen Surrogatpartnerinnen zusammen zu arbeiten für Männer und Frauen, die in einer Surrogattherapie  ihr Verhältnis zum Körper und zur Sexualität behandeln wollen. Dies geschieht stets kombiniert mit Psychotherapie.

 

 


 

kappa couple

Introduccíon

Las terapias de pareja pueden ser una solución para la pareja a fines de reducir tensiones en la relación y para aumentar la confianza mutua. Un prerrequisito es siempre la motivación de ambos. Mantener la armonía en una relación cuya característica es la proximidad e intimidad, no es nada fácil, es un acto de balance y de equilibrio que exige esfuerzos de ambas partes pero también respeto y una comprensión exacta de su pareja.

Parejas y parejas binacionales

Todo esto vale para cualquier tipo de pareja, cuanto mas si en la pareja hay dos idiomas
maternos distintos con el arreglo que se practica uno de ellos. En situaciones en que se vive
problemas, este hecho de los idiomas distintos puede traer dificultades suplementarias.
Por esta razón, una terapia de pareja es cuanto mas fácil con un terapeuta que maneja los
idiomas de cada pareja.

Cuando una terapia de pareja hace sentido?

Hay varios motivos posibles para empezar una terapia de pareja, entre ellos:

  • Si una pareja o los dos se siente(n) a menudo herida(s) psicológicamente por actos y  palabras de la otra pareja
  • Si una pareja toma muchas decisiones sin consultar la otra. Este motivo pesa mas cuando las decisiones afectan campos esenciales de la vida común como en cuestiones de dinero/gastos, vacaciones, amigos, educación, sexo etc.
  • Si hace falta el apoyo mutuo
  • Si una de las parejas se siente a menudo mal comprendida, si hay malentendidos casi sistemáticos
  • Si es muy difícil para una de las parejas hablar de sus decepciones relacionadas con la vida de pareja.
  • Si es muy difícil hablar de los deseos e ilusiones de cada uno
  • Si una pareja critica mucho a la otra y que la critica toma mucho espacio en la vida de la relación
  • Si los planes para la vida futura difieren fuertemente
  • Si hace falta a un grado ya muy alto la satisfacción sexual para una de la parejas o para ambos
  • Si las parejas no comparten o ya no comparten mas intereses y actividades mutuos
  • Si una de las parejas tiene o tenia otra relación íntima
  • Si una de las parejas desarrolla síntomas psicosomáticos  (estados de enfermad debidos al malestar psicológico) en la relación con su pareja.

A que puede servir una terapia de pareja?

Hay objetivos distintos:

  • La terapia puede contribuir a una comunicación mas abierta y mas flexible entre las parejas.
  • Una comunicación estereotipada que no da resultados es una característica típica para una
    pareja que vive una relación problemática.
  • Una terapia puede ayudar a tematisar ciertos conflictos delicados. Son en general temas que pesan en la relación e impiden una vida de pareja mas armoniosa. El trabajo del terapeuta consiste en invitar a la pareja a escucharse bien. El terapeuta trata de favorecer un clima de comunicación mas abierta en que cada pareja se atreve poco a poco a expresar lo que siente frente al otro, con la mediación del terapeuta. Esta mediación empatica juega un papel importante para que nadie se sienta ofendido. El terapeuta va a insistir en una escucha mutua.
  • Una terapia de pareja puede reforzar la confianza de cada pareja en la otra, refuerza también la confianza en las posibilidades de la comunicación y su potencial de resolver problemas. Anima cada uno a ser mas autentico, constructivo y paciente, confiando en el transcurso de los eventos.
  • Una terapia de pareja aumenta actitudes favorables a la vida de pareja, entre ellas la actitud de dar “razón al otro”, de reconocer mas fácilmente su propia implicación en mucho de lo que su pareja dice y como reacciona.
  • Una terapia de pareja puede establecer una nueva “cultura” del debate dentro de la pareja.

Quedarse juntos o separarse?

Por fin, una terapia de pareja puede también hacer sentido en las situaciones de inseguridad en cuanto a quedarse juntos o separarse. Puede ayudar a aclarar la situación, a comprender lo que ha podido llevar la pareja a este punto, lo que les haría falta para seguir. Puede apoyar en un proceso, muchas veces, doloroso y difícil para encontrar una decisión viable.

Primera consulta

  • Los puntos siguientes son importantes para iniciar una terapia de pareja:
    Como es la motivación de cada pareja? Esta puede ser distinta. Hay que tomar en cuenta también la falta de motivación y decidir si a pesar de este hecho las consultas hacen sentido para los dos.
  • Cuales son los objetivos de las consultas? Estos pueden ser distintos según la pareja. Hay que tomar en cuenta estas diferencias en los objetivos y temas para darle a cada uno el espacio necesario.

Algunos aspectos particulares

  • En una terapia de pareja, el terapeuta tiene que compartir tiempo y atención entre dos personas. Es decir que las consultas de pareja duran en general mas tiempo, sobre todo las primeras consultas.
  • El terapeuta va a insistir en la comprensión mutua entre las parejas y va, en ciertos momentos, obligar cada persona a escuchar atentamente el otro. Este procedimiento impide la repetición de los mismos esquemas infructuosos de comunicación.
  • Después de una consulta, puede ser que el terapeuta da “tareas” a las parejas. Por ejemplo, se pide que se haga  ejercicios como el “sharing”. Consiste a escuchar al otro durante 10 o 15 minutos sin derecho de interrumpirlo ni  comentar después lo escuchado.

 

 


troubleadapation

Introduction

Deuil, séparation d’avec un partenaire, changement de vie biografique de taille: voilà les déclencheurs d’un trouble de l’adaptation.

Les troubles de l’adaptation forment une catégorie diagnostique propre dans la classification internationale des troubles mentaux et du comportement (Le CIM-10). Ce diagnostique est très répandu en Psychologie clinique et en Psychiatrie. Cet article décrit les différentes formes du trouble de l’adaptation en conformité avec les critères psychopathologiques internationaux.

Selon la classification internationale des troubles mentaux et troubles du comportement, les troubles de l’adaptation forment une catégorie diagnostique conjointement avec les “réactions à un facteur de stress important”.  Les deux catégories sont codées ensemble sous F43.

Alors que les “réactions à un facteur de stress important” renvoie surtout au trouble “de l’état de stress post-traumatique” (codage F43.1), les troubles de l’adaptation sont multiples et renvoient à un large spectre de spécifications et manifestations diverses. Les troubles de l’adaptation sont assez fréquemment diagnostiquées. D’une part parce que ce diagnostique peut recouvrir un large champ de symptômes différents mais unifiés sous cette étiquette. D’autre part parce que ce même diagnostique peut décrire une symptomatologie assez adéquate pour bien des troubles qui ne se sont pas encore chronifiés ou davantage transformés, par exemple en trouble affectif comme la dépression.

Définition

Pour diagnostiquer un trouble de l’adaptation il y a lieu de pouvoir identifier “la survenue de symptômes au cours du mois suivant une exposition à un facteur de stress psychosocial identifiable, mais ne présentant pas un caractère inhabituel ou catastrophique” (A). Les symptômes dont on parle dans ce contexte doivent faire partie soit d’un trouble de l’humeur (mais sans idées délirantes), soit d’un trouble névrotique ou d’un trouble somatoforme ou encore d’un trouble de la conduite (B). Cependant, aucun des symptômes constatés ne répond, dans son ensemble, aux critères d’un de ces troubles (ICD-10, p. 94).

Les spécifications permettent de cerner différentes situations de patient répondant aux critères A et B mentionnés ci-dessus. Ainsi, il existe un trouble de l’adaptation accompagné par une réaction dépressive brève. Il s’agit là d’un état dépressif léger, mais qui ne doit pas persister au delà d’un mois (F43.20). Il existe également un trouble de l’adaptation accompagné par une dépression prolongée mais qui ne dépasse pas les deux ans suite à la survenue d’un événement stressant (F43.21). Ensuite le CIM-10 fait état d’une sous-catégorie appelée “réaction mixte, anxieuse et dépressive” (F43.22) ou encore “d’un trouble de l’adaptation avec prédominance de la perturbation d’autres émotions (F43.23)”. La définition “d’autres émotions” renvoient ici avant tout à des émotions comme anxiété, dépression, soucis, tensions ou encore colère. C’est une sous-catégorie qui illustre particulièrement la flexibilité inhérente à ce diagnostique, recouvrant un large champs de symptômes dont peut souffrir le patient.

Exemples

Quelles sont ces situations qui peuvent provoquer chez la personne la survenue de symptômes suite à “l’exposition à un facteur de stress psychosocial identifiable, mais ne présentant pas un caractère inhabituel ou catastrophique”? Ou autrement dit: A quoi se réfère-t-on quand on parle de “stress psychosocial identifiable, mais ne présentant pas un caractère inhabituel ou catastrophique”? Or, tout changement de vie important peut effectivement, chez l’un ou l’autre, selon sa vulnérabilité et ses ressources psychiques, sociales et matérielles du moment, provoquer une telle survenue de symptômes. La situation changeante induit alors un stress que le sujet ne peut plus surmonter sans efforts particuliers ou sans aide.

Prenons l’exemple classique de l’écolier qui durant sa première scolarité a toujours pu aller à l’école dans son village ou dans son quartier. Il a pu rentrer à midi pour manger à la maison. Le soir il a pu fréquenter, après avoir terminé ses devoirs, ses copains du village ou du quartier avant de rentrer et d’aller se coucher. Ce train-train a duré 5 ans. Du coup il a passé les examens pour aller au lycée. Ce lycée est dans une autre ville ou loin du quartier. Dès à présent, il doit se lever très tôt, il ne peut plus rentrer à midi, mais doit manger sur place. Les profs ne lui paraissent pas être sympa; il ne se fait pas facilement des amis, le soir il rentre plus tard et ne peut plus sortir voir ses copains d’antant car il a encore beaucoup de devoirs pour le lendemain. Bref, un grand changement dans cette petite vie d’écolier. Si cet écolier commence à déprimer, ne veut plus aller au lycée, ne ramène que des notes insuffisantes et qui, plus est, “provoque” des lettres du maître de classe avec à la clef des réunions de parent, il y a probablement lieu de parler d’un trouble de l’adaptation “survenue à l’exposition à un facteur de stress psychosocial identifiable, mais ne présentant pas un caractère inhabituel ou catastrophique”.

On pourrait répéter les exemples tels que “devenir père ou mère“, “se marier“, “se séparer de son conjoint ou partenaire“, “changement de poste de travail“, “déménagement dans un foyer pour personnes âgées” ou encore “le deuil“. Ce sont toujours des changements de vie tout à fait courants mais qui peuvent, par la force du changement ressenti, induire un état de stress tel que la personne concernée développe une symptomatologie qui correspond à un trouble de l’adaptation. Si celui-ci reste sous-cutané ou “larvé” pendant longtemps, il se peut que d’autres troubles se manifestent, partant d’un symptôme comme “état dépressif” à une vrai dépression dont l’origine extérieure, bien souvent, remonte à des changements de type adaptatif mais mal gérés. Dans ces cas, une aide professionnelle psychologique, notamment une psychothérapie, doit être de mise et envisagée sans délai.

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* Classification internationale CIM-10: Troubles Mentaux et Troubles du Comportement. Edition Masson (1994). Sous la responsabilité de l’Organisation Mondiale de la Santé, Genève.

Le CIM-10 est le livre standard de la psychologie clinique et psychiatrique pour diagnostiquer tout trouble mental ou du comportement selon des standards établis mondialement et constamment en évolution. Son “rival” est le DSM-IV, standard diagnostique développé aux USA et presque tout aussi répandu. En Europe, cependant, le CIM-10 fait généralement foi et contribue à une harmonisation du langage utilisé en Psychologie clinique et en Psychiatrie.

 

 


computerspielePackende Spiele, stundenlanges Surfen im Internet, Chatten mit virtuellen Freunden oder Informationsbeschaffung für die Hausaufgaben: Jugendliche wachsen mit dem Computer auf, so dass der tägliche Umgang zuhause und in der Schule längst ein Kinderspiel ist. Das Freizeitverhalten der Jugendlichen hat sich entsprechend geändert – Fussball- und Golfspiele werden vermehrt vor dem Bildschirm gespielt, weniger mit den Freunden im Freien. Doch was ist das Problem mit diesen Computerspielen?

Aus psychologischer Sicht gibt es drei Ebenen, auf denen Suchtprobleme auftreten können. Erstens die Inhalte der Spiele, um die es geht. Zweitens das Zeitgefühl, das verschieden ist, wenn ein Kind vor dem Computer sitzt oder eine Wanderung unternimmt. Dieses veränderte Zeitgefühl hat wesentlich mit den gespielten Inhalten zu tun. Der dritte Punkt ist die Beziehungssymbiose zwischen Bildschirm und Nutzer. Der Bildschirm erscheint aktiv und ist oft gar Bindeglied zu andern Mitspielern. Aber er ist kein echtes Gegenüber. Und zwar deshalb nicht, weil ein echtes Gegenüber nicht an einer Steckdose angeschlossen ist.

Siege als Suchtgefahr

Dass Computerspiele spannend oder „cool“ sein können, ist unbestritten. Inhaltlich besonders problematisch sind Spiele, bei denen man gewinnt, wenn man ein möglichst erfolgreicher Täter ist. Je mehr Opfer man auf einem Konto verbuchen kann, desto besser. Diese Spiele sind auffällig häufig für männliche Jugendliche attraktiv, die in ihrer Schul- und Lehrlingskarriere unter Leistungsdruck Misserfolge befürchten oder zu verzeichnen haben. Gerade Spiele mit Täter-Identifikation versprechen häufig (Etappen-) Siege. Dieses Wiederholschema zum (vermeintlichen) Sieg bietet emotional ein Suchtpotenzial, das an der Zeit gemessen werden kann, die man vor dem PC verbringt.

Klare Abmachungen nötig

Wer während seiner Freizeit täglich stundenlang vor dem PC sitzt und dadurchnachweislich Schule, Arbeit, Verpflichtungen, Hobbys und soziale Kontakte zu kurz kommen lässt, hat ein Problem mit dem Computer. Was können Eltern tun? Die erste Massnahme ist immer eine Abmachung zur Nutzung. Klappt dies, dann hat der Jugendliche kein schwerwiegendes Problem.

Er reagiert letztlich wieder selbstverantwortlich. Man kann zusätzlich die Abmachungen ausweiten und gemeinsam schauen, wie die Zeit anders verbracht werden kann. Je jünger Jugendliche sind, desto besser können Sanktionen vorgängig vereinbart werden. Nützt alles nichts, dann hilft nur eine zeitlich begrenzte Entfernung von Tastatur, Joystick und Modemkabel. Eine vielleicht unpopuläre Massnahme, aber je nach Problemlage eine sinnvolle, die auch wiederholt angewendet werden kann.

 

 


kiffencannabisWenn Kiffen zum Problem wird

Wer von seinem Cannabis-Missbrauch wegkommen will, tut gut daran, weniger seine Familie zu kritisieren als sein Kollegen-Umfeld zu überprüfen. Erfahrungen von persönlichen und schulischen Misserfolgen, die mit einem Leistungsdruck in Zusammenhang stehen, müssen ebenso aufgearbeitet werden wie resignative weltanschauliche Positionen und Zukunftsängste.

Cannabis-Konsum wurde in den letzten Jahren zum Teil auffällig kontrovers diskutiert. Die gesundheitliche Schädlichkeit des Konsums, angedrohte Horrorszenarien wie Psychoseschübe oder auch der erhöhte THC-Anteil des sogenannten Indoor-Gras’ standen dabei im Zentrum der Debatte. Im Unterschied zur gesellschaftlichen Diskussion ist die Beratungs- und Therapierealität von Cannabis-Konsumenten unaufgeregter und zeitigt über die Jahre hinweg wenig Veränderungen.

Wer davon loskommen möchte und eine Beratung sucht, schildert gestern wie heute ähnliche Motive und Schwierigkeiten. Etwa 6 bis 8% aller Jugendlichen in der Jugendberatungsstelle SAMOWAR für den Bezirk Horgen (Kanton Zürich) geben als Hauptproblematik ihren Cannabis-Konsum an. Patrick (17) erzählt in seiner ersten Beratungsstunde, dass er sich von seiner Freundin getrennt habe, und das tue ihm jetzt schrecklich leid. Als er ihr dies telefonisch mitteilte, sei er zu Hause im Bett gelegen. Bekifft, wie so oft in den letzten zwei Jahren. Sein Fazit: Er hätte sich wohl nicht getrennt, wenn er nicht

in dem Moment auf Cannabis gewesen wäre. Patrick erzählt weiter, dass er im THC-Rausch besonders viele Zweifel und Verunsicherungen bezüglich seiner Beziehung erlebe, so etwas kenne er in nüchternem Zustand nicht. Das habe er mit seinen Kollegen, die übrigens fast alle auch kiffen, schon oft besprochen. Die Erfahrung dieses Fehlentscheids sei zur Motivation geworden, etwas zu verändern. Er wolle versuchen, das Kiffen in den Griff zu bekommen.

Frau Z. (52) berichtet in einer Erziehungsberatungssitzung, dass sie ihren Sohn (16) seit geraumer Zeit aggressiver erlebe, vor allem seitdem er kiffe. Er habe zudem die Tendenz, viel Zeit nur mit der gleichen Person zu verbringen oder dann ganz alleine zu sein. Die Auseinandersetzungen mit ihm seien mittlerweile zu heftig geworden, sie wisse nicht mehr weiter. Es sei nicht mehr möglich, ihn irgendetwas zu fragen oder von ihm zu wollen. Er fühle sich nur noch gestört und reagiere sehr abweisend.

Es ist meistens unumgänglich, dass «Kiffer» Abstand zu all jenen Beziehungen halten, in denen der Cannabis-Konsum die Regel ist

Umgang mit Suchtmitteln

Beide hier erwähnten Cannabis-Fälle betreffen Jugendliche, die seit längerem täglich und alleine konsumierten. Dies sind wichtige Kriterien in der Prozess-Diagnostik von Cannabis-Missbrauch. Löst sich der Konsum vom konsumierenden Kollegen-Umfeld ab, um zunehmend individueller zu werden, dann entsteht das «Problem-Kiffen». Der Prozess verläuft bei allen deshalb ähnlich: Zuerst existiert die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder die Bindung zu mindestens einer konsumierenden Person. Diese (Gruppen-)Bindung wird positiv erfahren. Der Konsum von THC führt dem Organismus eine weitere positive Erfahrung in Form von Entspannung zu. Wer nun gleichzeitig in einer belastenden Situation steckt, kann durch den Konsum eines Suchtmittels erfahren, dass sich das Erleben der Belastung vorübergehend verringert. Diese Erfahrung verführt zur Wiederholung, wenn die Belastung andauert oder wenn eine neue Belastung zu einem späteren Zeitpunkt auftaucht. Die Wahrscheinlichkeit eines risikoreichen Umgangs mit Suchtmitteln steigt, je weniger die betroffene Person über bereits verinnerlichte kritische Haltungen, über andere Vorbilder sowie über alternative Bewältigungsmöglichkeiten verfügt.

Zum Stichwort „Belastung, die andauert“: Es handelt sich meistens um Belastungen, die auch Entwicklungsaufgaben sind, Herausforderungen, mit denen man Hochs und Tiefs erleben kann. Eine „Lehre“ meistern ist ein Problem, das mehrere Jahre andauert. Ein Gymi schaffen ebenso. Bedeutsame Beziehungen, die man immer wieder als schwierig oder konfliktreich erlebt, sind „Probleme“, die man nicht einfach so los wird. Wenn hier von Belastung die Rede ist, so meine ich damit auch „Lebensaufgaben“ und Herausforderungen, die einem aufgegeben sind.

Abstand zu anderen Kiffern

Um sowohl die Distanz zum Konsum wie auch positive Erfahrungen des gelingenden Verzichts zu schaffen, ist es meistens unumgänglich, dass «Kiffer» Abstand zu all jenen Beziehungen halten, in denen der Cannabis-Konsum die Regel ist. Nicht selten mache ich die Erfahrung, dass Beziehungsunterbrüche oder gar -abbrüche notwendig sind, um den Konsum reduzieren zu können. Viele Reduktions- oder Ausstiegswillige spüren dies intuitiv und meiden deshalb eine Veränderung. Der mögliche Verlust der Kollegen und Kolleginnen wirkt begreiflicherweise bedrohlich. Wieso ist es zwingend, Abstand zu halten? Am Anfang eines Cannabis-Konsums steht irgendeine Beziehung oder Bindung zu einem bereits konsumierenden Kollegen oder Kollgenkreis. Diese Beziehungen bleiben in der Regel das emotionale Fundament für den weiteren Konsum. Wer davon loskommen will, muss sich von diesem Fundament trennen. Ansonsten wird die notwendige Disziplin zum Aufhören immer wieder vom Kollegen, der halt weitermacht, durchkreuzt. Wer nach der Reduktion spürt, dass er lieber andere Kollegen möchte, der wird sich bessere andere suchen. Wer Angst hat, keine andern zu finden, ist in einem Dilemma. Der muss darauf vertrauen, irgendwann halt wieder Anschluss zu finden. Es gibt genügend Möglichkeiten in unserer Gesellschaft, Beziehungen und Bindungen zu knüpfen, selbst wenn dafür das eigene Dorf oder das Quartier, in dem man lebt, ersetzt werden muss durch das Nachbardorf oder das angrenzende Quartier.

Zwischen Suchttherapie und Erziehungsberatung  

Die beiden Fallbeispiele am Anfang unterscheiden sich durch ein wesentliches Merkmal. Patrick kam aus freien Stücken, weil er sich von seinem eigenen Erleben entfremdet fühlte. Er spürt einen Veränderungsdruck von innen. Hier kann man therapeutisch arbeiten. Frau Z. hingegen ist als Bezugsperson von der Problematik betroffen: Der Veränderungsdruck aus Sicht des Kiffers kommt von aussen. Wie mit dem Sohn reden? Welche anderen Bezugspersonen können mobilisiert werden? Können neue Grenzen gegenüber dem Sohn durchgesetzt werden? Kann der Sohn für eine Beratung gewonnen werden? Solche Fragen stehen im Zentrum bei Frau Z. Es handelt sich um eine Erziehungsberatung. Zwei Faktoren bestimmen den Erfolg der Erziehungsberatung am meisten: Je jünger der Jugendliche ist, desto besser «greifen» erziehungsberaterische Ansätze, und je glaubwürdiger die (elterliche) Autorität in den Augen des Jugendlichen geblieben ist, desto eher haben (elterliche) Bezugspersonen eine Chance auf Wirkung.

Positives wieder wecken

Das konkrete Vorgehen beim Wunsch, den eigenen Konsum wieder in den Griff zu bekommen, ist bei den meisten ähnlich; allerdings sind Tempo und die Umstände, wie der Prozess umzusetzen ist, natürlich individuell. Bei vorhandenem Reduktionswunsch sollten Erfahrungen des teilweisen oder tageweisen Verzichts eingeübt und dann empathisch besprochen werden. In jedem Fall muss das Kollegenumfeld überprüft werden. Wichtig ist das Überprüfen und Stärken der schulischen und beruflichen Interessen. Sehr oft mache ich die Erfahrung, dass der Ehrgeiz aufgrund von vorangegangenen Schulerfahrungen gebrochen wurde. Dieser muss über eine therapeutische Beziehungserfahrung aufgebaut werden. Wichtig ist auch das Eingehen und Überprüfen von weltanschaulichen Fragen und Gefühlslagen. Häufig haben die entsprechenden Welt-Bezugs-Konzepte einen pessimistischen und resignierten Anteil. Es geht darum, dass nebst Kritik und Ablehnung auch das Akzeptieren und Annehmen von gesellschaftlichen Umständen wichtig ist. Wer nur ablehnt, der wird auch bei sich persönlich kaum etwas Positives bewegen können. Der ganze Prozess dauert in der Regel mehrere Monate. Wer „dran“ bleibt, hats in einem halben Jahr hinter sich.

Die Hintergründe: Die eigene und die familiäre Welt

Im Zusammenhang mit Cannabis-Beratungen ist mir im Laufe der Jahre immer wieder aufgefallen, dass die Problemlagen fast ausschliesslich aus der «eigenen Welt» des Jugendlichen stammen und wenig mit familiären Problemen zu tun haben. «Reine» Problem- Kiffer/innen sind somit in der Regel jene, die in den Bereichen von Schulkarriere, Ausbildung und Gleichaltrigen-Beziehungen schlecht zu Rande kommen und sich uneingestandenerweise überfordert fühlen. Sie tragen deswegen unverarbeitete, das heisst unverstandene und belastende Erfahrungen mit der ausserfamiliären Welt in sich. Gleichzeitig scheint es der Familie nicht zu gelingen, mit diesen Erfahrungen des Jugendlichen ausreichend im Gespräch zu bleiben. Die notwendigen Ablösungsprozesse eines Menschen, der erwachsen und zunehmend selbstständig werden muss, spielen hier eine ungünstige, aber wohl unvermeidliche Rolle. Eine andere Faustregel besagt, dass die Probleme der Problemkiffer/innen dann familiäre Ursachen haben, wenn mit der Zeit zusätzlich zum intensiven Cannabiskonsum «härtere» oder «ergänzende » Suchtmittel (zum Beispiel Alkohol) eingenommen werden. Das familiäre Beziehungsgefüge von «reinen Problem-Kiffer/innen» erweist sich dagegen bei gemeinsamer Überprüfung oft als funktionstüchtiger als es von Eltern und Jugendlichen wahrgenommen wird. Gerade Eltern kann diese Einsicht von eigenen Schuldgefühlen entlasten und im Falle eines erziehungsberaterischen Ansatzes handlungsfähiger werden lassen.

 

 


carl rogers1902 1987Carl Rogers (1902 1987)Einleitung

Die Personzentrierte Psychotherapie eignet sich für die Behandlung eines sehr breiten Spektrums von Problemen und Störungen. Sie ist auch für verschiedene Settings geeignet: Einzeltherapie, Gruppentherapie, Spieltherapie für Kinder, Familien- und Paartherapie.

Geschichtliches

Der Personzentrierte Ansatz wurde in den frühen 40er Jahren vom Psychologen Carl R. Rogers (1902 -1987) begründet und von Beginn weg bis heute an den Universitäten empirisch-wissenschaftlich auf seine Wirksamkeit geprüft, gelehrt und entsprechend weiterentwickelt. Er gehört zu den best erforschten wissen- schaftlichen Psychotherapieansätzen mit hoher Wirksamkeit und breitem Behandlungsspektrum. Im deutschen Sprachraum ist aus historischen Gründen die Bezeichnung „Gesprächspsychotherapie“ (nach C. Rogers) üblicher als die international korrekte Bezeichnung von „Person­zentrierter Psychotherapie“ oder auch „klientenzentrierter Psychotherapie“. Personzentriert zu arbeiten erfordert eine mehrjährige postgraduierte Weiterbildung sowie theoretische und praktische Fachkenntnisse aus dem Bereich der wissenschaftlichen Psychologie (Hauptfachstudium).

Die personzentrierten Grundhaltungen fördern die in jeder Person angelegte Fähigkeit zur Selbstentwicklung und Selbstheilung

Das historische Verdienst: Betonung der Beziehung als Agens der Therapie

Diese Therapieform stellt die Beziehung Klient-Therapeut ins Zentrum, welche von drei personzentrierten Grundhaltungen geprägt ist. Allem, was der Klient oder die Klientin in die thera­peutische Beziehung hineinbringt, wird grundsätzlich mit bedingungsloser Wertschätzung, personzentrierter Empathie und Echtheit seitens des Therapeuten begegnet. Die Anwendung der Grundhaltungen bringt eine grosse Fülle an psychologisch hilfreichen Interaktionen hervor, die ganz auf die hilfe- suchende Person, auf ihre Besonderheiten sowie auf ihr Umfeld abgestimmt sind.

Das Fachwissen des Psychologen sowie seine menschliche Präsenz als Gegenüber können innerhalb dieser hilfreichen Beziehung ihre Wirkung zugunsten der Weiterentwicklung des Klienten entfalten. Sie fördern die in jeder Person angelegte Fähigkeit zur Selbstentwicklung und Selbstheilung. Die drei Grund-haltungen sind:

  1. Bedingungslose Wertschätzung: Der Klient wird so angenommen, wie er sich dem Therapeuten zu erkennen geben möchte.
  2. Empathie: Die Welt der Klientin wird mit ihren Augen gesehen. Dieses Nachvollziehen wird durch den Therapeuten auf hilfreiche Weise kommuniziert. Dadurch entsteht das therapeutische Begleiten, welches das Gewahrwerden von verzerrt oder gar nicht wahrgenommenen Erlebnisinhalten erleichtert oder erst ermöglicht.
  3. Echtheit des Therapeuten bedeutet die Möglichkeit von konstruktiven Auseinandersetzungen. Als Fachperson wie auch als Mensch ist die kommunizierte Echtheit, die sich in den Dienst des Rat- und Hilfesuchenden stellt, ein Mittel zum therapeutischen  Fortschritt.
  4. Rogers stellte daneben noch drei weitere Bedingungen für eine erfolgreiche Klienten-Therapeutenbeziehung auf, welche zu diesen Grundhaltungen hinzukommen und die „sechs notwendigen und hinreichenden Bedingungen für psychotherapeutische Veränderung“ darstellen:

  5. Der Klient ist in einem Zustand der Inkongruenz (kein oder nur ein teilweises Übereinstimmen zwischen Erfahrung und Selbstkonzept)
  6. Es braucht einen psychologischen Kontakt zwischen dem Klienten und dem Therapeuten.
  7. Das therapeutische Angebot der drei Grundhaltungen muss für den Klienten zumindest ansatzweise wahrnehmbar sein.

Nur wenn therapeutische Beziehungen diese Bedingungen möglichst gleichzeitig erfüllen, so sind psychotherapeutisch relevante Modifikationen auch möglich. Über die zum Teil äusserst weit reichenden Implikationen jeder dieser Punkte kann ich hier nur andeutungsweise sagen, dass ganze Theorien zur Psychotherapie entwickelt werden konnten, indem bestimmte Bedingungen genauer beschrieben und erforscht wurden. Als Beispiel sei der Autor und Wissenschafter Garry Prouty genannt, der die Bedingung „psychologischer Kontakt“ genauer beschrieb und erforschte. Daraus entstand die sogenannte Pre-Therapie für Schizophrenie- Erkrankte und geistig Behinderte.

Rogers Beitrag, sechs notwendige und hinreichende Bedingungen für psychotherapeutische Veränderungen zu formulieren, kann als schulenübergreifend gelesen werden und wurde von der wissenschaftlichen Community auch so rezipiert. Unzählige Forschungsarbeiten über die ver­gangenen Jahrzehnte (weltweit) validierten dieses Modell, so dass es spätestens seit den 70-er Jahren zum State of the Art der psychotherapeutischen Psychologie gehört.

Entscheidend sind aber die ersten drei Grundhaltungen. Sie definieren die Behandlung der Problem­lagen und des Leidens. Sie fokussieren auf die relevanten Emotionen und bieten durch die Grundhaltungen Bearbeitungsangebote des eigenen Erlebens und Denkens an (experienzielle Psychotherapie). Meist entstehen diese emotionalen Bearbeitungsangebote durch die personzentrierte Beziehungsgestaltung von alleine (non-direktive Haltung). Es kann auch sein, dass der Therapeut gezielt emotionale Bearbeitungs- angebote macht, um das leidende, blockierte (strukturgebundene) Erleben und Denken des Klienten zu verändern. Ob nun gezielt angeboten oder darauf vertrauend, dass die therapeutischen Haltungen neues Erleben und Denken, aber auch neue Handlungs- weisen entwickeln helfen: Immer fördern sie das persönliche Wachstum, erleichtern, schwierigste Erfahr­ungen des Lebens in sein Selbst zu integrieren und geben Mut und Gelassenheit für die gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen.

Ein personzentriert arbeitender Psychologe und Psychotherapeut verfügt über viel Fach- und Expertenwissen. Er muss aber auch in der Lage sein, als menschliches Gegenüber echt aufzutreten. Diese Echtheit muss im Dienste der psychologischen Entwicklung des Klienten, der Klientin stehen. Dies erfordert viel Aus- und Weiterbildung, Übung, Erfahrung und kontinuierliche Lernbegegnungen mit den Seinen (und den Andern…).

Philosophischer und geschichtlicher Hintergrund des Personzentrierten Ansatzes

Das Betonen der komplexen Schlüsselvariable „Beziehung“ ist das historische Verdienst der person­zentrierten (Gesprächs-) Psychotherapie. Ihr Begründer, Carl R. Rogers, konnte so ab den frühen 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts eine eigenständige (humanistische) Psychologie und Psycho­therapie zusammen mit andern entwickeln. Dadurch gelang eine notwendige Abgrenzung von der sehr unnahbaren, wenig „menschlich“ wirkenden Psychoanalyse, die kaum Vertrauen in die konstruktiven Seiten der Seele aufzubringen fähig ist. Andererseits wurde es ebenso möglich, die in den USA bereits domi­nanten Verhaltenstheorien von Watson und Skinner kräftig durchzurütteln und zu Veränderungen zu zwingen, die zu einer menschlicheren Lehre der Psychologie an den Universitäten der USA führte.

Die Person ist im personzentrierten Ansatz ein philosophisch-umfassender Begriff: Sie wird in ihrem Spannungsverhältnis zwischen Autonomie einerseits und Beziehungsangewiesenheit andererseits verstanden (Kierkegard, Buber, Levinas). Die Person hat somit grundsätzlich eine substanziale Seite. Diese Seite der Person bezieht sich also auf sich selber (auf die eigene Substanz), ist rückbezüglich, kann zum Teil nur aus sich selber heraus verstanden werden. Die andere Seite nennt man relational. Es ist die Seite, welche sich auf die andern bezieht, auf die Mitwelt und die Gesellschaft, in der man lebt und welche man einatmet. Beide Seiten sind gleich wichtig und stehen, wie gesagt, in einem gewissen Spannungsverhältnis. Dieses Spannungsverhältnis ist nicht grundsätzlich auflösbar, sondern begleitet eine jede Person durch das Leben. Eine Person entscheidet sich zum Beispiel für eine Beziehung und muss gleichzeitig auf eine autonome, persönliche Weiterenwicklung verzichten (Karriere machen). Ich erwähne hier nur ein klassisches Beispiel zur Illustration. Gerade so gut hätte ich schreiben können, dass eine Person auf die Weiterführung ihrer Beziehung möglicherweise verzichtet, weil sie sich in den letzten Jahren persönlich verändert hat. Eine solche persönliche Entwicklung erscheint dann dieser Person fast nicht mehr vereinbar mit der Partner-Beziehung.

Eines der grundlegenden Ziele der personzentrierten Arbeit ist es, der Person in diesem Spannungsfeld zu ihrem jeweiligen Gleich­gewicht zu verhelfen und ihr volles psychologisches und soziales Entfalten zu erleichtern.

Das Wort „Person“ hat seine etymologischen Wurzeln im Griechischen Theater der Alten Zeit. Eine Person stellte eigentlich eine Maske dar, die dem Publikum vorgeführt wurde. Diese Maske sollte aber nichts verbergen, sondern im Gegenteil dem Publikum zeigen, wie die Person in ihrem Innenleben aussieht: Die Maske als Spiegel nach aussen, als Erkennungsmittel für die Mitmenschen. Die Theaterentwicklung der vergangenen Jahrhunderte hat die Maske dann aber eher als verbergendes Mittel, denn als ein aufdeckendes geprägt – wenn auch nicht durchgehend. Nichtsdestotrotz kann ein philosophischer Exkurs zum Wort „Person“ nicht darum umhin, auf diese alte Bedeutung der Maske als Mittel der Darstellung des Inneren, das ansonsten verborgen bliebe, hinzuweisen. Wer mehr über die personzentrierte Anthropologie erfahren möchte, der lese mit Gewinn den österreichischen Autor, Psychologen und Psychotherapeuten Peter F. Schmid, einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren innerhalb der person- zentrierten Wissenschaftsgemeinde.

Methodenintegration

Der Personzentrierte Ansatz ist aufgrund seiner grossen Offenheit sehr geeignet, verschiedene Therapiemethoden in sich zu integrieren – dies ist auch eine gewisse Gefahr! Bei einem mehr methoden­­integrativen Ansatz der personzentrierten Gesprächs-psychotherapie sind die oben dar­gestellten Grundhaltungen eine Basis und zugleich Lackmustest für die Integration von fremden Therapietechniken. Es kann während des therapeutischen Geschehens gut überprüft werden, ob das Einführen von Techniken mit den Grundhaltungen kompatibel gemacht werden kann. Kompatibel ist eine Technik innerhalb des personzentrierten Ansatzes dann, wenn der Klient oder die Patientin sich grundsätzlich auf die Technik einlässt und ihr gegenüber eine Compliance an den Tag legt. Damit ist das zusätzliche Angebot ein Angebot, das dem Bezugsrahmen des Klienten entspricht.

Alle emotionszentrierten oder emotionsfokussierten sowie alle beziehungsorientierten Psychotherapieangebote gehören zum Selbstverständnis der personzentrierten Psychotherapie oder Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers. Wichtige Partnerschulen zum Personzentrierten Ansatz sind alle experienziellen Psychotherapieschulen, angefangen von der Focusing-orientierten Psychotherapie (Gendlin, Wiltschko) bis hin zu den experienziellen Psychotherapie-Methoden (L. Greenberg, Rice, Elliot). Auch hypnotherapeutische und Trance-Methoden (z.B. EMDR-Traumatherapie) sind gut kombinierbar mit der Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers.

Eine weitere Methodenintegration ist mit der kognitiven Verhaltenstherapie möglich. So kann es sinnvoll sein, bestimmte Aufgaben bis zu einer nächsten Therapie­­-Stunde gestellt zu bekommen und als Klient zu versuchen, sie zu bewältigen. Ähnlich verhält es sich mit der Induktion von neuen Erfahrungen, welche aktiv ausserhalb der Therapiestunden zu sammeln sind (alles Techniken aus der Verhaltenstherapie). In meiner beruflichen Praxis habe ich auch schon bestimmte Techniken während der Stunde aus der Verhaltenstherapie eingesetzt wie die systematische Desensibilisierung.

Zusätzlich zu technischen Einsprängseln können auch Theoriehypothesen aus andern Psycho­therapiemodellen Eingang in die personzentrierte Arbeit finden. Eine sogenannt systemische Per­spektive kann bei der Behandlung beispielsweise gewinnbringend sein und den Blick auf sich und sein Umfeld entscheidend verändern. Der aktive Einbezug des Umfelds, sei es bei Jugendlichen und ihren (elterlichen) Bezugspersonen, sei es der Partner im Fall einer Paarbeziehung, ist häufig auch eine Handlungskonsequenz der Integration eines systemischen Ansatzes in die personzentrierte Psycho­therapie. Vom Modell der personzentrierten Theorie her ergäbe sich im Übrigen das Gleiche aufgrund der philosophischen Grundannahmen zum Begriff „Person“. Dieser ist schon immer über die reine Individuums-Perspektive hinausweisend. Der Begriff „Person“ kann immer nur relational verstanden werden – eine Person ohne Bezugspersonen und Mitwelt ist inexistent.

 

 


somatisierungarztbesuch

Einleitung

Wer sich mit Stress oder mit Belastungssituationen auseinander setzt, der fragt sich immer auch persönlich, wie man selber mit belastenden Situationen umgeht. Unter Umständen seufzen Sie sogar laut bei diesem Thema angesichts der realen Belastungen, in denen Sie gerade stecken oder Sie erinnern sich an die eine oder andere Situation. Dieser Artikel möchte einen kleinen Überblick über das Thema mit einem besonderen Seitenblick zu jenen Belastungen bieten, die dauerhaft und nur schwer veränderbar sind.

Die Stressforschung, welche auch in der Schweiz seit Jahren intensiv betrieben wird, hat eine Vielzahl  von verschiedenen Hypothesen und Erklärungsmuster zum Phänomen hervorgebracht. Ursprünglich unterschied man beispielsweise den guten Stress (Eustress genannt) vom schlechten Stress (Distress genannt). So richtig eingebürgert aber hat sich einfach das Wort Stress. Dieser englische Begriff wurde vor mehr als 100 Jahren zum ersten Mal in Zusammenhang mit Tektonik verwendet. Also aus einem Wissensbereich, der sich mit den Erdplattenverschiebungen unserer Kontinente befasst. Stress bezeichnet hier nichts anderes als die verschiedenen Druck- und Ziehbewegungen, denen unsere Böden ausgesetzt sind. Sinnbildlich sind der Druck und die verschiedenen Wirkkräfte, mit denen wir uns im Leben konfrontiert sehen, von diesem naturwissenschaftlichen Gebiet auf das Gebiet der Wissenschaften, die sich mit dem Menschen befassen, übernommen worden.

Besonders „in“ sind gegenwärtig Aussagen zum Thema, die aus der Biologie kommen. Sie versuchen zu erklären, weshalb gewisse Menschen einfacher mit Stress fertig werden und andere sich besonders schwer damit tun. Diese unterschiedlichen Verträglichkeiten haben mit dem Aufbau respektive Abbau verschiedener Botenstoffe und Hormone im Körper zu tun. Jede psychologische Belastung hat auch immer eine biologische Entsprechung im Körper. Bei Belastungen entsteht zum Beispiel ein Überschuss des Hormons Cortisol. Wird dieses vom Körper nicht schnell genug abgebaut, so bleibt ein Belastungsgefühl zurück, obwohl der Stress gar nicht mehr vorhanden ist. Der Abbau eines solchen Hormons hat eine autonome körpereigene Geschwindigkeit.

Nun ist es natürlich für Personen, die unter Umständen langsame biologische Uhren haben sollten, erst recht wichtig, dass sie sich den Stress so gut wie möglich vom Leibe halten. Und Menschen, die gute biologische Voraussetzungen haben, wollen trotzdem nicht blindlings in Stresssituationen hineinrennen und darin verharren, einfach aus purer Begeisterung über ihre biologisch günstige Verträglichkeit…

Stress-Frage nach Lazarus

So gesehen ist es für die einen wie für die andern wichtig, mit Belastungen so umzugehen, dass sie verträglich fürs Gemüt bleiben oder wieder verschwinden. Anhand des psychologischen Stressmodels von Lazarus, eines Psychologen, der 1974 zum ersten Mal dieses berühmteste aller Stress-Modelle präsentierte, lässt sich Stress aus psychologischer Sicht leicht, aber auch sehr umfassend definieren. Für Lazarus ist Stress das Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen den Anforderungen einer Situation und der handelnden Person. Die Stress-Frage nach Lazarus lautet deshalb so: Glaubt das Individuum, die Situation kontrollieren zu können? Oder schätzt es die Gefahr der Situation höher ein als die eigenen Kräfte und Handlungsmöglichkeiten? Es geht also immer um eine individuelle Bewertung der Belastungssituation. Die Bedrohlichkeit kann bereits real sein, manchmal reicht aber einfach, dass man vorneweg spürt, es könnte „mühsam“ werden (Antizipation). Je nachdem, wie wir die Situation einschätzen, entwickeln wir spontan einen Umgang damit. Das kann von der simplen Flucht, oder dem Versuch, sofort etwas zu ändern, bis zur Verleugnung des Problems gehen. Dieser spontane Umgang mit der wahrgenommenen Belastung wird Bewältigungsart, oder auf Englisch coping, genannt. Je erfolgreicher die spontane Bewältigung war, desto eher werden wir uns als Personen erleben, die mit dieser Art von Belastung gut umgehen können. Bei Misserfolg werden wir uns unter Umständen hinterfragen müssen. In diesem Konzept ist Stress eigentlich schon fast ein sinnverwandtes Wort für „psychologisches Problem“ ganz allgemein.

Vieles kann so als Stress empfunden werden. Die mangelnde Beleuchtung im Arbeitsraum, Strassenverkehr, Konflikte zwischen Chefin und Mitarbeiterin, eine ungelöste private Situation, welche man an den Arbeitsplatz „mitschleppt“, zu niedriges Einkommen oder Angst um den Arbeitsplatz, zu lange Arbeitszeiten, als schwierig empfundene Kundinnen, mehr oder weniger versteckte Konkurrenz unter Arbeitskollegen, aber auch mangelnde Geduld beim Angehen an die eigene Arbeit sind einige von zahllosen Beispielen aus der Arbeitswelt.

Zwei Arten von Stress

Es ist sinnvoll, zwischen zwei Arten von Stress-Situationen zu unterscheiden. Wie man anhand der paar Beispiele erkennen kann, macht es einen Unterschied, ob es sich um eine Belastung handelt, welche als dauerhaft, somit erdrückend und nur schwer veränderbar empfunden wird, oder ob es sich um einen Stress handelt, von dem man denkt, dass man ihn mit absehbarem Aufwand beikommen kann. Für die eigene Gesundheit sind dauerhafte Belastungen Gift. Dauerhaft sind sie deswegen, weil sie trotz eines Veränderungswunsches nur schwer veränderbar erscheinen. Dauerhaft kann eine Belastung bereits werden, wenn sie sich über mehr als zwei Wochen erstreckt oder zu erstrecken droht. Grundsätzlich ist es aus psychologischer Sicht egal, welche Art von Belastungen ein Mensch als dauerhaft und nur schwer veränderbar erlebt. Entscheidend ist alleine, dass jemand seinen Alltag durch diese Art von Erleben beeinträchtigt fühlt.

Für die eigene psychische Gesundheit gibt es im Umgang mit dauerhaften Belastungen immer nur zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist die Veränderung der Realität. Bei zwischenmenschlichen Konflikten beispielsweise sind das meistens Versuche der Beziehungsklärung. Hier geht es oft darum, die persönlichen Grenzen oder auch legitimen Bedürfnisse so aufzuzeigen, dass sie das Gegenüber ernst nimmt. Bei dauerhaften Belastungen ist die Bereitschaft, sich für eine Verbesserung einzusetzen, auch eine Frage der kleinen Schritte und der Geduld. Die massivste Veränderung einer dauerhaft belastenden Situation besteht darin, dass man ihr ein Ende bereitet. Dies erweist sich in der Praxis manchmal als sinnvoller, als dass sich jemand über alle Massen etwas zumutet.

Die andere Möglichkeit liegt nicht im Handeln, sondern in einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Problem. Es kann durchaus sein, dass eine Belastung als schwerwiegend und dauerhaft empfunden wird, in diesem Empfinden aber auch eine Verengung der persönlichen Sichtweise steckt. Dieser Weg beschäftigt sich mit der Wahrnehmung und Bewertung der Situation, also mit der eigenen Person. Wer sich permanent über Staukolonnen aufregt, obwohl für ihn der ÖV aufgrund seines Wohnorts keine Alternative darstellt, der sollte sich dringend mit der Tatsache der Unveränderlichkeit auseinandersetzen. Das ist natürlich ein harmloses Beispiel für mehr Gelassenheit. Unter Umständen gilt ein solcher, durchaus beschwerlicher Weg auch für bedeutsamere Situationen im Leben. Wer eine belastende Einkommenssituation nicht einfach so verändern kann, der wird zumindest versuchen, sich das Leben deswegen nicht völlig verderben zu lassen. Er wird unter Umständen trotz grossen Schwierigkeiten versuchen, die Situation besser anzunehmen.

Hilfreich dabei ist stets das Reden darüber mit einem besonders guten Zuhörer. Als hilfreich haben sich auch bestimmte Übungen wie Entspannung oder andere Techniken erwiesen, wenn eine permanente körperliche Anspannung mit der Belastung einher geht. Beides kann eine neue Herangehensweise an die Situation erleichtern, um sie letztlich trotz Widrigkeiten fürs Erste besser zu akzeptieren. Das hat eine Belastungsreduktion zur Folge. Wer auf diesem Weg eine neue Haltung zum Problem gewinnt, der wird manchmal zur eigenen Überraschung wieder handlungsfähiger. Im einen wie im andern Fall braucht Stressbekämpfung immer auch Entschlossenheit und manchmal sogar eine Portion Mut.

Tipps und Tricks gegen Stress

Wer sich über seine Belastungssituation am Arbeitsplatz ein Bild machen will, ob als Angestellter oder Vorgesetzter, dem kann die Website www.stressnostress.ch  wärmstens empfohlen werden. Es ist ein spannendes interaktives Internetprogramm zu Stressabbau und Stressprävention am Arbeitsplatz, mit vielen interessanten Tipps und Vorschlägen. Es entstand aus einer gross angelegten Zusammenarbeit der ETH, dem Bundesamt seco, der Universitäten Bern und Zürich, der Gesellschaft für Arbeitsmedizin, der suva und der Föderation Schweizer Psychologen (FSP).

 

 


unterschiedegemeinsamkeitenpsychotherapieberatungcoaching

Die Literatur zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von (psychologischer) Beratung und Psychotherapie ist schon recht angeschwollen. Das Wichtigste, was es darüber zu wissen gibt: Wer hofft, die beiden Formen der psychologischen Arbeit sauber unterscheiden zu können, sieht grossen Schwierigkeiten entgegen. Es gibt sowohl Gemeinsamkeiten wie Unterschiede. Klienten, die also wissen möchten, was sie eher brauchen, müssen sich nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen.

Beim Lesen auch qualitativ hochstehender Texte, die sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten befassen,  entsteht dennoch eher wenig Klarheit.* Der Grund, dass eine psychologische Beratung und eine Psychotherapie manchmal recht nahe beisammen sind, liegt in der Rolle der psychologischen Begleitung. Die psychologische Begleitung ist sowohl bei der Beratung wie auch bei der Psychotherapie wichtig und bildet somit die gemeinsame Schnittmenge. Der zweite Grund für die Konfusion liegt darin, dass stets aus der Sicht des Psychologen versucht wird zu unterscheiden. Dabei gibt es auch eine Sicht des Klienten. Für bestimmte Klienten ist etwas eher eine Beratung, was für andere eine Psychotherapie wäre. Auf die mögliche Sicht der Klientenkriterien möchte ich ebenso noch eingehen.

Beratung

Es gibt mehrere Kriterien, die meines Erachtens die psychologische Beratung am ehesten definieren.

  • Die Bedeutung von Informationsvermittlung (Wissen, Kenntnisse) durch die Fachperson (z.B. Psychologen) ist für den Klienten gross.
  • Es handelt sich oft um eine Hilfe zur Anleitung oder um eine Hilfe, bereits vorhandene Möglichkeiten neu oder besser zu nutzen.**
  • Die Anzahl Sitzungen ist eher gering, das heisst deutlich im einstelligen Bereich.
  • Es liegt keine klar definierbare psychische Störung gemäss den anerkannten Diagnose-Kriterien der klinischen Psychologie vor (ICD-10-Kriterien).

Die Aufgaben einer psychologischen Begleitung

Eine psychologische Beratung kann aber zu einer psychologischen Begleitung werden und damit die Anzahl Sitzungen erhöhen sowie auch die Zeitdauer, während welcher Sitzungen stattfinden. Ebenso verkleinert sich dann die Bedeutung der Informationsvermittlung zuseh-ends zugunsten einer hilfreichen, möglichst professionell geführten Beziehung. Dies passiert immer dann, wenn sich dank der Beratung herausstellt, dass (1) das Mitteilen respektive Erzählen für den Klienten nur dann Sinn macht, wenn er es über längere Zeit regelmässig machen kann, und (2) das Umsetzen von Fachwissen (Informationen) mehr Zeit erfordert (z.B. Erziehungsberatung bei stark verhaltensauffälligen
Kindern)

Psychologische Begleitung ist eine gemeinsame Schnittmenge

Bei der (psychologischen) Beratung spielt die Begleitung also oft eine Rolle. Ander-
erseits ist jede Psychotherapie auch eine psychologische Begleitung. Somit ist die „psychologische Begleitung“ die gemeinsame Schnittmenge von Psychotherapie und Beratung. Diese gemeinsame Schnittmenge ist es, welche es schwierig macht, die beiden Begriffe sauber voneinander abzugrenzen.

Psychotherapie

Gemäss der Definition von H. Strotzka*** ist Psychotherapie folgendes: Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen. Diese Störungen und Zustände werden in einem Konsens zwischen Patient, Therapeut und Bezugsgruppe für behandlungsbedürftig gehalten. Sie werden mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal, aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel behandelt. Das Ziel ist Symptomminimalisierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit. Die Behandlung fusst auf lehrbaren Techniken. Das psychotherapeutische Vorgehen wiederum basiert auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. Wenn man jetzt das Wort „Beratung“ statt „Psychotherapie“ in die obige Definition einsetzt, dann erkennt man, dass die Definition deswegen nicht einfach grundfalsch würde. Knackpunkte sind vor allem die Begriffe „Verhaltensstörung“, „Leidenszustände“, „behandlungswürdig“, „Symptomminimalisierung“ und „Strukturänderung der Persönlichkeit“. Dies führt mich zur Sichtweise der Klienten. Wann reden die Klienten eher von Beratung, wann eher von Psychotherapie?

Beratung oder Psychotherapie aus Sicht des Klienten

Aus der Sicht des Klienten ist es oft so, dass der Schweregrad der Störung sowie die Schwere der Lebensbeeinträchtigung entscheidend sind dafür, ob er (sie) die Behandlung eher als Beratung sieht oder eher als Psychotherapie. Je schwerer die persönliche psychosoziale Beeinträchtigung, desto eher empfindet der Klient dies als Psychotherapie. Klienten beurteilen oft im Rückblick, ob es für sie eher eine Beratung oder eine Psychotherapie war. Je bedeutsamere und umfassendere Lebensver-änderungen aus dem „interaktionellen Prozess“ hervorgegangen sind, desto eher Psychotherapie. Auch die Dauer wird oft als subjektives Kriterium miteinbezogen. Je länger, desto eher Psychotherapie. Eine gewisse Rolle spielt auch der Umstand, ob jemand bei einem anerkannten Psychotherapeuten gewesen ist. Je nachdem wird der Klient auch eher dazu neigen, einen solchen „interaktionellen Prozess“ als Psychotherapie anzuschauen. Zu guter Letzt kann auch der behandelnde Psychotherapeut einen beträchtlichen Einfluss darauf nehmen, wie die Behandlung vom Klienten empfunden wird. Je mehr der behandelnde psychologische Psychotherapeut Psycho-Diagnostik für die Entwicklung seiner Behandlung benötigt, desto eher dürfte der Klient seine Behandlung als Psychotherapie auffassen. Psychotherapie-Methoden, die bewusst „adiagnostisch“ arbeiten, halten sich zugunsten der Entwicklung der heilend-helfenden therapeutischen Beziehung diesbezüglich zurück (z.B. die personzentrierte Gesprächspsychotherapie) .

Coaching

Ein Letztes noch zum Wort Coaching. Während das Wort „Supervision“ ausschliesslich für Berufe aus dem psychosozialen Bereich verwendet wird, so wird Coaching für alle anderen Berufe verwendet (vom Verkäufer-Lehrling bis zum CEO-Manager). Bei der Supervision wie beim Coaching geht’s aber ums Gleiche: Um den Beruf oder die berufliche Beschäftigung und entsprechende Probleme damit. Das Coaching hat einen ausgeprägten Zielcharakter. Im Unterschied zu einer Psychotherapie, deren Ziele flexibler und während des Verlaufs veränderbar sind , manchmal erst im Verlauf gefunden werden, herrscht beim Coaching im Vergleich dazu Zielklarheit. Da es im Beruf auch Leidenszustände und Störungen geben kann, sind auch hier Schnittmengen vorhanden (z.B. das berühmte Burn-Out, letztlich nichts anderes ist als eine Erschöpfungs-Depression). Man darf davon ausgehen, dass der Beruf oder die berufliche Tätigkeit nebst dem Privatleben der wichtigste Teil eines jeden Menschenlebens ist. Ein Coaching, das in diesem Bereich viele Veränderungen bewirkt, kann deshalb auch ganz logisch grosse persönliche Bedeutung fürs Leben erhalten. Dadurch ist eine Ausdehnung des Begriffs Coaching entstanden auf eine Art „Beratung mit Begleitung“. In dieser umfassenderen Spielart von Coaching, welche auch thematisch nicht mehr ans Berufliche gebunden ist, kommt in der Regel eine sich durchaus „gesund“ fühlende Person vor, die sich aber aus Effizienzgründen lieber helfen lassen will, wenn sie neue Wege zu erkunden hat.

* Z.B. Text von R. Reichel, Unterlage zum Universitätslehrgang „Psychosoziale Beratung“. Online zu finden auf www.donau-uni.ac.at/imperia/md/content/studium/umwelt_medizin/psymed/artikel/berpsych.pdf
** Siehe dazu „Formen klinischer Hilfssysteme, von Ludewig (1992)“. In Schlippe/Schweitzer „Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung“, 9. Auflage, 2003, S. 114
*** Das genaue Zitat bei.H. Strotzka (Hrsg.): Psychotherapie, München 1978, 2. Aufl. S. 4.  Oder: http://de.wikipedia.org/wiki/Psychotherapie

 

 


psychologischeberatung

Einleitung

Aufgrund der Tatsache, dass die Tätigkeit des „psychologischen Beraters“ oft von Nicht-Psychologen ausgeübt wird, ist die Unterscheidung zwischen Psychotherapie und psychologischer Beratung auch eine Frage der beruflichen Abgrenzung zwischen Fachpsychologen und anderen Berufsgruppen. Sicher ist, dass Fachpsychologen sowohl Psychotherapie wie auch (psychologische) Beratung machen, während zum Teil selbsternannte psychologische Berater gegen gesetzliche Auflagen verstossen würden, würden sie Psychotherapie anbieten. Dies gilt teilweise auch für Ärzte, welche nicht über die psychologischen Fachkenntnisse verfügen. Allerdings haben sie durch das Gesetz die “Fachdignität” oder können sie durch wenig Aufwand erlangen (gilt für die Schweiz).

Der Grund, dass eine psychologische Beratung und eine Psychotherapie manchmal recht nahe beisammen sind, liegt in der Rolle der psychologischen Begleitung. Die psychologische Begleitung ist sowohl bei der Beratung wie auch bei der Psychotherapie wichtig. Bei der Psychotherapie gibt es immer eine psychologische Begleitung, sie ist logischer Bestandteil der Psychotherapie. Bei der (psychologischen) Beratung kann die länger andauernde Begleitung auch eine Rolle spielen. In jedem Fall gilt aber: Das psychologische Begleiten einer Person in ihrem Erleben ist die gemeinsame Schnittmenge von Psychotherapie und Beratung.

(Psychologische) Beratung und Begleitung

Es gibt drei Kriterien, die meines Erachtens die psychologische Beratung aus Sicht des Psychologen am besten definieren.

  • Die Bedeutung von Informationsvermittlung (Wissen, Kenntnisse) durch den Psychologen ist für den Klienten gross.
  • Die Anzahl Sitzungen ist eher gering, das heisst irgendwo im einstelligen Bereich.
  • Es liegt keine klar definierbare psychische Störung gemäss den anerkannten Diagnose- Kriterien der klinischen Psychologie vor  (ICD-   10-Kriterien, Psychiatrie).

Aus einer psychologischen Beratung kann eine regelmässige Begleitung werden, wenn das Mitteilen respektive Erzählen für den Klienten nur über eine längere Zeit überhaupt Sinn macht. Auch kann das Umsetzen von Fachwissen mehr Zeit und auch Geduld erfordern (z.B. Erziehungsberatung von pubertierenden Kindern).

Zustätzlich zu diesen eher fachpsychologischen Unterscheidungen gibt es auch eine Unterscheidung aus Sicht der Klienten/innen. Für bestimmte Klienten ist etwas eher eine Beratung, was für andere eine Psychotherapie wäre. Beratung oder Psychotherapie aus

Sicht des Klienten

Aus der Sicht des Klienten ist es oft so, dass der Schweregrad der Störung sowie die Schwere des Leidens entscheidend sind dafür, ob er (sie) die Behandlung eher als Beratung sieht oder eher als Psychotherapie. Je schwerer die persönliche psychosoziale Beeinträchtigung, desto eher empfindet der Klient dies als Psychotherapie. Auch die Dauer wird oft als subjektives Kriterium miteinbezogen. Je länger, desto eher Psychotherapie. Eine gewisse Rolle spielt auch der Umstand, ob jemand bei einem anerkannten Psychotherapeuten gewesen ist. Je nachdem wird der Klient auch eher dazu neigen, einen solchen „interaktionellen Prozess“ als Psychotherapie anzuschauen.

Zu guter Letzt kann auch der behandelnde Psychotherapeut einen beträchtlichen Einfluss darauf nehmen, wie die Behandlung vom Klienten empfunden wird. Je mehr der behandelnde psychologische Psychotherapeut Psycho-Diagnostik für die Entwicklung seiner Behandlung benötigt desto eher dürfte der Klient seine Behandlung als Psychotherapie auffassen. Es gibt aber zahlreiche, sehr wirksame Psychotherapie-Methoden, die bewusst „a-diagnostisch“ arbeiten. Also die Diagnostik für die wirksameBehandlung psychischen Leidens und Störungen bewusst klein halten zugunsten der Entwicklung von Therapie-Dialog, Therapie-Empathie und der heilend-helfenden therapeutischen Beziehung an und für sich (z.B. die personzentrierte Gesprächspsychotherapie).

 

 


somatisierungarztbesuch

Die Somatisierungsstörung gehört zur Gruppe der “somatoformen Störungen”, welche im ICD-10* unter F45 kodiert werden.

Die Haupteigenschaft der somatoformen Störung ist das Auftauchen von körperlichen Symptomen, welcher die Person zum Anlass nimmt, Abklärungen medizinischer Art einzufordern. Hinter diesen Forderungen stehen Besorgnis und Angst. Die Forderung nach medizinischer Abklärung bleibt in der Regel auch dann bestehen, obwohl bereits negative Resultate vorliegen, welche die Symptome nicht medizinisch begründen konnten. Patienten sind wegen der Befunde oft irritiert und versuchen Ärzten weitere Untersuchungen zu erreichen. Auf dem Hintergrund ihrer grossen Ängste ist dieses zum Teil affektierte Drängen nachvollziehbar.

Die Somatisierungsstörung ist eine Ausprägung der Klasse von somatoformen Störungen und wird mit F45.0 kodiert. Typisch sind verschiedenartige, meist wiederholt auftretende und auch häufig wechselnde körperliche Symptome, die über die Dauer von mindestens zwei Jahre bestehen bleiben. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die meisten Betroffenen respektive Kranken auch schon Operationen hinter sich haben.

Diagnostische Kriterien

Besonders in der Forschung zu Störungsbildern wird sowohl mit “breiten” wie auch spezifischen Kriterien gearbeitet, welche das Störungsbild umreissen helfen. Im Falle von Somatisierungsstörungen werden unter anderen folgende Kriterien aufgeführt:

A. Es gibt keinen medizinischen Befund, aber der Patient klagt über mindestens zweier Jahre über verschiedenartige, wechselnde körperliche Symptome, die in ihrer Schwere nicht erklärbar sind, auch nicht mit einer allenfalls vorhandenen Krankheit. Vegetative Symptome bilden nicht das Hauptmerkmal der geklagten Störung.

B. Eine ständige Beschäftigung damit ist typisch. Diese Beschäftigung führt zu fortdauerndem Leiden. Bei Fehlen von medizinischen Einrichtungen, die mehrfach aufgesucht werden, herrscht intensive Selbstmedikation vor oder das Aufsuchen von Laienheilern.

C. Die Patienten streiten die Echtheit der negativen Diagnosen ab und akzeptieren nur unzulänglich, dass die Untersuchungen befundlos verlaufen. Es muss eine körperliche Ursache für ihre Beschwerden vorliegen, so zumindest die in ihnen innewohnende, hartnäckige Überzeugung. Ein vorübergehendes Akzeptieren der ärztlichen Erklärungen liegt durchaus drin, entscheidend ist, dass im Anschluss die “alte” somatogene Überzeugung wieder überhand nimmt.

D. Mindestens sechs der unten 14 aufgeführten Symptome sind vorhanden respektive werden von den Patienten berichtet:

1. Bauchschmerzen; 2. Übelkeit; 3. Überblähung (Gefühl von…); 4. extrem belegte Zunge resp. schlechter Geschmack; 5. Klagen über Erbrechen respektive wiederholtes Runterschluckenmüssen von Nahrungsmittel nach spontanem Aufstoss derselben; 6. Klagen über häufigen Durchfall oder Austreten von Flüssigkeit aus dem After; 7. Atemlosigkeit; 8. Brustschmerzen; 9. Miktionshäufigkeit; 10. unangenehme Empfindungen im/um den Genitalbereich; 11. Klagen über ungewöhnlichen vaginalen Ausfluss; 12. Klagen über Veränderungen an der Hautoberfläche; 13. Gliederschmerzen/-Gelenkschmerzen; 14. Taubheit der Glieder oder Kribbeln.

Therapie

Je nach Psychotherapie-Ansatz dürfte mit dem vorgegebenen Störungsbild unterschiedlich gearbeitet werden. In der Personzentrierten Psychotherapie wird das Störungsbild absichtlich nicht medizinisch-diagnostisch ins Zentrum gestellt. Das durch den Klienten erlebte Symptom-Empfinden wird ernst genommen. Durch die personzentriert geprägte Beziehung soll dem Patienten zunehmend die Wahrnehmung erleichtert werden, in welchem Zusammenhang vergangene, aktuelle oder auf die Zukunft verweisende Lebensthemen mit dem Symptomerleben stehen.

Die Hauptschwierigkeit aller psychotherapeutischen Herangehensweise dürfte darin bestehen, dass für den Patienten kein Zusammenhang besteht zwischen seiner Psyche (Erleben und Verhalten) sowie den Symptomen, sondern nur ein Zusammenhang zwischen Körper und Symptomen! Die Inkongruenz, die aus Patientensicht erlebt wird, dürfte deshalb in etwa lauten, dass “ich als Patient” viele Symptome von Krankheit vorzuweisen habe, aber “ich als Patient” muss gleichzeitig die Erfahrung machen, dass nur ich und sonst niemand dies anerkennt. Ein Aspekt des Leidens für den Patienten ist gerade, dass aus seiner Sicht die Ärzte und weiteres Umfeld keine körperlichen Ursachen finden, der Patient aber sehr davon überzeugt ist. Es ist im Falle einer Psychotherapie, falls sich der Patient darauf einlässt, unter Umständen mit einer langen Motivationsphase zu rechnen, während derer der Patient die Psychotherapie und den Sinn derselben in Frage stellen wird.

Literatur

*ICD-10: International Classification of Behavioural and Mental Disorders (Klassifikation psychischer Störungen gemäss WHO – Weltgesundheitsorganisation, Genf). Es gibt eine für Schlafstörungen umfassendere Klassifikation: International Classification fo Sleep Disorders, herausgegeben von der American Sleep Disorders Association, 1990

 

 


Une tentative de systématisation selon D. Höger und J. Finke

Résumé

acppublicationCet article est né de l’envie de présenter deux concepts clefs de deux auteurs issus des milieux  germanophones ACP qui m’ont pemis de mieux comprendre la richesse de notre approche face aux clients. Durant ma formation, je me suis en effet souvent confronté à un besoin de systématiser notre approche des trois attitudes de base que sont l’accepttion inconditionnelle, la compréhension empathique et la congruence/authenticité. Par cet article, je voudrais saisir l’occasion de présenter une telle systématisation, en me référant d’une part à M. Dieter Höger, Professeur émérite de psychologie clinique à l’Université de Bielefeld, et d’autre part au psychiatre Jobst Finke, formateur et chercheur dans le cadre de la Société des médecins allemands pour la psychothérapie centrée sur la personne (ÄGG). 

Cet article a été publié en premier en 2007/01 dans "ACP - Pratique et Recherche"

Introduction

Comme je viens de le dire, pratiquer l’approche centrée sur la personne a suscité en moi un besoin de systématiser d’une manière lucidement différenciée ce que je fais concrètement avec mes clients.
Dans une relation où tout le travail avec le client est orienté vers une concrétisation personalisée des trois attitudes de base, je me suis demandé comment nous concrétisions cette « trinité conceptuelle ». Nos tentatives, à chaque fois uniques, peuvent-elles être présentées d’une manière plus systématique, indépendamment de la relation concrète entre thérapeute et client ? En quoi consiste-elle, cette pratique relationnelle si riche ? Quelles en sont les ingrédients interactionnels ? Voilà les questions que je me suis posées et qui ont trouvé en partie réponses dans le travail de ces deux auteurs.

Âpres débats en Allemagne : sursaut de l’ACP

Avant d’en présenter les linéaments conceptuels tels que je les ai pu comprendre, je voudrais situer rapidement les deux auteurs dans leurs contexte politique et social. Alors que d’autres approches parlent de techniques diverses en fonction d’un diagnostique posé par un expert, comme c’est le cas de la thérapie comportementale, les thérapeutes centrés sur la personne se distinguent par une pratique relationnelle très riche et fondamentalement ouverte face à la présence de l’autre, pratique qui facilite le développement personnel du client.

L’Allemagne, et à moindres égards aussi l’Autriche, a connu de très âpres disputes sur la reconnaissance des différentes approches psychothérapeutiques durant la dernière décennie et demi, y compris le recours aux tribunaux, qui devaient trancher des questions d’accréditations de courants thérapeutiques. Malgré l’âpreté de ces disputes, ou peut-être même grâce à elles, sont nées de très nombreuses et fructueuses tentatives pour mieux présenter l’approche centrée sur la personne. Des professeurs et chercheurs universitaires en Allemagne se sont appliqués à systématiser pendant ces dernières 15 années le diagnostique, une approche développementale, une théorie sur les troubles, etc., et ce toujours d’un point de vue centré sur la personne. Tous ces travaux ont été jugés nécessaires afin de pouvoir rivaliser avec les approches de type comportementaliste et la psychthérapie d’orientation psychanalytique.

Le concept de D. Höger

Un des concepts clefs de ces discussions théoriques autour de l’ACP en Allemagne a été présenté en début des années 90 par Dieter Höger (2000)1. Höger a attiré l’attention sur un malentendu très répandu dans les milieux universitaires et autres à propos de l’ACP. Il consistait grosso modo à dire que l’ACP, avec le concept des trois attitudes de base, présentait une théorie un peu trop « simpliste » de la psychothérapie. Höger a pu démontrer que les trois attitudes de base ne doivent pas être comprises comme des interactions thérapeutiques à proprement parler, mais comme des principes générateurs d’interactions psychothérapeutiques avec un client donné. Il les a donc situées sur un certain niveau d’abstraction.

De là, il a développé un cadre épistémologique très fructueux. Il a proposé de « penser » l’ACP en plusieurs niveaux de différentes abstractions. Il a rendu attentif au fait que les trois attitudes de base décrivent ce que l’on peut appeler « la relation psycho-thérapeutique centrée sur la personne ». Elle vise au développement personnel du client avec son but ultime de la « fully functioning person ». Cette relation psychothérapeutique constitue le niveau I, le plus abstrait, dont découlent par la suite, au niveau d’abstraction II, les trois attitudes de base. A un niveau d’abstraction III, plus concret, Höger a situé une série d’interactions typiques de l’ACP tel le fait de « verbaliser les contenus émotionnels du cadre de référence du client ou encore de « donner un message congruent, authentique».

Le niveau IV est celui de l’interaction toute concrète, il ne décrit rien d’autre que l’interaction elle-même. Sur ce niveau sont situés les énoncés et « actions » communicatifs concrets du thérapeute à l’intention du client dont voici, pour illustration, un exemple-type : « Le fait d’avoir pris votre distance d’avec vos parents semble maintenant vous donner une certaine tristesse, pendant que vous en parlez ». Or, un tel énoncé doit pouvoir être en accord maximal, ou tout au moins aussi compatible que possible avec les exigences des niveaux d’abstraction supérieurs.

Compatibilité inductive de l’interaction thérapeutique

Pour plus de clarté, permettez-moi une démonstration extrême de ce principe de compatibilité inductive (et aussi déductive dans le sens inverse). Prenons un énoncé concret du thérapeute que voici : « Je trouve inacceptable la manière dont vous traitez votre femme ». Cet énoncé semble être peu proche de l’esprit ACP. Néanmoins, il se peut que cela soit l’expression d’un « message congruent-authentique » du thérapeute à ce moment précis entre lui et le client. Donc, il peut être considéré comme étant compatible avec le niveau d’abstraction III qui réunit les descriptions des différents type d’interactions ACP. Ce message congruent-authentique doit être l’expression la plus adaptée au moins à une des attitudes de base (niveau II). Si cette authenticité permet au mieux de vivre la relation psychothérapeutique visant au développement personnel du client, si elle est donc une expression adéquate de la relation psychothérapeutique en tant que telle, alors le niveau I est aussi respecté.

Pour finir, l’on peut donc affirmer que l’énoncé concret « je trouve inacceptable la manière dont vous traitez votre femme » est compatible à travers tous les niveaux d’abstraction ACP. Dès lors, cette remarque virulente de la part du thérapeute passe en l’occurrence parfaitement pour être une interaction compatible avec l’ACP dans cette situation concrète, à ce moment précis, entre ces deux personnes parce que cette réaction a, dans notre exemple, effectivement facilité le développement personnel du client (ce qui reste, en dernière instance, à vérifier auprès du et par le client lui-même).

Pour mieux illustrer ces réflexions, voici un tableau récapitulatif du concept de Höger :

Tableau I

Les niveaux d’abstraction de Höger

 

Niveau I: Développement personnel grâce à la relation centrée sur la personne.

 

Niveau II: Diminuer l’incongruence grâce aux 3 attitudes de base.

 

Niveau III: Favoriser l’exploration de soi grâce aux diverses interactions générées par les attitudes de base.

 

Niveau IV: « L’interaction centrée » concrète du thérapeute – communication vécue

Plutôt que de représenter le concept de Höger sous forme de niveaux d’abstraction différents, on peut aussi le représenter sous forme de cercle, avec comme point de départ le but thérapeutique du développement personnel grâce à la relation centrée sur la personne. Ce but peut être atteint au moyen de la réalisation des attitudes de base. Le thérapeute communique ces attitudes de base par le biais de différentes formes interactionnelles. Ces formes interactionnelles doivent être concrétisées par de la communication vécue réellement entre le thérapeute et le cliet. Et cette « communication vécue » doit être de telle sorte qu’elle facilite au client son développement personnel au sein de la relation thérapeutique centrée sur le client. Voici que l’on rejoint le point de départ du cercle; la boucle est bouclée. Pour simplifier encore davantage, l’on peut aussi dire que chaque « interaction centrée concrète » doit faciliter en fin de compte le développement personnel du client. La logique évidente, voire banale, de cette phrase permet de comprendre le bien-fondé du « schéma de Höger ».

Le travail de J. Finke : Les catégories d’interactions différentes engendrées par les trois attitudes de base

Dans cette épistémologie des niveaux d’abstraction, c’est le niveau III qui intéresse le plus. Plusieurs auteurs des pays germano-phones et des Pays-Bas (Sachse, Keil, Swildens) ont tenté d’expliciter l’ACP sur le plan de ces catégories d’interactions psychothé-rapeutiques. L’auteur qui nous intéresse maintenant, Jobst Finke, a publié une première oeuvre de ce type en 1999. Dans celle-ci, il partait de l’idée que l’ACP offrait en gros quatre catégories de relations distinctes, dont il tentait de spécifier l’indication selon certaines catégories diagnostiques2.

C’est sur la base de la première typologie de 1999 que Finke, dans une réédition en 2006, présente une nouvelle tentative de systématisation des formes d’interactions générées par les trois attitudes de base. Contrairement à l’approche comportementaliste, Jobst Finke n’a pas du tout essayé de « manualiser » notre approche psychothérapeutique. Il a par contre essayé d’expliciter toutes les formes d’interactions de type centré sur la personne et les a référées explicitment à une des trois attitudes de base, tout en démontrant les inévitables recoupements entre elles.

 

Tableau II
Les formes d’interactions centrées sur le client à partir des trois attitudes de base (selon J. Finke,2006)
 
Acceptation inconditionnelle Empathie Congruence / Authenticité
- Recevoir sans réserve - Compréhension répétitive - Confronter le client
- Encourager le client - Compréhension concrétisante - Clarifier le contenu relationnel
- Exprimer sa solidarité - Compréhension se référant au concept de soi du client - Partager son vécu avec le client
  - Compréhension se référant au vécu organismique du client  

Dans l’ensemble, on peut recenser sur la base de ce tableau ci-dessus 36 combinaisons différentes ou, si l’on veut, techniques différentes d’interventions centrées sur la personne (3x4x3=36). Voilà une façon de répertorier l’activité d’un thérapeute centré sur la personne qui travaille uniquement au moyen de la relaton elle-même et qui n’ajoute pas d’autres éléments ou moyens en dehors de la communication.

J’aime particulièrement les différentes formes d’empathie que Finke introduit. Il nous est à tous bien connu qu’empathie n’est pas égale à empathie, qu’il y a peut-être des douzaines de manières de l’exprimer. Les 4 formes que propose Finke me semblent avoir en plus l’avantage de formuler un cadre phénomènologique. En effet, une compréhension se référant au concept de soi du client est différente de celle qui se réfère au vécu organismique. Ces deux formes d’empathie rencontrent deux processus psychologiques différents. Le concept de soi étant l’ensemble des opinions et jugements que le client éprouve face à sa propre personne (les sentiments autoréflexifs), une interaction empathique concrète de ce type relèvera alors l’autoréflexivité émotionnelle et cognitive.

Le vécu organismique recouvre par contre l’ensemble des attitudes plus fondamentales de la personne par rapport à ses volontés et projets dans ce monde et face à l’autrui. Le propre de ces attitudes plus fondamentales est que la personne peine à les sentir pleinement et consciemment, ce qu’une empathie qui « écoute » ces aspects-là peut aider à changer.

Petite conclusion

Finke nous démontre quelles formes d’interaction centrée sur la personne découlent de quelle attitude de base. Si nous exprimons notre solidarité (forme de l’acceptation inconditionnelle) en répétant simplement ce que le client vient de nous dire (forme de la compréhension empathique), alors nous fusionnons deux formes d’interactions émanant de deux attitudes de base différentes. Il nous reste à créer, en présence de l’autre, dans l’échange mutuel, les propos verbaux et la gestuelle centrés sur la personne en face. Il est évident que ce processus de création interactionnelle se déroule dans une large mesure intuitivement, puisqu’étant dans la peau de l’autre nous ne disséquons rien et n’analysons point. Mais il est bon, à mes yeux, de conscientiser les repères d’orientation intrinsèques qui nous guident dans notre « être-avec » le client.

 Bas de pages

1) Ce concept clef des niveaux d’abstraction a été présenté pour la première fois fin 1989.

2) La relation type « alliance de travail psychothérapeutique » est la relation « basique ». Ensuite vient la relation type « alter ego », la relation pour ainsi dire classique de l’ACP. Suit la relation type « transfert » qui met au centre les réactions du client face au thérapeute et vice versa, et pour finir la relation type « dialogue » qui met l’accent sur la rencontre dialogique (voir Jobst Finke, 1999).

Références

Höger, Dieter, (2000), « Ist das noch GT, wenn ich… ? » Was ist eigentlich Gesprächspsychotherapie?, Psychotherapeuten-Forum, 7 (5), pp. 5-17.

Finke, Jobst, (1999), Beziehung und Intervention, Interaktionsmuster, Behandlungskonzepte und Gesprächstechnik in der Psychotherapie, Verlag Thieme. Stuttgart

Finke, Jobst, (2006), Gesprächspsychotherapie. Grundlagen und spezifische Anwendungen, 3. Auflage, Verlag Thieme. Stuttgart

Swildens, Hans (1991), « Prozessorientierte Gesprächspsychotherapie. Einführung in eine differenzielle Anwendung des klientenzentrierten Ansatzes bei der Behandlung psychischer Erkrankungen », GwG-Verlag, Köln

Keil, Wolfgang & Stölzl, Norbert (2001), « Beziehung, Methodik und Technik in der Klientenzentrierten Therapie », in « Klienten-/Personzentrierte Psychotherapie, Kontexte, Konzepte, Konkretisierungen », p. 226 – 268. Facultas, Wien.

Sachse, Rainer (1992), « Zielorientierte Gesprächspsychotherapie », Hogrefe, Göttingen.

 

 


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